Wieso um alles in der Welt ist Handicap 9 für Trump nicht gut genug?
Weil, und das werden Sie in Kürze herausfinden, »gut genug« für einen Donald Trump niemals gut genug ist.
Kapitel 4 Pele
Er bescheißt ohne Ende.
Suzann Pettersen, LPGA-Golferin
Ich hatte einmal einen Coach, der uns sagte: »Wie du eine Sache angehst, so gehst du alles an. Bist du faul im Training, dann bist du auch faul beim Spiel. Betrügst du bei deinen Tests, dann betrügst du später auch deine Frau.«
Zumindest beim Golf trifft das zu. Der Typ, der auf dem Platz elend langsam spielt, ist auch bei Meetings ein Lahmarsch. Wer auf dem Golfplatz freigiebig mit Komplimenten ist, wird auch bei Tisch eine Schmeichelei auf den Lippen haben. Und wer auf dem Platz betrügt, wird ebenso im Geschäftlichen betrügen oder bei der Steuererklärung oder eben in der Politik.
Jack O’Donnell hat als Vizepräsident des Trump Plaza Casino in Atlantic City vier Jahre für Trump gearbeitet. O’Donnells Vater war einer der Gründer von Sawgrass, jenem legendären, von Pete Dye entworfenen Golfplatz in der Nähe von Jacksonville, Florida. »Mein Vater hat uns immer Respekt vor dem Spiel gelehrt«, erzählt O’Donnell. »Das ist der Teil des Spiels, der wirklich etwas über deinen Charakter verrät. Man spielt den Ball von dort, wo er liegt.« Als ein Kollege O’Donnells, der inzwischen verstorbene Mark Eddis, von seiner ersten Runde mit Trump zurück war, konnte O’Donnell der Versuchung nicht widerstehen und fragte nach.
»Und, schummelt er bei der Lage seines Balls oder nicht?«
Eddis sah ihn an und musste lachen. »Bei jedem einzelnen Schlag, den Abschlag ausgenommen.«
Trump schummelt beim Golf nicht einfach nur. Er bescheißt wie ein Hütchenspieler in der Fußgängerzone. Er wirft, kickt, schiebt den Ball ständig in eine bessere Position. Egal, wo der Ball liegt: Er lügt. Er verhunzt das Spiel, dass es eine Art hat. In Winged Foot, wo Trump Mitglied ist, waren die Caddys derart daran gewöhnt, dass er den Ball aufs Fairway kickt, dass sie ihm einen ganz speziellen Spitznamen verpassten: »Pele«.
»Ich habe einmal mit ihm gespielt«, sagt Bryan Marsal, langjähriges Mitglied in Winged Foot und Präsident des anstehenden 2020 U.S. Open der Männer. »Wir spielten am Samstagmorgen. Wir kamen zum ersten Abschlag, und er war der netteste Mensch. Doch auf einmal sagte er: ›Sehen Sie die beiden da? Sie betrügen. Sehen Sie mich? Ich betrüge. Und ich erwarte, dass auch Sie betrügen, weil wir diese zwei heute besiegen werden.‹ … Also: Ja, es stimmt, er wird Sie bescheißen. Ich denke allerdings, Donald ist zutiefst davon überzeugt, dass auch Sie ihn bescheißen werden. Deshalb ist es ja egal, wenn sowieso alle betrügen, dann ist das, was er tut, am Ende doch gar kein Betrug.«
Schön und gut, aber …
a) Es betrügen keineswegs alle. Abgesehen von einem gelegentlichen Mulligan am ersten Abschlag oder dem Annehmen eines geschenkten Putts vom Gegner (wenn es nur um einen Schlag über wenige Zentimeter ins Loch geht), spielen 85 Prozent der Gelegenheitsgolfer streng nach den Regeln, laut National Golf Foundation.
b) Zu sagen, »Donald Trump betrügt«, ist, als würde man sagen: »Michael Phelps schwimmt.« Er betrügt auf höchstem Niveau. Er betrügt, wenn Leute zusehen, und er betrügt, wenn niemand zusieht. Er betrügt grundsätzlich, ob es Ihnen passt oder nicht. Er betrügt, weil er eben so und nur so Golf spielt, so hat er es gelernt, so braucht er es. Es ist egal, ob Sie sein Apotheker sind oder Tiger Woods: Wenn Sie mit ihm Golf spielen, dann betrügt er auch.
Gegen Tiger Woods hat er übrigens tatsächlich betrogen. Kurz nach seinem Einzug ins Weiße Haus lud er Woods, Dustin Johnson (damals Weltranglistenerster) und den langjährigen Profi und Fox-Golfexperten Brad Faxon zu einer Runde ein.
