Fremdreflexe
Nerven-wurzeln | Fremdreflexe | Durchführung |
Th6–Th12 | Bauchhautreflexe (BHR) | Die Bauchhautreflexe werden beim entspannt liegenden Patienten getestet. Der Untersucher streicht mit einem spitzen Gegenstand o. ä. von lateral nach medial auf beiden Seiten auf drei Etagen– unterhalb des Rippenbogens– auf Nabelhöhe– oberhalb des Leistenbandes.Physiologisch kommt es zu einer Kontraktion der Bauchmuskulatur, bei Störungen bleibt die Kontraktion aus. |
L1–L2 | Kremasterreflex | Zur Untersuchung des Kremasterreflexes bestreicht man den medialen Oberschenkel. Es kommt zu einer Hebung des gleichseitigen Hodens durch die Kontraktion des M. cremaster. |
Tabelle 3.2b
Fremdreflexe
Nerven-wurzeln | Fremdreflexe | Durchführung |
S3–S5 | Analreflex | Der Analreflex wird durch Bestreichen der Perianalregion mittels Spatel ausgelöst. In der Folge kommt es zu einer Kontraktion des Schließmuskels. |
Bulbokavernosusreflex | Der Bulbokavernosusreflex wird durch Kneifen der Glans penis oder der Klitoris provoziert und führt zur Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur. |
Zu guter Letzt gibt es noch die pathologischen Reflexe. Ein pathologischer Reflex ist eine automatische, unwillkürliche Körperreaktion (Reflex), die bei Gesunden nicht vorkommt. Bei Säuglingen sind solche Reflexe oft noch physiologisch und unbedenklich. Beim Erwachsenen kommen sie bei Erkrankungen des ZNS vor, z. B. bei zentralen Schädigungen. Beispiele von pathologischen Reflexen, die bei einer Schädigung der Pyramidenbahn auftreten, nennt man Pyramidenbahnzeichen.
Tabelle 3.3
Pathologische Reflexe
Pyramidenbahnzeichen | Auslösung durch | Klinische Beobachtung |
Babinski-Reflex | Kräftiges Bestreichen des Fußaußenrandes mit z. B. der Spitze des Griffs des Reflexhammers | Dorsalextension der Großzehe mit Beugung und Spreizen der Kleinzehen. Streckt sich lediglich die Großzehe, gilt der Test als fraglich positiv. |
Gordon-Zeichen | Kompression der Wadenmuskulatur | Dorsalextension der Großzehe (gilt als unsicheres Pyramidenbahnzeichen). |
Oppenheim-Zeichen | Kräftiges Bestreichen entlang der Tibiavorderkante | Dorsalextension der Großzehe und Spreizen der Kleinzehen. |
Strümpell-Zeichen | Beugung im Kniegelenk gegen Widerstand | Tonische Dorsalextension der Großzehe ggf. begleitet von Plantarflexion und Supination des Fußes. |
Das vegetative Nervensystem im Rückenmark
Auf funktioneller Ebene kann man das Nervensystem in ein somatisches und vegetatives Nervensystem unterteilen. Dem somatischen (auch „animalischen“) Nervensystem, das wir bewusst ansteuern können und das motorisch hauptsächlich die quer gestreifte Muskulatur innerviert, stellt man das vegetative (auch autonome oder viszerale) Nervensystem gegenüber. Diese Autonomie bezieht sich auf den Umstand, dass über das vegetative Nervensystem biologisch definierte, automatisch ablaufende innerkörperliche Vorgänge angepasst und reguliert werden, die deswegen vom Menschen willentlich nicht direkt, also allenfalls indirekt, beeinflusst werden können. Folglich innerviert das vegetative Nervensystem motorisch überwiegend die glatte Muskulatur der Eingeweide und Gefäße sowie exokrine und endokrine Drüsen. Es steuert dabei wichtige vegetative Parameter, wie z. B. Atmung, Kreislauf, Wasserhaushalt, Körpertemperatur, Stoffwechsel, Verdauung und Fortpflanzung.
