Grundlagen des Methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit. Franz Stimmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Franz Stimmer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170359307
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habe ich Dir gar nicht zugetraut!«), gesteigertes Selbstvertrauen, sich nun auf weitere handwerkliche Abenteuer und neue Ziele einzulassen … (Prozessoffenheit).

      Die in dem Holzschuppen-Beispiel erwähnten Begriffe bilden die definitorische Grundlage für die weitere Diskussion.

      Das »wissenschaftliche« an den Wissenschaften ist das methodische Vorgehen als ein der intersubjektiven Überprüfung offener komplexer Prozess mit einer variabel festgelegten Abfolge von einzelnen Phasen (»Problemlösungsphasen«). Begrifflich sind dabei folgende Unterscheidungen zu treffen:

      • Methoden (methodos = das Nachgehen, Verfolgen) sind mehr oder weniger differenziert planbare, geregelte und zielorientierte sowie konsequent und reflektierend zu verfolgende »Wege« des Problemlösens.

      • Methodisches Handeln ist sowohl das Planen der einzelne Schritte des Weges von der Idee bis zu den notwendigen Techniken als auch die konkrete Umsetzung – das Gehen auf diesen Wegen –, also das kunstfertige und kreative Anwenden von spezifischen Methoden und Verfahren im Rahmen der gegebenen Problemstellung. Davon zu unterscheiden sind quasi automatisch ablaufende Routineaufgaben.

      • Die Methodologie i. e. S. ist die Lehre vom methodischen Handeln, also die Lehre, die Rede vom »Richtigen-Weg-entlang-Gehen« (Methodenkonzept, Handlungsmodell).

      • In den Methodenkonzepten/Methodologien werden programmatisch die jeweiligen Wege beschrieben und eventuell auch forschungsmethodisch untermauert. Vor dem Hintergrund dieses Anspruchs lässt sich leicht einsehen, dass die Präzision der Formulierungen je nach Wissenschaft bzw. Handlungsfeld recht unterschiedlich ausfallen können (z. B. Sozialpädagogik vs. Brückenbau). Die Gesamtheit der Methodenkonzepte/Methodologien in einer Wissenschaft ist deren Methodenlehre (oder Methodologie i.w.S.).

      Als Titel des Buches wurde bewusst nicht »Methoden der Sozialen Arbeit« gewählt, auch nicht »Methoden in der Sozialen Arbeit«, sondern »Grundlagen des Methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit« bzw. im Text auch »methodisch handeln in der Sozialen Arbeit«, um den (begrenzten) Rahmen, vor allem aber, um den Prozesscharakter dieser Tätigkeit deutlich zu machen. Methodisches Handeln in der Praxis Sozialer Arbeit bezieht sich – außer auf forschungsmethodisches Handeln, natürlich nur analytisch getrennt – vor allem auf zwei Bereiche:

      • erstens auf die antizipatorische Festlegung des Weges (»Landkarte«, »Tourenbeschreibung«) und zwar

      − von einer problematischen Situation ausgehend, die es zu lösen gilt,

      − über die Wahl theoretischer Konzepte, die operatives Hintergrundwissen vermitteln,

      − bis zur Ermittlung Handlungsleitender Konzepte, Handlungsformen, Interaktionsmedien und spezifischen Methoden, Verfahren und Techniken (Planungsphase anhand des Orientierungsrasters (image Abb. 3), die das konkrete methodische Handeln vorbereitet) und

      • zweitens auf die Durchführung mit dem gewählten spezifischen Methodeninstrumentarium (»Bewegen im Gelände«) (Handlungsphase).

      Methodisches Handeln (methodisches Vorgehen) ist damit die zirkulär orientierte Planung des Handelns und das konkrete Handeln selbst mit spezifischen Methoden der Situationsanalyse, Intervention und Evaluation. Beim ersten Beispiel (Nachsorge image Kap. 2.1) war die Planung im Vordergrund, beim zweiten (Straßensozialarbeit image Kap. 2.2) das konkrete Handeln. Die Erfahrungen im Handeln machen u. U. eine Neuplanung oder Modifizierung des alten Plans notwendig. Ebenso müssen aber auch, wenn zunächst »planlos« gehandelt wird, was mehr oder weniger ausgeprägt häufig geschieht, auch diese Erfahrungen, wenn sie reflektiert werden, in eine weiterführende handlungsleitende Planung einfließen, immer unter der Voraussetzung, dass dieses Tun als methodisches Handeln qualifiziert sein soll.

