Es gab noch ein Problem, was meinen Wohnort betraf. Lochham liegt bereits im Landkreis Fürstenfeldbruck, weshalb ich mein Auto hätte ummelden müssen. Aber ich hätte mich natürlich niemals mit FFB auf meinem Nummernschild auf die Strasse gewagt. Ich hätte mich zu Tode geschämt! Schließlich ist FFB ein Synonym für "Fahrer Fährt Blöd" oder "Fährst Furt Bauer"!
Da ich mich also vehement weigerte, die Karre umzumelden, kratzten mir eines Morgens die Bullen meine Steuerplakette vom Nummernschild. Früh morgens um ca. 6 Uhr!
Zu der Zeit war ich noch im Frondienst meines Vaters und musste um diese Zeit aufstehen.
Die Bullen waren wirklich unfair – wie hätte ich ahnen können, dass die Stempel eliminiert waren und damit mein Auto nicht mehr zugelassen?
Also stieg ich nichtsahnend in meine Karre und fuhr in die Firma. Diese linken Schweine hatten mich aber abgepasst und mich verfolgt. Als ich auf dem Betriebshof meines Vaters angekommen war, stellten sie mich und wollten mein Auto abschleppen. Aber wenigstens das konnte ich ihnen vermiesen, denn schließlich war das Privatgrund, und so mussten sie unverrichteter Dinge wieder abziehen!
Allerdings bekam ich eine Strafe, wegen – man stelle sich vor – Steuerhinterziehung!
Es war höchste Zeit für Schwabing!
Erst nach etwa einem Jahr, als ich meine Inge kennen lernte, übernachtete ich oft bei ihr. Sie hatte zwar eine Bonsai-Wohnung, 12 m2 klein, allerdings mitten in Altschwabing, im angrenzenden Haus zum "Fendilator", einem der angesagten Schwabinger "Nacht-Clubs" jener Zeit.
Für zwei Personen war die Bude wirklich viel zu klein, aber es waren eben auch bescheidenere Zeiten. Wir waren jung und verliebt – da braucht man nicht viel Platz.
Wie gesagt, da ich bei "Vätern" arbeitete, musste ich um 6 Uhr aufstehen. Das war eine harte Zeit, denn im "Fendilator" wurde Live Musik gespielt und da es zu dieser Zeit noch keine Schallschutzfenster gab, spürte ich bis 4 Uhr früh den Bass im Magen.
Das waren normale Zustände! Beschwerden wegen Lärmbelästigung gab es noch nicht! Ich wäre auch gar nicht auf die Idee gekommen, mich zu beschweren – es war ganz normal, so wie es war!
Später zogen wir zusammen, in eine "größere" Wohnung. Die war dann etwa 20m2 klein und war im "Keidlerbunker". Das Haus, in der Herzogstrasse 43 – 45, wurde so genannt, weil im Erdgeschoss das Autohaus "Fiat Keidler" beherbergt war und die meisten Mieter Nutten waren. Aber auch ein paar Schwule und Studenten. Es war ein lustiges Haus!
Die Bude war teilmöbliert, und dabei gab es zwei Betten, beide je einen Meter breit. Aber da die Wohnung eh schon so klein war, beschlossen wir, dass uns eines dieser Betten reichen würde.
Tatsächlich haben wir vier Jahre in diesem Bett geschlafen und es zum Ende unserer Beziehung hin sogar geschafft, uns nach einem Streit nicht mal zu berühren.
Die Inge war extrem stur, aber ich konnte mithalten. Nachdem wir wieder mal Streit gehabt hatten, schwiegen wir uns tagelang an. Beispielsweise spielte gerade eine Schallplatte ab, und der Tonarm blieb hängen. Wisst ihr noch, wie es nervt, wenn sich immer dieselbe Passage eines Liedes wiederholt?
Ich stand gerade auf dem Balkon und tat so, als ob ich es nicht hören würde. Inge saß neben dem Plattenspieler, aber sie war tatsächlich so stur, dass sie den Tonarm nicht weiter schubste. Der Plattenspieler konnte ja nun wirklich nichts für unseren Streit.
Ich wollte sehen, wie lange sie das aushalten würde, aber ich hielt nicht durch. Immerhin dauerte es etwa eine endlose viertel Stunde, bis ich aufgab und dann doch die Platte von ihrem Leiden erlöste.
Es wurde Zeit für die Trennung!
Bevor wir uns trennten, musste sie aber noch eine meiner Suff-Eskapaden ertragen.
