Kelter Kriminial Report 1 – Kriminalroman. Nina P.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nina P.
Издательство: Bookwire
Серия: Kelter Kriminial Report
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740962777
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zeigte ihm ein Foto von Claas, das er ausgiebig betrachtete.

      »Kann ich nicht sagen«, erwiderte er. »Da war so’n Typ, der kam ziemlich oft. Bestimmt zweimal die Woche!«

      »Könnte es denn der Mann vom Foto sein?«

      »Keine Ahnung! Ich sehe nicht mehr so gut. Und der Kerl hatte im-

      mer `ne Sonnenbrille auf!«

      »Wenn Sie es müssten«, sagte ich eindringlich, »würden Sie eher Ja oder Nein sagen?«

      »Nein.«

      *

      Dann tauchte eine Zeugin auf. Eine ehemalige Mitschülerin sagte aus, dass Claas und Lucy schon damals ein Verhältnis gehabt hatten. Sie war dabei über jeden Zweifel erhaben, hatte Lucy seit Jah-ren nicht mehr gesehen und war Presssprecherin eines großen Kon-zerns. Schwer vorstellbar, warum sie für Lucy lügen sollte.

      Ich konfrontierte Seefeldt mit ihrer Aussage. Der fiel sichtlich in sich zusammen.

      »Keine Ahnung!«, sagte er. »Wie kann man nur so lügen?« Er starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Angst lag darin. Panik.

      »Die Frau hat an sich keinen Grund zu lügen!«, sagte ich.

      »Ich hab sie mal abblitzen lassen«, sagte Claas. »Ich glaub, das hat sie mir nie verziehen:«

      »Sie wollen mir im Ernst erzählen, dass diese Frau seit Jahren Rache-gefühle gegen Sie hegt und diese jetzt auslebt, nur weil Sie sie haben abblitzen lassen?«

      »Es war nicht vor Jahren: Es war im Sommer. Ich hab sie auf einer Messe getroffen:«

      Jetzt vergrub ich die Hände im Gesicht. Was für ein Fall! Wo nur war mein Instinkt geblieben? Das sichere Gespür, das mir in der Vergangenheit stets gesagt hatte, wer die Wahrheit und wer die Unwahrheit sprach. Warum ging es mir gerade jetzt verloren, wenn ich es am meisten benötigte? Irgendjemand in dieser verdammten Geschichte spielte falsch! Wer war es?

      »Bitte!«, sagte Claas. »Sie müssen mir glauben! Ich bin kein Verge-waltiger! Ich schwöre es!«

      Wieder diese aufgerissenen Augen mit der nackten Angst darin. Es wirkte eindeutig wie die Panik vor einer ungerechtfertigten Anklage, nicht vor einer Entlarvung.

      »Bitte!«, flehte er erneut. »Bitte tun Sie alles!« Er klammerte sich an meine Hände.

      *

      Ich stellte ein paar Nachforschungen an und erfuhr, dass Claas von Seefeldt und die neue Zeugin sich tatsächlich auf einer Messe im August getroffen hatten. Das hatten etliche Personen gesehen. Was näher zwischen ihnen vorgefallen war, wusste natürlich niemand. Clarissa Meißner – so hieß die Frau – betonte, sie sei es gewesen, die ihn abgewiesen habe.

      Auch im Schlaf hörten meine Ge-

      danken nicht auf, um all das zu kreisen. Allerdings nahmen sie diese Nacht ein deutlich anderes Gesicht an. Weiche Lippen auf meinem Hals, sanfte Hände auf meinem Bauch, geflüsterte Zärt-lichkeiten in meinem Ohr.

      Nein! sagte ich energisch zu mir. Das darf dir nicht passieren! Wenn du einmal einen freien Kopf gebrauchst, dann jetzt!

      Es war jedoch schwierig, nicht im-

      mer wieder an die süßen Träume der Nacht zu denken. Ich brauchte nur kurz in meiner Konzentration nachzulassen, dann schlichen sie sich ein. Als spürten sie meine plötzliche Schwäche.

      »Wie läuft es denn?«, fragte mein Vater.

      »Wenn ich das wüsste«, seufzte ich.