Man schloss eine Wette ab: Faxon und Trump gegen Woods und Johnson. Da aber Woods und Johnson so gigantische Abschläge draufhaben, beschloss man, Faxon und Trump dürften vom mittleren Abschlagfeld spielen. Trump bekäme an den acht schwierigsten Löchern einen Schlag Bonus; alle anderen würden »scratch«, also auf 0 spielen. Und los ging’s.
»Auf dieser einen Bahn spielte Donald seinen zweiten Schlag und haute ihn voll in den Teich«, erinnert sich Faxon. »Da sagte er zu mir: ›Hey, schmeiß mir mal schnell ’nen zweiten Ball rüber, es guckt gerade keiner.‹ Ich tat, was er sagte, aber den schlug er auch ins Wasser. Also fuhr er hin und droppte den Ball dort, wo er schon beim ersten Mal hätte droppen müssen, und spielte von dort aufs Grün.«
Währenddessen hatte auf der anderen Seite des Fairways Woods – er ist nun mal Woods – seinen Annäherungsschlag bis auf 30 Zentimeter an die Fahne gespielt und stand bereit zu einem kinderleichten Birdie. Jetzt waren alle auf dem Grün, und Trumps Ball lag vielleicht sechs Meter von der Fahne, und er bekam einen Schlag gut. Trump fragte: »Also, wo stehen wir?«
Faxon antwortete: »Na ja, Tiger hat gerade eine 3 gespielt. Der wievielte Schlag ist Ihr Putt, Mister President?«
Daraufhin Trump: »Der vierte, für eine Drei.«
Faxon musste lachen – laut Regelbuch war es sein siebter Schlag. Trump behauptete jedoch steif und fest, es wäre der vierte, also eine Drei für das Loch, seinen Bonusschlag eingerechnet.
»Ist das nicht genial?«, erinnert sich Faxon. »Der vierte, für eine Drei! Er hat den Putt dann eh verfehlt. Aber es macht echt Spaß, mit ihm zu spielen. Er steckt sich jeden Putt einfach in die Tasche [als ob der Gegner ihm das erlaubt hätte], und doch will man insgeheim geradezu, dass er so was macht. Man hat so viel darüber gehört, dass man selbst dabei gewesen sein will, damit man die Geschichten aus erster Hand erzählen kann.«
Einmal spielte ein alter Freund von mir, ein Countrymusiker, erstmals mit Trump in L.A. Schon auf der allerersten Bahn kickte Trump seinen Ball aus dem Rough aufs Fairway. Mein Musikerfreund war perplex.
»Moment mal«, rief er. »Läuft das jetzt den ganzen Tag so, Donald?«
»Oh«, erläuterte Trump. »Alle, mit denen ich spiele, schmeißen den Ball zurück aus dem Rough. Du kannst gar nicht anders, wenn du gegen die auf einen grünen Zweig kommen willst.«
Nur fürs Protokoll: Ich spiele seit einem halben Jahrhundert Golf, und ich habe bisher nur einen einzigen Menschen kennengelernt, der das tut. Sein Bild ist auf dem Cover.
Einmal hatte Trump drei prominente Football-Kommentatoren von ESPN – Mike Tirico (heute bei NBC), Jon Gruden (heute Coach der Raiders) und Ron »Jaws« Jaworski, ehemals Quarterback der Eagles – auf einem seiner Golfplätze zu Gast. Trump liebt es, mit seinen Plätzen bei Promis anzugeben, und je berühmter du bist, desto wichtiger ist es ihm, dich zu treffen und von den anderen Mitgliedern mit dir gesehen zu werden. Trump kam an, als sich die anderen drei gerade auf die Runde vorbereiteten, und er entschied sofort, wie die Teams verteilt werden. »Ich spiele zusammen mit Gruden, ich mag nämlich Gewinner.«
Und schon ging es los. An einer Stelle spielten sie ein blindes Par 5, und Tirico, der ein Handicap von 12,3 hat, lag rund 210 Meter vom Grün entfernt. Er spielte den besten Holz-3-Schlag seines Lebens. »Du meine Güte!«, staunte da sein Caddy. Der Schlag hatte von Anfang an die Fahne angepeilt, schaffte es perfekt über den Hügel und würde nahe an der Fahne landen. Ganz erschrocken von seinen plötzlich erwachten Fähigkeiten gab Tirico seinem Caddy ein High five und schlenderte, nein, schwebte geradezu in Richtung Grün.
Aber als sie dort ankamen, lag sein Ball irgendwie kein bisschen in der Nähe der Fahne – er war noch nicht einmal auf dem Grün. Er befand sich 15 Meter seitlich von der Fahne, noch dazu im Bunker. Wenn er nicht unterwegs mit einer Drohne kollidiert war, war dies physikalisch ein Ding der Unmöglichkeit.
»Übel versprungen«, meinte Trump zu Tirico, der die Markierung auf dem Ball prüfte, weil er nicht glauben konnte, dass das seiner war. Er war