Schönbrunner Finale. Gerhard Loibelsberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerhard Loibelsberger
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Исторические детективы
Год издания: 0
isbn: 9783839256121
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Zuerst leise, dann lauter, schließlich pumperte der Oberinspector mit seiner Faust gegen das ächzende Holz.

      »Was is’ denn das für a Wirbel da? A Ruh is’! Ruheee!«

      Nechyba drehte sich um und sah einen fetten alten Kerl, der aus einem Fenster im Erdgeschoss schaute.

      »Schreien S’ net umadum. Wenn einer schreit, dann bin i das.«

      »Und wer sind Sie?«

      »Oberinspector Nechyba. K. k. Polizeiagenteninstitut.«

      »Oha! A Großkopferter.«

      »Werden S’ net frech, Sie! Wer sind Sie überhaupt?«

      »I? I bin der Hausmasta da.«

      »Name!«

      »Hirnigl. Eusebius Hirnigl.«

      »Also Hirnigl, passen S’ auf: Sie bewegen jetzt Ihren Hintern heraus und sperren mir die Behausung vom Herrn Gotthelf auf.«

      »I brauch’ den Schlüssel.«

      »I hab’ aber kan Schlüssel.«

      »Das gibt’s net!«

      »Wann ich Ihnen sag, dass i kan Schlüssel hab’.«

      »Und warum net?«

      »Weil mir der Pepi Gotthelf, der was der Adoptivsohn vom verblichenen Gotthelf is’, den Schlüssel abgenommen hat.«

      »Derf er denn das?«

      »Die Hausfrau hat’s ihm erlaubt.«

      »Und warum?«

      »Weil’s mit ihm unter einer Decke steckt.«

      »Und was sagt der Hausherr dazu?«

      »Nix. Der is’ an der Front in Italien.«

      »Wollen Sie andeuten, dass die Hausfrau a Gspusi mit dem jungen Gotthelf hat?«

      »Das haben Sie jetzt gesagt, Herr Oberinspector.«

      »Und wo find’ i den jungen Gotthelf?«

      »Oben. Bei der Hausfrau. In der Hausherrnwohnung.«

      »Die zwei haben also keinen Genierer.«

      »Das haben wiederum Sie gesagt, Herr Oberinspector. Von mir hören S’ dazu keinen Ton. Was wollen S’ denn vom Pepi Gotthelf?«

      »Befragen will ich ihn. Zum Tod seines Vaters.«

      Nechyba sah Hirnigl nachdenklich an und zupfte dabei an seinem Schnauzbart.

      »Und was würde was bringen?«

      »Na, wenn S’ zum Beispiel die beiden Bettgeher befragen würden.«

      »Was für Bettgeher?«

      »Die, die der Gotthelf bei sich einquartiert g’habt hat.«

      »Davon weiß i ja nix.«

      »Davon weiß niemand was. Das hat der Gotthelf still und heimlich g’macht. Das hat er net an die große Glocke g’hängt.«

      »Und wo find’ ich die beiden?«

      »Untertags haben sie sich immer am Naschmarkt herumgetrieben.«

      »Wissen Sie, wie die heißen?«

      »Der eine war a Behm. Der hat den anderen einmal Zach gerufen.«

      »Zach?«

      »Ja.«

      »Und der Behm?«

      »Ka Ahnung, wie der heißt.«

      »Und warum ham Sie das alles net meinen Kollegen erzählt?«

      »Weil s’ mich net g’fragt ham.«

      I/11

      Karel Husak schlenderte die Praterstraße entlang. Ein breiter Boulevard, auf dem an diesem Dienstagmorgen reger Verkehr herrschte. Bimmelnd fuhren Tramway-Garnituren, Pferdefuhrwerke klapperten und ratterten über das Kopfsteinpflaster. Flaneure, Dienstmädeln, Hausfrauen, ein paar Lausbuben sowie einige Männer in Zivil und unzählige in Uniform prägten das Straßenbild. Die Uniformierten bewegten sich wie Schlafwandler, die mit erstaunten Blicken registrierten, dass es jenseits der schmutzstarrenden Schützengräben auch noch Asphalt, Kaufläden, Spiegelflächen, gedeckte Tische und parfümierte Damen gab. Sie schlurften durch die Straßen und rochen nach Schlamm und Karbol. Gekleidet in Uniformen, die nichts mehr mit dem eleganten Hechtgrau der seinerzeitigen k. u. k. Armee-Uniformen gemein hatten, sondern in den Farben Erdgrau, Dreckgrau und Grabesgrau schillerten. Die Wienerinnen und Wiener empfanden die Uniformierten nicht mehr als heldenhafte Vaterlandsverteidiger, sondern als degoutante Pechvögel. Jeder war bemüht, möglichst nicht an diese schmutzstarrenden Bazillenträger anzustreifen.

      »Kannst dir nicht anzieh’n was Anständiges?«

      »Wieso, g’fallt dir nicht, was du da siehst?«

      »Geh zum Zach!«

      »Der Zach muss sich ausruh’n. Drum hab’ ich mir gedacht, dass wir zwei vielleicht ein bisserl …«

      »Fahr ab! Mit dir möcht’ i nix zu tun ham!«