5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745211658
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Tom erkannte durch Eisenstäbe hindurch das Büro des Sheriffs, sein Feldbett, auf dem der Deputy Wolters hockte und über die Kerze hinweg zu Tom herüberstarrte.

      „Eh, was rammelst du herum, wie?“, rief Wolters. Er war ein kleiner Mann mit schütterem Haar, Stupsnase und breitem Mund. Tom kannte ihn als heiteren Zeitgenossen, doch in der Stadt hieß es, Wolters sei ein stahlharter Bursche. •

      „Was ... was habt ihr mit mir getan? Ich ...“

      Tom verschluckte sich, musste husten und dabei überkam ihn die Erinnerung an all das, was vor seiner Bewusstlosigkeit passiert war.

      Wolters zog sich seinen Waffengürtel heran, dass er den Colt griffbereit hatte und hängte sich die Decke über die Schultern.

      „Mitten in der Nacht den Komiker spielen, wie? Ich habe ein Recht darauf zu pennen, mein Junge. Dass du dir nun ausgerechnet den Colonel ausgesucht hast, will mir zwar auch nicht in den Kopf. Der war ja zu dir immer recht anständig. Bei Webster, da hätte ich es begriffen. Oder hast du Webster umlegen wollen, und es hat nur den Colonel getroffen?“

      „Es war doch ganz anders!“, empörte sich Tom.

      Wolters nickte. „Ja, Junge, es war immer ganz anders. Wenn du wie ich fünfzehn Jahre lang in den Städten als Marshal oder Sheriff gearbeitet hast, dann kennst du die Sprüche. Es ist immer anders. Natürlich, vielleicht ist es wirklich immer anders. Ich begreife ja, dass ein Mann, der von einem anderen bis zur Weißglut gereizt wird, die Nerven verlieren kann. Ich weiß, wie es ist, wenn einen so ein Misthund wie Webster schikaniert und man eines Tages zuviel bekommt. Tja, Junge, nun hast du aber den Colonel erwischt. Und der konnte seine schöne Reden nicht mehr halten. Und außerdem bezahlt jetzt keiner den Dentisten, der extra gekommen ist, weil sich der Colonel soviel davon versprochen hat. Tja, mein Junge, alles solche Sachen.“

      „Aber Old Cliff muss doch die Wahrheit kennen!“, rief Tom.

      Wolters zuckte die Schultern. „Er hat gesagt, dass du das Gewehr in der Hand gehalten hättest, und vor dir hätte unter einer Rauchwolke der Colonel am Boden gelegen. Webster, sagt Old Cliff, hätte zugesehen. Was willst du noch wissen, Junge? Wann sie dich hängen? Sie werden dich hängen, Junge, bestimmt werden sie das. Die Witwe vom Colonel hat extra einen Verein gegründet, damit sich auch die Weiber einsetzen, dass du auch wirklich gehängt wirst.“

      „Aber Webster lügt! Er hat doch ...“

      „Ja, versteh’ ich doch, Junge. Keiner will gehängt werden. Ist doch klar, Junge. Aber sie hängen dich. Wann? Ich weiß nicht. Sie holen den Militärrichter vom Fort. Wenn er da ist, machen wir die Verhandlung. Und was dabei herauskommt, ist ja klar. Old Cliff stellen sie nicht als Geschworenen auf. Und der sogar hat dich mit dem Gewehr gesehen. Tja, Jungchen, was soll es da noch geben? Höchstens, dass sie dich nicht hängen, sondern in eines dieser neumodischen Straflager schicken. Na, da wäre ich lieber gehängt, Junge. Dann lieber tot, als von den Aufsehern jeden Tag durchgepeitscht, arbeiten wie irr und nichts Richtiges zu fressen. Nein, Jungchen, dann lieber tot.“

      Tom fasste sich an den Hals, als würde ihn die Schlinge jetzt schon würgen.

      „Ich bin unschuldig!“, beteuerte er.

      Wolters nahm es gelassen hin. „Klar, bist du am Ende wirklich. Es steckt im Menschen drin, sage ich immer. Dafür kann er ja nichts. Er hat sich nicht selbst gemacht. Also hast du sogar recht. Bist unschuldig. Aber da sind diese Gesetze. Und wer einen anderen einfach killt und einen anderen angreift, um ihn auch umzubringen - das wolltest du ja nachher noch mit Webster - den hängen sie auf, die Menschen. Ob es nun in dir dringesteckt hat oder nicht. Menschen sind so. Und jetzt leg dich hin, penn weiter und halt die Klappe! Ich bin hundemüde. Es hat ja doch keinen Sinn, hier herumzuquasseln.“

      Er pustete die Kerze wieder aus, und Tom hörte die Bretter des Feldbettes knarren.

