Der verwegene Warren Harding war das komplette Gegenteil. Golf war für ihn eine Art Party mit rutschfesten Schuhen. Wozu die Eile? Er verehrte alle Berühmtheiten und Golfstars ganz besonders. Oft lud er die legendäre Nachteule Walter Hagen ein. Einmal schenkte ihm Hagen einen seiner bevorzugten Schläger.
»Was kann ich im Gegenzug denn für Sie tun?«, fragte Harding eifrig.
Der notorische Zuspätkommer Hagen meinte, sehr praktisch wäre gewiss eine Dienstmarke des Secret Service, damit er sich nicht mehr mit Strafzetteln wegen zu schnellen Fahrens herumschlagen müsse. Er bekam seine Marke.
Harding war der Erste in einer langen Reihe von Präsidenten, der es mit den Regeln nicht so genau nahm. Er war ein Garant für Spaß auf dem Golfplatz, lachte gerne ausgiebig und trug stets Knickerbocker und eine Fliege. Auch einem kräftigen Schluck zwischen dem Grün und dem nächsten Abschlag war er nie abgeneigt, was in Verbindung mit seiner nicht eben ausgewogenen Schlagtechnik dazu führte, dass er nur mäßige Ergebnisse schaffte. Dennoch war er dem Spiel verfallen. Er war in San Francisco auf einer Urlaubsreise, die auch jede Menge Golfrunden vorsah, als er plötzlich zitternd zusammenbrach und starb, vermutlich an kongestiver Herzinsuffizienz. Zu seinem Andenken trägt heute ein wunderschöner öffentlicher Golfplatz in San Francisco seinen Namen: Harding Park.
Calvin Coolidge konnte mit Golf nichts anfangen, er hatte einfach kein Händchen dafür, und wenn er es doch einmal probierte, traf er aus drei Metern kein Scheunentor. Als er wieder aus dem Weißen Haus auszog, ließ er seine Golfschläger gleich dort.
Der eindeutig begabteste Golfer unter den US-Präsidenten war Franklin Delano Roosevelt. Ein satter Abschlag, erstklassiger Umgang mit den Eisen und auf dem Grün mit der Präzision eines Diamantenschleifers, holte er als Teenager zahlreiche Medaillen, und mit 18 Jahren gewann er die Clubmeisterschaft der Männer (nein, ernsthaft!) im kanadischen Campobello Golf Club. Im Alter von 39, zwölf Jahre vor Beginn seiner Präsidentschaft, erkrankte er jedoch an Polio und spielte danach nie wieder. Immerhin hinterließen uns seine Projekte Dutzende wunderbarer öffentlicher Golfplätze, wie etwa Bethpage in New York, Austragungsort der PGA Championship im Jahr 2019.
Harry Truman spielte nicht Golf, sondern Klavier, aber sein Nachfolger, Dwight Eisenhower, liebte das Spiel wie der Hund den Knochen. Er konnte es kaum ertragen, von seinen Schlägern getrennt zu sein. Er pflegte sogar auf den Fluren des Weißen Hauses mit einem Eisen in der Hand zu flanieren und Probeschwünge anzusetzen, während er überlegte, wie man wohl am besten mit der Welt der Nachkriegszeit klarkommen sollte. Er und sein Idol – ein stets braun gebrannter Frauenschwarm mit Namen Arnold Palmer – befeuerten den Golfboom der sechziger Jahre in den USA, der bis zum Beginn der Großen Rezession im Jahr 2007 anhielt.
Eisenhower liebte das Spiel, aber das Spiel liebte ihn nicht. Seine Achillesferse war das Putten. Er näherte sich dem Ball an, als wäre er eine Giftschlange, erstarrte geradezu davor, dann versetzte er ihm einen Schubs und wich rasch zurück. Die seltsamsten Zuckungen schienen ihm immer wieder in die Quere zu kommen. Zum Trainieren ließ er sich ein Grün gleich hinter das Oval Office legen. Manchmal vergaß er vor der Rückkehr ins Präsidentenbüro, seine Spikes auszuziehen. Einmal bin ich allen Ernstes dort über den Boden gekrochen und konnte die Löcher, die er im Holzboden hinterlassen hat, noch fühlen.
