In meine Sehnsucht tropft seine Stimme, dunkel und ein wenig heiser. »Schließ die Augen.«
Doch ich gehorche nicht, sehe ihn unverwandt an.
Henri hat die Krawatte abgelegt und kleine Schweißtropfen perlen auf seiner Stirn. Eine Hand hält er hinter dem Rücken und die Spitze einer Reitgerte lugt hinter seinem Oberschenkel hervor.
Im Zimmer ist es drückend warm. Kein Lüftchen schleicht sich durch die offene Balkontür, kein Hauch streicht über unsere Körper.
Langsam knöpft er mit der anderen Hand sein Hemd auf. Noch einmal sagt er: »Schließ die Augen.« Und danach murmelt er es auf Französisch: »Fermez les yeux.«
Doch etwas in seiner Stimme lässt mich aufhorchen. Ein scharfer Unterton, der mir Schauer der Erregung über den Rücken treibt. Ich folge jetzt seiner Anweisung und spüre wenig später seinen Atem auf meinem Hals, sein Gesicht dicht an meinem.
»Steh auf.«
Seine Stimme ist direkt an meinem Ohr. Ich bleibe sitzen. Überraschend fest greift er meinen Arm, zieht mich hoch und packt mich an den Schultern, um mich umzudrehen. Nach einem sanften Stoß lande ich bäuchlings auf dem Bett.
Wieder ist sein Atem ganz dicht, diesmal in meinem Nacken, als er sich über meinen Rücken beugt.
»Die zerbrochene Tasse war sehr wertvoll«, raunt er in mein Haar.
Nur noch stoßweise geht mein Atem und ich erwarte den Schmerz ängstlich. Zugleich ist er das, was ich diesem Augenblick am meisten ersehne.
»Vertrau mir, ma chère.«
Mir entfährt ein Seufzen. »Ja«, flüstere ich, »oh, ja!«
Ich höre, dass die Reitgerte die Luft teilt, in ihr flirrt, bevor sie sich auf meine Haut senkt, sich in mein Fleisch gräbt. Seltsamerweise ist es Erlösung, die ich lange vor dem Schmerz fühle. Für einen Moment stockt mein Atem, dann ziehe ich die Luft hastig ein.
»Die Tasse war wertvoll«, presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Allerdings.«
Noch ein Schlag. Diesmal bin ich gefasster und kann mich ganz der auf ihn folgenden Erleichterung hingeben. Henris Lippen auf meinem Nacken, an meinem Haaransatz. Eine Liebkosung, die den Schmerz so versüßt. Seine Zunge an meinem Ohrläppchen bringt mich fast um den Verstand.
Sehr zart streicht er über die Stelle auf meiner Pobacke, die die Reitgerte für ihn vorbereitet hat. Seine Berührung ist so vorsichtig, dass sie seinem Flüstern gleicht. Ich presse meine Augenlider aufeinander und warte, aber er lässt sich Zeit. Diesmal höre ich nichts und er trifft die andere Pobacke.
Ich bin inzwischen ganz feucht, bis in die Zehenspitzen erregt und jeder Muskel meines Körpers ist angespannt.
»Dreh dich um.«
Als ich die Augen aufschlage, steht er nackt vor mir. Sein Schwanz ist göttlich, steil aufgerichtet und er hat nichts von der jungenhaften Unentschlossenheit, die Marc immer mit einem hilflosen Grinsen und einer Hand zu verbergen suchte.
Henri ist ein Mann und es macht mir Spaß, mit seiner Rolle – als Herr meiner Lust – zu spielen.
Provokant greife ich mir zwischen die Beine, fahre über meine Schamlippen und gerade, bevor ich lächelnd mit einem Finger in mich eindringen will, schlägt er mir auf den Handrücken.
Nicht zu stark, nicht zu schwach, so, wie ich es mag, denke ich und erschrecke darüber. Bisher wusste ich gar nicht, dass ich es überhaupt mag.
