Neuroanatomie. Markus Kipp. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Markus Kipp
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783868675207
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beherbergt das Rückenmark somit 31–32 Spinalnervenpaare:

      •8 zervikale Spinalnervenpaare aus dem Halsmark (lat. cervix – „Hals“)

      •12 thorakale Nervenpaare aus dem Brustmark (griech. θώραξ – „Rumpf, Brustraum“)

      •5 Lumbalnervenpaare aus dem Lendenmark (lat. lumbus – „Lende“)

      •5 Sakralnervenpaare aus dem Kreuzbeinmark (lat. Os sacrum – „Kreuzbein“) und

      •1–2 Kokzygealnervenpaare aus dem Steißbeinmark (lat. Os coccygis – „Steißbein“).

      Den Ursprungsort jeder Vorder- und Hinterwurzel, die sich dann auf Höhe der Foramina intervertebralia zum Spinalnerv vereinigen, nennt man entsprechend Rückenmarksegment. Das Rückenmark besteht demnach aus acht zervikalen, zwölf thorakalen, fünf lumbalen, fünf sakralen, und ein bis zwei kokzygealen Rückenmarksegmenten. Es soll darauf hingewiesen werden, dass die einzelnen Rückenmarksegmente ohne anatomische Grenze ineinander übergehen, die Einteilung ist eine rein topographisch-funktionelle.

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      Die Wirbelsäule besteht aus sieben Halswirbeln (C1–7), zwölf Brustwirbeln (Th1–12), fünf Lendenwirbeln (L1–5), dem Kreuz- und dem Steißbein (in der Abbildung rosa beschriftet).

      Das Rückenmark beginnt auf Höhe des Foramen magnum als kaudale Fortsetzung der Medulla oblongata. Die Spinalnervenpaare werden nach ihrem zugehörigen (dem jeweils über ihnen liegendem) Wirbel benannt (in der Abbildung gelb beschriftet). Eine Ausnahme bildet die HWS: Hier tritt der Spinalnerv

      C1 oberhalb des ersten Halswirbels aus. Es ergeben sich also acht zervikale Spinalnervenpaare (C1–8) bei sieben Halswirbeln. Demnach wird im Bereich der HWS ein Spinalnerv nach dem Wirbelkörper benannt, der sich unter ihm befindet.

      Das Rückenmark endet als Conus medullaris (Pfeil) auf Höhe der Wirbel L1/L2. Unterhalb befindet sich im Sack der Dura mater die Cauda equina.

      Unterhalb des Conus medullaris kann gefahrlos eine Nadel zur Abnahme von Liquor in den spinalen Subarachnoidalraum (Liquorraum) eingeführt werden.

      Der Durasack ist kranial am Foramen magnum, kaudal am Os coccygis befestigt.

      Zur Wiederholung: Bei einem pseudounipolaren Neuron handelt es sich um eine Nervenzelle mit zwei Fortsätzen. Der eine ist in die Peripherie gerichtet, der andere in Richtung des Zentralnervensystems. Beide Fortsätze sind in der Nähe ihres Zellkörpers (Soma) zu einem gemeinsamen Nervenzellfortsatz verschmolzen (vgl. Abb. 1.7).

      Vergleicht man den knöchernen Wirbelkanal und das Rückenmark in seiner kranio-kaudalen Ausbreitung, fällt auf, dass es mit seinem Conus medullaris weiter oben als der knöcherne Wirbelkanal endet (Pfeil in Abb. 3.5). Denn während das postnatale Längenwachstum des Rückenmarks begrenzt ist, wächst vor allem der untere Teil des umgebenden Wirbelkanals beträchtlich. Bezogen auf den Wirbelkanal „steigt“ der Conus medullaris im ersten Lebensjahrzent quasi auf. Man spricht auch von einem Aszensus (Aufstieg) des Rückenmarks. Beim Kleinkind erreicht das Rückenmark das Ende des 3. Lumbalwirbels, beim erwachsenen Menschen den 1. oder 2. Lumbalwirbel.

