Die in dem Holzschuppen-Beispiel erwähnten Begriffe bilden die definitorische Grundlage für die weitere Diskussion.
3.1 Methode und methodisches Handeln
Das »wissenschaftliche« an den Wissenschaften ist das methodische Vorgehen als ein der intersubjektiven Überprüfung offener komplexer Prozess mit einer variabel festgelegten Abfolge von einzelnen Phasen (»Problemlösungsphasen«). Begrifflich sind dabei folgende Unterscheidungen zu treffen:
• Methoden (methodos = das Nachgehen, Verfolgen) sind mehr oder weniger differenziert planbare, geregelte und zielorientierte sowie konsequent und reflektierend zu verfolgende »Wege« des Problemlösens.
• Methodisches Handeln ist sowohl das Planen der einzelne Schritte des Weges von der Idee bis zu den notwendigen Techniken als auch die konkrete Umsetzung – das Gehen auf diesen Wegen –, also das kunstfertige und kreative Anwenden von spezifischen Methoden und Verfahren im Rahmen der gegebenen Problemstellung. Davon zu unterscheiden sind quasi automatisch ablaufende Routineaufgaben.
• Die Methodologie i. e. S. ist die Lehre vom methodischen Handeln, also die Lehre, die Rede vom »Richtigen-Weg-entlang-Gehen« (Methodenkonzept, Handlungsmodell).
• In den Methodenkonzepten/Methodologien werden programmatisch die jeweiligen Wege beschrieben und eventuell auch forschungsmethodisch untermauert. Vor dem Hintergrund dieses Anspruchs lässt sich leicht einsehen, dass die Präzision der Formulierungen je nach Wissenschaft bzw. Handlungsfeld recht unterschiedlich ausfallen können (z. B. Sozialpädagogik vs. Brückenbau). Die Gesamtheit der Methodenkonzepte/Methodologien in einer Wissenschaft ist deren Methodenlehre (oder Methodologie i.w.S.).
Als Titel des Buches wurde bewusst nicht »Methoden der Sozialen Arbeit« gewählt, auch nicht »Methoden in der Sozialen Arbeit«, sondern »Grundlagen des Methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit« bzw. im Text auch »methodisch handeln in der Sozialen Arbeit«, um den (begrenzten) Rahmen, vor allem aber, um den Prozesscharakter dieser Tätigkeit deutlich zu machen. Methodisches Handeln in der Praxis Sozialer Arbeit bezieht sich – außer auf forschungsmethodisches Handeln, natürlich nur analytisch getrennt – vor allem auf zwei Bereiche:
• erstens auf die antizipatorische Festlegung des Weges (»Landkarte«, »Tourenbeschreibung«) und zwar
− von einer problematischen Situation ausgehend, die es zu lösen gilt,
− über die Wahl theoretischer Konzepte, die operatives Hintergrundwissen vermitteln,
− bis zur Ermittlung Handlungsleitender Konzepte, Handlungsformen, Interaktionsmedien und spezifischen Methoden, Verfahren und Techniken (Planungsphase anhand des Orientierungsrasters (
• zweitens auf die Durchführung mit dem gewählten spezifischen Methodeninstrumentarium (»Bewegen im Gelände«) (Handlungsphase).
Methodisches Handeln (methodisches Vorgehen) ist damit die zirkulär orientierte Planung des Handelns und das konkrete Handeln selbst mit spezifischen Methoden der Situationsanalyse, Intervention und Evaluation. Beim ersten Beispiel (Nachsorge
3.2 Problemtypen
Da methodisches Handeln im wesentlichen auch Problemlösungshandeln ist, hängt die besondere Weise des Vorgehens von der Art des Problems und den speziellen Kompetenzen der Problemlöser ab. Für einen Architekten, der sich vor den neugierigen Augen der Nachbarschaft schützen möchte und deswegen eine Mauer am Rande seiner Terrasse in Wochenendarbeit mit einem Freund, der Polier ist, errichten möchte, stellt diese Arbeit kaum ein Problem dar, höchstens vielleicht ein zeitliches und finanzielles, vielleicht auch ein juristisches, je nach den örtlichen Bauvorschriften. Für einen Sozialpädagogen, der den Unterschied zwischen Mörtel und Beton und den zwischen Sandstein und Klinker nicht so genau kennt und der von Statik keine Ahnung hat, ist der Bau der gleichen Mauer ein großes Problem, das, u. U. über Zuhilfenahme von Heimwerkerliteratur und Erkundigungen bei erfahreneren Bekannten, einer genauen Planung, eines differenzierten methodischen Vorgehens bedarf, soll das Ziel erreicht werden. Natürlich könnte er sich auch im Sinne von Versuch und Irrtum langsam vorantasten, all die Erfahrungen, die über Jahrtausende mit Mauerbau gemacht wurden vernachlässigend, um vielleicht sein Ziel zu erreichen. Was für den Sozialarbeiter also ein schwieriges Problem darstellt, ist für den Architekten eine Routineaufgabe. Wenn es aber darum geht, für einen hochverschuldeten Familienvater einen Weg zu finden, innerhalb einer gewissen Zeitspanne eine Lösung für dieses belastende Problem zu finden, wäre dies u. U. genau umgekehrt. Hier schließt sich auch, was bei der Mauer noch erlaubt sein mag, eine eventuelle Problemlösung nach Versuch und Irrtum aus.
Die Problemlösungsaufgaben im Rahmen der Sozialen Arbeit lassen sich auf einem Kontinuum denken (
Abb. 1: Problemtypen-Kontinuum
Probleme vom Typ x verlangen eine Planungsphase entsprechend dem Orientierungsraster (
Probleme vom Typ y und deren Lösungen sind von den Problemlösern verinnerlicht. Hier besteht bereits eine Orientierung an Handlungsleitenden Konzepten, die Arbeitsformen und Interaktionsmodi sowie die spezifischen Methoden sind im Rahmen dieser Arbeit anerkannt. Dies sind Probleme, wie sie in Institutionen mit einer klar umrissenen Aufgabenstellung auftreten. Beispiele sind etwa die Schwangerschaftskonfliktberatung, die Heimerziehung oder die Jugendamtsberatung von Pflegeeltern. Hier wird in der Regel