Man untergliedert das vegetative Nervensystem nach funktionellen und anatomischen Gesichtspunkten in ein sympathisches Nervensystem (Sympathikus) und ein parasympathisches Nervensystem (Parasympathikus). Der Sympathikus hat in diesem System eine ergotrope Wirkung (griech. ‘rgoq – „Arbeit“, trøpoq – „Charakter“, „Sinn“), er erhöht also die nach außen gerichtete Handlungsbereitschaft. Der Parasympathikus wird auch als „Ruhenerv“ bezeichnet, da er dem Stoffwechsel, der Regeneration und dem Aufbau körpereigener Reserven dient (trophotrope Wirkung, griech. troføq – „Nahrung“, „Wachstum“). Er sorgt für Ruhe, Erholung und Schonung (weitere Ausführungen siehe Kapitel 5).
Wie bei vielen nervalen Funktionen sind auch beim vegetativen Nervensystem Nervenzellen in Ketten hintereinander geschaltet. Im Falle des Sympathikus und des Parasympathikus sind dies zwei. Wichtig ist hier die Lage der Zellkörper der ersten Neurone. Die ersten sympathischen Neurone liegen mit ihrem Zellkörper im Cornu laterale des Thorakalmarks und des oberen Lumbalmarks. Die ersten parasympathischen Neurone liegen mit ihrem Zellkörper im Hirnstamm (Nucleus Edinger-Westphal, Nucleus salivatorius superior et inferior und Nucleus dorsalis nervi vagi) und im Cornu laterale des Sakralmarks. Die Lage der parasympathischen Zentren ist also eine kraniosakrale, die der sympathischen eine thorakolumbale. Daher der Name „Para-sympathikus“, um den Sympathikus herum.
Die Bandscheiben, auch Zwischenwirbel genannt, sind Knorpel, die sich als Bindeglieder zwischen den Wirbelkörpern befinden. Sie machen rund ein Viertel der gesamten Wirbelsäulenlänge aus. Die Knorpel bestehen jeweils aus einem Faserring (Anulus fibrosus) und einem Gallertkern (Nucleus pulposus). Während der Faserring mit dem Wirbelkörper verwoben ist und dadurch die Wirbelsäule kräftigt, hat der weiche Gallertkern die Funktion eines Kissens, das Stöße abfängt und Druck ausgleicht.
Im Verlauf eines Tages werden die Bandscheiben interessanterweise vorübergehend schmaler, weil sie durch die Tagesaktivitäten hoher Belastung ausgesetzt sind. Deswegen ist der Mensch abends ungefähr zwei Zentimeter kleiner als am Morgen.
Im fortgeschrittenen Alter oder aber durch andauernde Fehlbelastung verändert sich der Aufbau der Bandscheiben. Der Anulus fibrosus kann Risse bekommen und der Nucleus pulposus sich dazwischen nach außen vordrängen (Protrusion). Man spricht von einem Bandscheibenvorfall oder Prolaps (siehe Abb. 3.14). Am häufigsten (in ca. 90 % der Fälle) tritt ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) auf (lumbaler Bandscheibenvorfall, Bandscheibenvorfall der LWS). Manchmal ist auch der Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule (thorakolumbal) oder von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein (lumbosakral) betroffen. Deutlich seltener (in etwa 10 % der Fälle) kommt es an der Halswirbelsäule (HWS) zu einem Bandscheibenvorfall (zervikaler Bandscheibenvorfall, Bandscheibenvorfall der HWS). Die Beschwerden, die ein Bandscheibenvorfall auslöst, hängen davon ab, wo er auftritt, wie groß er ist und ob nur sensible oder auch motorische Nervenwurzeln beteiligt sind.
Drückt der Bandscheibenvorfall auf sensible Nervenwurzeln, die im Bereich der Lendenwirbelsäule in das Rückenmark hineinziehen, löst dies primär Schmerzen aus. Diese werden oft als andauernd, stechend und sich bei Bewegung verstärkend beschrieben. Am bekanntesten ist hier der „Ischiasschmerz“, der über das Gesäß bis ins Bein ausstrahlen kann und im Volksmund oft als „Hexenschuss“ bezeichnet wird. Im Bereich der Halswirbelsäule treten bei einem Bandscheibenvorfall Nackenschmerzen auf, die in den Arm ausstrahlen können. Werden auch motorische Fasern komprimiert, finden sich unter anderem Lähmungserscheinungen.
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