      Ab Höhe des Conus medullaris ist der Wirbelkanal mit der Cauda equina (lat. cauda – „Schwanz, Schweif“ und equus – „Pferd“, also „Pferdeschweif“) ausgefüllt. Die Cauda equina ist eine Ansammlung intradural verlaufender Spinalnervenwurzeln am kaudalen Ende des Rückenmarks. Doch wie kommt sie zustande? Beim Fötus liegen die einzelnen Rückenmarksegmente auf gleicher Höhe wie die zugehörigen Spinalnervenpaare. Die Spinalnerven gehen zunächst also beinahe rechtwinklig vom Rückenmark ab und verlaufen somit weitestgehend horizontal auf „ihr“ Foramen intervertebrale zu. Die Cauda equina entsteht nun durch das oben beschriebene ungleiche Längenwachstum von Rückenmark und Wirbelsäule, während die einzelnen Spinalnervenpaare in ihrem jeweiligen Foramen intervertebrale bereits fixiert sind. Als Folge verlaufen die Spinalnervenwurzeln der unteren Rückenmarksegmente wie ein „Pferdeschweif“ vom unteren Ende des Rückenmarks zu „ihrem“ Foramen intervertebrale, wo sie dann aus der Wirbelsäule austreten. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass es sich bei der Cauda equina um Spinalwurzeln, und nicht um Spinalnerven handelt. Spinalnerven heißen sie erst nach ihrer Vereinigung im Foramen intervertebrale.

      Mithilfe der Lumbalpunktion wird dem Rückenmark eine Probe des Liquor cerebrospinalis, kurz Liquor, entnommen. Das geschieht über einen kleinen Einstich in den Rückenmarkskanal in Höhe der Lendenwirbelsäule. Der entnommene Liquor wird u. a. auf Farbe, Zellbestandteile als auch Zusammensetzung untersucht und kann so wichtige Hinweise auf Erkrankungen des Zentralnervensystems liefern. Bei der Lumbalpunktion handelt es sich vor allem in der Neurologie und Neurochirurgie um eine Routinemethode. Es besteht jedoch die Gefahr, das Gewebe des Rückenmarks bei der Punktion zu verletzen. Deswegen muss die Nadel unbedingt unterhalb des Conus medullaris in den Liquorraum eingeführt werden. Die dort verlaufenden Vorder- und Hinterwurzeln (Cauda equina) weichen der Nadel aus und werden in aller Regel nicht in Mitleidenschaft gezogen. Die relative Lage des Conus medullaris (Ende des Rückenmarks) bezogen auf die knöchernen Wirbelkörper ist somit klinisch für die Lumbalpunktion von herausragender Bedeutung und muss sich eingeprägt werden: Das Rückenmark endet auf Höhe der Wirbelkörper L1/L2!

      Auf die Rückenmarkshäute soll an dieser Stelle nur kurz eingegangen werden, denn ihr prinzipieller Aufbau wird in Kapitel 4 besprochen. Gehirn und Rückenmark sind nicht nur von Schädelknochen, Wirbelkanal und Liquor geschützt. Zusätzlich umgeben bindegewebsartige Häute (Meningen, von griech. μήνιγξ – „Haut“) das empfindliche Gewebe und nehmen somit zugleich eine Schutzfunktion ein. Als Verlängerung der Hirnhäute umschließen die Rückenmarkshäute das Rückenmark und die Spinalnervenwurzeln im Wirbelkanal. Wie bei der Hirnhaut lassen sich auch in den Rückenmarkshäuten drei Schichten ausmachen:

      •harte Rückenmarkshaut (Dura mater spinalis)

      •Spinnengewebshaut des Rückenmarks (Arachnoidea mater spinalis)

      •weiche Rückenmarkshaut (Pia mater spinalis)

      Die harte Rückenmarkshaut (Durasack) ist am Übergang von Gehirn zum Rückenmark (Hinterhauptloch, Foramen magnum) und an den Zwischenwirbelkörpern befestigt – sie erstreckt sich bis zum zweiten Kreuzbeinwirbel. Zwischen dem Knochen des Wirbelkanals und der Dura mater spinalis befindet sich ein mit Fettgewebe gefüllter Zwischenraum, der ein Netz an venösen Blutgefäßen enthält. Es handelt sich hierbei um den Epiduralraum, welcher im Bereich des Rückenmarks physiologisch ist (vgl. hierzu den pathologischen Epiduralraum um das Gehirn; Скачать книгу