      Da methodisches Handeln im wesentlichen auch Problemlösungshandeln ist, hängt die besondere Weise des Vorgehens von der Art des Problems und den speziellen Kompetenzen der Problemlöser ab. Für einen Architekten, der sich vor den neugierigen Augen der Nachbarschaft schützen möchte und deswegen eine Mauer am Rande seiner Terrasse in Wochenendarbeit mit einem Freund, der Polier ist, errichten möchte, stellt diese Arbeit kaum ein Problem dar, höchstens vielleicht ein zeitliches und finanzielles, vielleicht auch ein juristisches, je nach den örtlichen Bauvorschriften. Für einen Sozialpädagogen, der den Unterschied zwischen Mörtel und Beton und den zwischen Sandstein und Klinker nicht so genau kennt und der von Statik keine Ahnung hat, ist der Bau der gleichen Mauer ein großes Problem, das, u. U. über Zuhilfenahme von Heimwerkerliteratur und Erkundigungen bei erfahreneren Bekannten, einer genauen Planung, eines differenzierten methodischen Vorgehens bedarf, soll das Ziel erreicht werden. Natürlich könnte er sich auch im Sinne von Versuch und Irrtum langsam vorantasten, all die Erfahrungen, die über Jahrtausende mit Mauerbau gemacht wurden vernachlässigend, um vielleicht sein Ziel zu erreichen. Was für den Sozialarbeiter also ein schwieriges Problem darstellt, ist für den Architekten eine Routineaufgabe. Wenn es aber darum geht, für einen hochverschuldeten Familienvater einen Weg zu finden, innerhalb einer gewissen Zeitspanne eine Lösung für dieses belastende Problem zu finden, wäre dies u. U. genau umgekehrt. Hier schließt sich auch, was bei der Mauer noch erlaubt sein mag, eine eventuelle Problemlösung nach Versuch und Irrtum aus.

      Die Problemlösungsaufgaben im Rahmen der Sozialen Arbeit lassen sich auf einem Kontinuum denken (image Abb. 1), das die beiden Extrempunkte »völlig neuartiges Problem« und »völlig institutionalisiertes Problem« aufweist. Probleme, die sich in der konkreten Realität stellen, sind zwischen diesen Extrempunkten, mehr oder weniger zur Mitte hin, angeordnet.

Images

      Probleme vom Typ x verlangen eine Planungsphase entsprechend dem Orientierungsraster (image Abb. 3), d. h., es müssen alle Ebenen von der Ethik bis hin zu den Techniken bedacht, integriert und zu einem Konzept methodischen Handelns gebündelt werden. Wenn sich etwa in einer Gemeinde zeigt, dass eine Jugendhilfeeinrichtung im Sinne von Diversionsprojekten (Programme, mit deren Hilfe die stigmatisierenden Auswirkungen durch formale Eingriffe des Justizsystems bei jugendlichen Delinquenten so weit wie möglich vermieden werden sollen) sehr sinnvoll wäre und einige Bürger sich zu einem Verein zusammenschließen, der diese Aufgabe organisieren möchte, keiner aber recht weiß wie, dann beginnt genau diese Art von Problemlösung. Es müssen, um einige Punkte zu nennen, regionalorientierte Handlungskonzepte entwickelt, die Kooperation am Ort gefördert (Gericht, Jugendamt), Jugendliche für die Einrichtung gewonnen, Mitarbeiter eingestellt, juristische Rahmenbedingungen beachtet, die Öffentlichkeit informiert und die Finanzierung gesichert werden. Die Zielvorgaben sind zunächst noch relativ diffus.

      Probleme vom Typ y und deren Lösungen sind von den Problemlösern verinnerlicht. Hier besteht bereits eine Orientierung an Handlungsleitenden Konzepten, die Arbeitsformen und Interaktionsmodi sowie die spezifischen Methoden sind im Rahmen dieser Arbeit anerkannt. Dies sind Probleme, wie sie in Institutionen mit einer klar umrissenen Aufgabenstellung auftreten. Beispiele sind etwa die Schwangerschaftskonfliktberatung, die Heimerziehung oder die Jugendamtsberatung von Pflegeeltern. Hier wird in der Regel