      »Zähl die Punkte auf! Was spricht für ihn?«

      »Er streitet es ziemlich überzeugend ab.«

      »Weiter!«

      »Er war nicht bereit, ein Schweige-geld zu zahlen!«

      »Weiter!«

      »Niemand hat ihn je in der Nähe von Lucy Bartek gesehen!«

      »Weiter!«

      »Eine Zeugin, die sich im Nach-hinein gemeldet hat, scheint Rache-gefühle zu hegen. Genau wie er es gesagt hat!«

      »Und das angebliche Opfer?«

      »Ist eine geldgierige Nutte!«

      »Was spricht gegen ihn?«

      Ich überlegte.

      »Eigentlich nichts!«

      »Na, also!«, sagte mein Vater.

      Irgendwie befreit atmete ich aus. War es so einfach? Einmal Fakten ordnen, und schon kam die Klarheit? Ich wollte es gern glauben, aber irgendwie blieb ein Zweifel. Ich konnte ihn nicht beiseite schieben, aber ich spürte auch, dass der Zweifel mehr und mehr verblasste.

      Nachts träumte ich erneut von ihm. Es war wunderschön, doch abermals schob ich es energisch von mir. Ich durfte mich nicht verlieben!

      *

      Und dann tauchte doch noch jemand auf, der Claas eindeutig im Haus von Lucy gesehen hatte. Und diesmal gab es keine Verbindung unter den Beteiligten.

      Im Polizeiverhör brach Claas zu-

      sammen und gestand, eine Beziehung mit Lucy gehabt zu haben.

      »Wie konnten Sie mir das verschweigen?«, blaffte ich ihn erzürnt an. »Ist Ihnen nicht klar, wie tief Sie jetzt drinstecken?«

      Er weinte. Nicht laut und jammernd, aber leise in seine Hände. Seine Schultern zuckten.

      »Ich hatte solche Angst!«, stammelte er. »Es hätte mir doch niemand geglaubt, wenn ich zugegeben hätte, dass wir uns kennen!«

      »Sie waren ihr Kunde?«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Nein. Wir hatten ein Verhältnis!«

      Ich schnaubte.

      »Ich habe ihr Geld gegeben!«, gab er dann zu. »Aber es war keine Be-

      zahlung. Es war … ich weiß auch nicht … von irgendetwas musste sie ja leben!«

      Ich konnte es nicht fassen. Die ganze Zeit über hatte er mich eiskalt angelogen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und nicht nur das! Er hatte fantastisch gelogen. So überzeugend, dass ich ihm geglaubt hatte. Wie hatte ich nur derart dämlich sein können! Am liebsten hätte ich mich geohrfeigt. Doch ich war nicht nur wütend. Tief in mir breitete sich eine grenzenlose Traurigkeit aus. Mein Hals schnürte sich zu.

      »Sie verachten mich sicher dafür«, sagte Claas. »Und ich verstehe das.Auch ich kann mir nicht mehr wirklich in die Augen schauen. Aber ich… Ich hatte nie Zeit für eine Freundin… Und ich habe mich auch nie verliebt … Und Lucy … Für sie war es in Ordnung, wenn ich nur gelegentlich vorbei sah. Sie forderte nichts. Nur Geld – ab und an. Es war … es war alles so unproblematisch mit ihr. Und ich bin nur ein Mann! Manchmal brauche ich …«

      »Sex«, beendete ich sein Gestammel.

      »Ja«, sagte er leise.

      Schweigen breitete sich aus. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Sämtliches Vertrauen war zerstört. Auf immer.

      »Dann wollte sie plötzlich immer mehr Geld«, sagte er tonlos. »Irgend-wie wurde sie mir langsam unsympathisch. Ich wollte es beenden. Und dann flippte sie aus. Sie erpresste mich. Sie sagte, sie würde sich selbst verletzen und behaupten, ich sei das gewesen …« Er brach ab.

      Und gleich sagst du mir, wie anziehend du mich findest, und dass du auf dem Wege bist, dich in mich zu verlieben, nur damit ich dir wieder glaube, dachte ich zutiefst deprimiert. So wie du es unterschwellig schon die ganze Zweit tust, damit ich mich für dich einsetze.

      Doch er sagte nichts dergleichen.

      »Tut mir leid«, flüsterte er.

      »Ich muss die Lage neu bedenken.« Damit ging ich.

      *

      Klingt