Schönbrunner Finale. Gerhard Loibelsberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerhard Loibelsberger
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Исторические детективы
Год издания: 0
isbn: 9783839256121
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dass die Buchenscheiter allmählich Feuer fingen. Fröhlich vor sich hin pfeifend, schnitt er den Bauchspeck in kleine Würfel. Das würde ein wunderbares Schmalz und köstliche Grammeln63 geben. Er griff kurz auf die metallenen Herdplatten, aber die waren noch nicht warm. Er nahm den Kürbis sowie ein großes Messer und schnitt den Plutzer in vier gleiche Teile. Dann kratzte er die Kerne und das sie umgebende faserige Fleisch heraus und überlegte, was er wohl damit machen könnte. Ihm fiel nichts ein. Vielleicht würde seine Frau Aurelia eine Idee haben. Nachdem er die Kürbisviertel geschält hatte, rieb er sie auf der groben Küchenreibe. Dann schnitt er Zwiebeln. Wehmütig erinnerte er sich, wie er sich in früheren Zeiten beim Kochen immer ein Gläschen Wein gegönnt hatte. Aber Wein war mittlerweile ebenfalls Mangelware. Ein Liter kostete 16 Kronen oder mehr. Ein Wahnsinn! Nechyba ging hinaus zur Bassena64 und füllte den Wasserkrug. Er blickte in den heftigen Sommerregen und seufzte. Zurück in der Küche, registrierte er mit Genugtuung, dass die Buchenscheiter nun munter brannten und die Herdplatten sich allmählich erwärmten. Nach einem kräftigen Schluck Wasser holte er die gusseiserne Pfanne hervor, stellte sie auf den Herd und gab die Speckstückchen hinein. Alsbald fingen sie munter zu brutzeln an und ein See von glasklarem Fett bildete sich. Nechyba leckte sich die Lippen. Endlich wieder einmal Schmalz. Wochenlang hatten er und seine Frau darauf verzichten müssen. Vorsichtig schöpfte er die braunen Grammeln aus der Pfanne und platzierte sie liebevoll auf einem runden Porzellanteller. Er griff ins Salzfass, ließ feine weiße Kristalle darüberrieseln und steckte dann voll Gier gleich mehrere hintereinander in den Mund. Grammeln! Wunderbar! Nun verlor er jegliche Beherrschung. Er stapfte zur Speisekammer und holte die vorletzte Flasche Wein heraus, die ganz hinten im kühlen Dunkel lagerte. Grammeln ohne einen Schluck reschen Grünen Veltliner waren nur das halbe Vergnügen. Er entkorkte die Flasche, schenkte sich ein Glaserl ein und nahm einen kräftigen Schluck. Der pfeffrige Wein und der salzige Geschmack der Grammeln verbanden sich auf seinem Gaumen zu einem lange entbehrten Genusserlebnis. Liebevoll fischte er alle Grammeln aus dem Fett, schob dann die Pfanne zur Seite und holte den Schmalztopf, der seit Wochen sauber ausgewaschen und unbenützt in der Kredenz gestanden hatte. Mit ruhiger Hand goss er das flüssige Schmalz in den Topf. Danach nahm er eine der größeren Grammeln in den Mund, zerbiss sie und goss mit einem Schluck Veltliner nach. Mit dem Zeigefinger wischte er nun aus der nicht mehr brennheißen Pfanne die letzten Reste Schmalz heraus und lutschte ihn genussvoll ab. So ließ es sich leben!

      I/8

      »Das riecht himmlisch!«

      Nechyba nahm seine Frau, die abgearbeitet und müde heimgekommen war, in die Arme.

      »Heut pfeif ma auf die neue Zeit. Heut ess ma so wie früher.«

      »Das sind ja gebratene Knackwürste, und das riecht nach Schmalz. Nechyba, wo hast denn das Schmalz her?«

      »Selber ausgelassen.«

      »Und woher hast den Speck?«

      »Vom Guadn.«

      »Hast mit dem Gauner schon wieder Geschäfte gemacht?«

      »Auf Anweisung aus dem Innenministerium.«

      »Was? Der Herr Hofrat hat schon wieder eine Bestellung aufgegeben?«

      Nechyba nickte und schob seiner Frau zwei Grammeln in den Mund. Aurelia schloss die Augen und zerkaute die leicht knusprigen und gleichzeitig cremig milden Fettstücke behutsam. Sie registrierte, dass sie von Nechyba ein klein wenig gesalzen worden waren. Ein wollüstiger Schauer überrieselte sie.

      »Komm, trink ein Schluckerl Wein!«

      »Aber …«

      Sie nippte an dem ihr vor die Nase gehaltenen Weinglas, ließ den Rebensaft über den Gaumen rollen und seufzte dann:

      »Ach, Nechyba …«

      I/9

      »Tot? Der Gotthelf is’ tot? I glaub’s net.«

      Nechyba hatte einen Schluck Wein genommen und traurig genickt.

      »Das hat mir der Fraczyk heut erzählt.«

      »Und wie is’ er g’storben?«

      »Derschlagen. Angeblich is’ er derschlagen worden.«

      »Wieso angeblich?«

      »Nix Genaues weiß man nicht.«

      Aurelia hatte ebenfalls einen Schluck Wein genommen, dann das Glas energisch auf den Tisch gestellt, ihren Mann streng angesehen und gesagt:

      Nechyba hatte geschluckt und geschwiegen. Dann war Aurelia mit ihrem Sessel so nah zu ihm hingerückt, dass er die Wärme ihres Körpers gespürt hatte.

      »Nechyba, der arme Gotthelf! Dem schuldest du sowieso noch was. Also was wirst du morgen tun?«

      »Was?«

      »Na geh!«

      »Nix, na geh. Du gehst morgen gleich in der Früh rüber über den Naschmarkt und fangst mit den Nachforschungen an. Versprichst du mir das?«

      Die Wärme ihres Busens und ihres Schenkels hatten in Nechyba Gelüste geweckt. Aber nicht auf ein Streitgespräch. Also hatte er ihr ein dickes Busserl gegeben und gebrummt:

      »Versprochen.«

      I/10

      15 Jahre ist es her. Vor 15 Jahren war ich das letzte Mal in diesem Hinterhof. Als das Dienstmädel der Familie Schmerda − wie hieß sie nur? Mizzi, glaub’ ich − als die Mizzi ermordet worden war. Damals hab’ ich den Gotthelf verdächtigt.