Ich war bei einem Klassentreffen gewesen. Dieses fand statt im "Hahnhof" am Waldfriedhof, also in meiner alten Gegend.
Die meisten meiner ehemaligen Mitschüler waren damals schon verspießert, es war 1968, aber mit ein paar wenigen ergab sich eine gemeinsame Wellenlänge. Sprich – wir vereinten uns im Alkohol.
Das blöde Spiel, welches wir früher schon oft mit Bier praktiziert hatten: "Der Vorletzte zahlt", spielten wir diesmal mit Wein-Humpen, jeweils 1 Liter.
Natürlich haut Wein entsprechend heftiger und schneller rein als Bier.
Aber, wie damals eben üblich, dachte ich nicht im Entferntesten daran, mein Auto stehen zu lassen.
Vom Waldfriedhof nach Schwabing ist es ja schon eine ordentliche Strecke, und ich kam auch nicht ganz unbeschadet in meine heimatlichen Gefilde.
Ich war voll wie eine Strand ha ubitze, und irgendwo unterwegs muss mir schlecht geworden sein, und ich habe voll auf meinen Beifahrersitz gekotzt.
Offenbar habe ich dabei etwas die Beherrschung über mein Gefährt verloren und bin über einen Randstein gedonnert. Aber das habe ich alles nicht mehr registriert!
Jedenfalls – am nächsten Tag, nachdem ich aus der Ohnmacht erwacht war, meinte Inge zu mir: "Schau dir mal dein Auto an – sieht gut aus"!
Mir war natürlich schleierhaft, was sie damit meinte – ich hatte ja keinerlei Erinnerung mehr.
Später ging ich nach unten und schaute mir das Drama an!
Erst mal sah ich, dass die Autotür sperrangelweit offen stand, aber OK, den vollgekotzten Wagen hätte eh keiner geklaut.
Dann sah ich es! Meine beiden rechtsseitigen Reifen waren platt, und die Felgen waren auch hinüber.
Diesmal bekam ich aber schon mal einen ordentlichen Schrecken. Was hätte da alles passieren können – ich hätte jemanden tot fahren können und hätte es nicht mal mitbekommen…!!! Das war mir nun ehrlich eine Lehre! So was habe ich nie wieder praktiziert!
Inge zog also aus, und ich blieb in der Wohnung.
In diesen Tagen war ich noch sehr traditionsbewusst – bayrisch!
Ich besaß natürlich Trachtenklamotten aller Art und vor allem Trachtenschmuck, auf den ich besonders stolz war. Charivari, Ringe, Taschenuhren, Manschetten knöpfe, alles vorzugsweise antik, ich ließ mir in Österreich sogar spezielle Silberknöpfe für meine Trachtenweste anfertigen. Jeder dieser Knöpfe hatte ein anderes Jagdmotiv.
Das alles wollte ich noch toppen! Ich hatte allen Ernstes vor, mir ein silbernes "Dupont" Feuerzeug machen zu lassen, ebenfalls mit einem Jagdmotiv eingraviert. Aber das habe ich dann doch verworfen, weiß nicht, ob Dupont so was überhaupt gemacht hätte, und wenn, dann sicherlich fast unbezahlbar – zumindest für mich.
Nebenbei sammelte ich auch noch alte Zinnkrüge. Ich war ein Hardcore "Bayernspinner"!
Es war an einem Abend, als ich an der Bar im "Schwabinchen" arbeitete, als mich ein Gast ansprach und fragte, ob ich einen Kameraassistenten kennen würde, was ich verneinte. Er war Kameramann, und es schien ihm sehr dringend zu sein, denn er löcherte mich und meinte nach kurzer Zeit, dass ich das auch machen könnte. Ich erklärte ihm, dass ich nicht die geringste Ahnung von dieser Arbeit hätte, aber er zerstreute meine Bedenken und meinte, er könne mir das alles auf die Schnelle beibringen.
Na ja, warum nicht? Geld konnte ich immer brauchen, und es sollte hundert Mark pro Tag geben. Eine super Gage in dieser Zeit.
Das Ganze war dann auch recht erfolgreich, obwohl die Produzenten sehr wohl gemerkt hatten, dass ich kein Profi war, aber egal, ich tat meinen Job.
Aber um den Job geht es mir hier gar nicht! Der Achim – so hieß der Kameramann – und ich, befreundeten uns und waren öfter zusammen unterwegs, als er mir eines Tages eröffnete, dass er seine Bleibe verloren hätte und nicht wüsste, wo er nächtigen solle.
Also bot ich ihm an, er könne ein paar Tage bei mir pennen.
Er