      *

      Etwa um die Zeit, da die schwarze Wölfin im Feuer des Farmers starb und die bleiche Scheibe des Mondes über dem nächtlichen Land stand, hockte Tom auf seiner Pritsche und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.

      Hängen wollten sie ihn, unschuldig hängen!, dachte er verzweifelt. Indianerbastard hatte ihn dieser fette Webster genannt. Indianerbastard nannten ihn viele. Und sie wussten genau, dass er keinen Indianer zum Vater hatte.

      Hängen! Einfach aufhängen. Und Webster, dieser Lump, der es getan hatte, blieb unangetastet. Sicher, mit Absicht hatte der das auch nicht getan. Ein Unfall war es - ein Unfall. Aber Webster hatte schon unmittelbar nach dem Schuss alles von sich abwälzen wollen und würde das immer wieder tun. Nein, sie wollten ihm kein Recht geben. Sie wollten ihn hängen, den verdammten Bastard von Hennie Cadburn, die sie Indianer-Hennie nannten ...

      Flucht!, dachte er. Flucht blieb ihm, nichts weiter. Ich muss hier raus! Ich muss!

      Er entsann sich, was ihm Old Cliff immer von der Stadtpolitik erzählt hatte. Von Sheriff Klein, Dutch-Billy, der aus Deutschland stammte und deshalb wie auch die Holländer Dutch genannt wurde. Ein harter, bolzengerader Mann, auf dessen Seite die kleinen Leute standen, weil sie in seinem Schatten gegen die Großen ihre Rechte gewahrt wussten. Dann war Eric Ferguson, des Colonels Favorit, ein Mann aus des Colonels Ranchmannschaft, der auch als zukünftiger Sheriff nach des Colonels Pfeife tanzen würde.

      Die Farmer waren gegen Ferguson. Aber in der geplanten und nun ins Wasser gefallenen Wahlversammlung hatte der Colonel gerade den Farmern seinen Mann schmackhaft machen wollen, indem er den Farmern gewisse Angebote machen wollte. Damit würde es aus sein. Und somit hatte Ferguson bei der Wahl am Sonntag nicht mehr Chancen als ein Fisch auf einem Sandhaufen.

      Wenn ich Dutch-Billy sprechen könnte, dachte Tom. Vielleicht würde der mir glauben.

      Nein, überlegte er weiter, Dutch-Billy kann mir ja nicht glauben. Webster würde seine Lüge wahrscheinlich sogar beschwören. Und sogar Old Cliff weiß es ja nicht besser, als dass er mich mit dem Gewehr in der Hand vor dem erschossenen Colonel stehen sah ...

      Es klopfte an der vorderen Tür.

      Wolters hatte den Schlaf eines Hundes und war sofort hoch. „Verdammt, was ist schon wieder los?“

      Die Kerze wurde wieder angezündet. Dann ging Wolters in Unterhosen, die Decke um die Schultern, zur Tür. Der Riegel quietschte, die Tür ruckte auf. Aber da war noch eine zweite Tür, die äußere. Bevor er sie öffnete, fragte Wolters:

      „Wer, in drei Teufels Namen, will was?“

      „Ich bin es, Wolters, ich, Eliza Klein. Du sollst sofort zu Bill kommen. Er hat den Posträuber bei uns im Stall!“, rief eine Frauenstimme.

      Wolters schlug hastig den Riegel der zweiten Tür auf, und schon flog sie nach außen. Er sah eine Frau vor sich, die er für Mrs. Klein, die Frau des Sheriffs, hielt.

      „Ich komme, Mrs. Klein, ich muss nur...“

      Der Schlag, der seinen Kopf traf, kam von der Seite, und er sah den Mann nicht, der sich hart an die Hauswand gedrückt hatte. Er spürte auch nur noch den Schlag, dann sank er zu Boden.

      „Hilf mir ihn hineinschaffen, Hennie!“, sagte eine schon etwas brüchige Männerstimme.

      „Hoffentlich hast du ihn nicht erschlagen, Cliff“, erwiderte die Frau.

      Zu zweit schleiften sie Wolters ins Sheriff-Büro, und der Mann schloss die Tür, während die Frau die Kerze nahm und zur Zelle ging.

      Tom sah plötzlich, wer da kam. Das war nicht Eliza Klein. Das war seine Mutter!

      „Ma! Um Himmels willen, was hast du getan?“, rief er.

      „Psst! Nicht so laut! Ja, das wollte ich dich gerade fragen, Junge. Cliff, den Schlüssel! Das Ding ist zugesperrt.“

      „Klar, sonst würden diese Mordbuben ja frei herumspazieren“, knurrte der Alte.

      Tom sah ihn im Kerzenschein. „Old Cliff!“, rief er.

      „Schießt diesen