John F. Kennedy hätte ein großartiger Spieler sein können, wären da nicht seine Rückenprobleme gewesen. Zu Beginn des Studiums war er im Freshman-Golfteam von Harvard, verletzte sich aber beim Football den Rücken und musste sich ein ganzes Jahr lang schonen, was Sport angeht. Er hatte einen eleganten und aufrechten Schwung mit perfekt ausgewogenem Finish, die schlanke rechte Schulter zeigte exakt in Richtung des angepeilten Ziels, das stets unbedeckte Haupthaar vom Wind zerzaust, ein Gatsby in Kaschmir. Ganz im Unterschied zu Trump redete JFK nicht gerne über sein Spiel, wollte keine Kameras dabeihaben, wenn er spielte, und er wollte auch nicht verkünden, was für eine Runde er gespielt hatte. Nach seiner Wahl, aber noch vor der Amtseinführung haute Kennedy seinen Abschlag am 16. Loch in Cypress Point, dem berühmtesten Par 3 der Welt, immer und immer wieder in Richtung der Fahne, bis er es endlich geschafft hatte. Kennedy ließ einen Seufzer der Erleichterung vernehmen. »Du schreist und fluchst, der Drecksball soll endlich fallen«, sagte er zu seinen Mitspielern, »und ich sehe eine vielversprechende Politikerkarriere ihrem Ende nahen!«
Lyndon B. Johnson spielte miserabel und vorwiegend zu dem Zweck, Kongressabgeordnete zu beschwatzen, damit sie am Ende diesem oder jenem Gesetz zustimmten. Es heißt, die Stimmen für seinen wegweisenden Civil Rights Act hätte er vor allem auf dem Golfplatz zusammengekratzt. Er hatte eine Vorliebe für Schimpfwörter und Mulligans, das heißt Wiederholungen eines misslungenen Schlags (ohne Strafschlag) – er soll bisweilen einen Verbrauch von jeweils fünf, sechs oder gar sieben davon auf einem einzigen Neun-Loch-Kurs gehabt haben, und er hatte auch stets eine wohlmeinende Warnung an seine Golfpartner parat: »Es ist nicht nett, den Präsidenten zu besiegen.« Nach seiner Amtszeit erfuhr er am eigenen Leib, wie richtig er damit lag.
Auch Richard Nixon spielte Golf, wirkte dabei aber immer irgendwie unnatürlich, das Grinsen zu breit, die Hosenbeine zu hoch. Seine Freunde sagen, er tat es überhaupt nur, um sich als Vizepräsident bei Eisenhower einzuschleimen. Nixon hatte ein Handicap von etwa 18, aber nach seinem Rücktritt wegen der Watergate-Affäre wurde der Golfplatz sein Zufluchtsort, und er verbesserte sich auf 12. Wir sehen, selbst für Watergate gilt: Es war nicht alles schlecht.
Nixons Rücktritt in Verbindung mit dem gleichzeitigen Abgang seines Vize Spiro Agnew katapultierte den einzigen echten College-Sportstar ins Oval Office, den wir jemals als Präsidenten hatten, nämlich Gerald Ford, ein ehemaliger Lineman aus Michigan. Als sportliches Naturtalent liebte Präsident Ford auch Golf, aber es war, ähnlich wie bei Eisenhower, eine einseitige, unglückliche Liebe. Trotzdem spielte er, wann immer er konnte. Er nahm sogar am Pebble Beach Pro-Am der PGA Tour teil, ein Albtraum für den Secret Service und erst recht für die Zuschauer. Die Zahl der Menschen, die von Fords Golfbällen getroffen wurden, ist weitaus höher als die Zahl derjenigen, die ihn zum Präsidenten gewählt haben (Letztere nämlich null). Das lag vor allem an seinem Drive – der flog ebenso weit wie weit daneben. Trotzdem schaffte er einmal tatsächlich ein Hole-in-one, im Colonial Country Club in Fort Worth, da spielte er mit Crenshaw im Pro-Am. »Die Zuschauer drehten völlig durch«, erinnert sich Crenshaw. »Er kriegte sich gar nicht mehr ein. Er wandte sich zu mir und meinte: ›Ich kann’s nicht fassen, was ich da gerade geschafft habe!‹«
Nach Ford wurde es eine Weile still um den Golfsport im Weißen Haus. Jimmy Carter ging lieber angeln. Reagan lag zumindest nicht sehr viel am Golfspiel, Pferde waren ihm wichtiger. Sein Handicap lag ungefähr bei 13. Im Los Angeles Country Club können Sie noch heute seinen Garderobenschrank bewundern.
Es gibt kaum eine golfverrücktere Familie als die Bushs. Der Großvater des 41. Präsidenten, George Herbert Walker Bush, war Präsident der U.S. Golf Association (USGA) und erfand den Walker Cup, die Amateurversion des Ryder Cup. Der Vater von »Bush 41«, Prescott Bush, hatte tatsächlich Handicap 0 und war ebenfalls ein Jahr lang Präsident der USGA. Bush senior, der 41. Präsident der USA, war der schnellste Golfer, den ich je gesehen habe. Er hatte Handicap 18, seine Ellbogen flogen beim Schlag Gott weiß wohin. Wenn er spielte, sah es immer aus, als wollte er eine Pferdebremse erschlagen. Sein Score war ihm egal, viel wichtiger war es ihm, in unter zwei Stunden fertig zu sein. Der Bestsellerautor James Patterson spielte einmal mit ihm. »So schnell konntest du gar nicht gucken«, erzählt Patterson. »Die ganze Geschichte kam mir vor wie ein Wettrennen. Man dachte bloß: ›Wow, sind wir schon durch?‹ Aber er war sehr nett, sehr freundlich und sehr locker und unkompliziert.«
»Bush 41« liebte die texanischen Profis wie Crenshaw und Tom Kite fast wie seine eigenen Söhne. Jeder Autor, der einen dieser Spieler