»Non!«, sagt Henri entschieden und beugt sich über meinen Bauch, versenkt seine Zungenspitze in meinem Bauchnabel und gibt mir damit eine Ahnung von dem, was er in meinem Innersten anrichten kann. Gleichzeitig greift er mit beiden Händen nach meinen Handgelenken und hält sie fest. Auch dann noch, als er mit der Zunge über meinen Venushügel wandert, über meine Schamlippen leckt. Ich versuche, mich aus seiner beharrlichen Umklammerung zu entwinden, aber sein Griff ist unerbittlich und es liegt eine Sicherheit darin, die mich über die Erregung hinweg beruhigt. Ich kann mich ganz hingeben, mit jeder Faser meines Seins sein Lecken auskosten, seine Zunge auf meiner Perle. Er umkreist sie sanft, bläst heißen Atem über meine empfindlichste Stelle. Mein Haar ist schweißnass und ich kann nur noch seufzend Luft holen. Es könnte ewig so weitergehen, ich könnte vergehen in der Lust und gleichzeitig wünsche ich mir nichts mehr, als dass er mich nimmt, mich ausfüllt, mich, und nur mich, zur Befriedigung seiner Lust benutzt.
Und als hätte er meinen Gedanken erahnt, fährt er mit der Zunge über meinen Bauch, versenkt den Kopf zwischen meinen Brüsten und dringt sehr langsam in mich ein, nur, um sich gleich wieder zurückzuziehen.
Unter seinem Griff kann ich mich nicht bewegen. Fest presst er mich auf das Laken. Wieder stößt er zu, gleitet ganz aus mir heraus, sein Gesicht mittlerweile lächelnd über meinem. Seine Stöße sind in ihrer kurzen Heftigkeit mehr süße Qual, als ich ertragen kann.
Er weiß ganz genau, wann ich kurz davor bin, zu kommen und verharrt dann bewegungslos, ein amüsiertes Grinsen in seinen Augen.
Gierig presst er schließlich seinen Mund auf meinen und lässt seine Zunge wandern und spielen. Als ich seinen Schwanz endlich wieder in mir aufnehmen kann, bin ich schweißgebadet. Noch zwei, drei Stöße, dann schwappt eine turmhohe Welle der Lust über mich und begräbt jedes Wort, das ich denken könnte.
Henri kommt nach mir. Ich fühle das Zittern seiner Arme bis in meine Fingerspitzen. Er wirft den Kopf in den Nacken und bäumt sich auf, bevor er sich erschöpft auf die Seite rollt und neben mir liegen bleibt.
Draußen beginnt es in der Ferne zu grollen. Diesmal ist unser Schweigen totales Einvernehmen. Nichts ist gesagt und doch braucht es keine Worte. Zwei Blitze kurz nacheinander erhellen das Zimmer und der Wind rauscht in den Pinien vor dem Haus.
Irgendwann schlafe ich ein.
Kapitel 19
Als ich erwache, ist es kühler. Der Mond wirft einen schmalen Streifen weißes Licht auf Henri, der nackt neben mir liegt und mich ansieht. Sehr bedächtig hebt er seinen Finger und streicht mir eine Locke aus der Stirn.
»Dich sollte man jetzt malen«, sagt er leise.
Ich muss lächeln.
»Du hast das Gewitter verschlafen«, fährt er fort, »einfach verschlafen. Morgen ist ein guter Tag für das Meer.«
»Das Meer?«, wiederhole ich verständnislos.
»Du und ich auf meiner Yacht.«
Ein kleiner Seufzer entfährt mir. »Ich muss malen.«
Henri lacht laut auf und erhebt sich. »Schlaf. Morgen früh stechen wir in See.«
Es ist kein Befehl, aber eine so bestimmte Empfehlung, dass ich murmele: »Aye, aye«, bevor mir die Augen zufallen und ich spüre, dass er mich vorsichtig mit einem dünnen Laken bedeckt.
Kapitel 20
Das Telefon weckt mich, als der nächste Tag gerade beginnt. Es klingelt beharrlich in meinen Traum, den ich sofort vergesse, als ich die Augen öffne.
»Helena!« Tonys Stimme, ich erkenne sie sofort. So wie er meinen Namen sagt, »He. Le. Na.«, als wären es drei Worte und nicht ein Name. Außerdem gibt es auch sonst niemanden, der diese Nummer hat.
»Helena!« Noch einmal.
Ich brumme als Antwort in den Hörer und reibe mir mit der freien Hand über die Augen. »Wie spät ist es?«, frage ich und blinzele in die Morgensonne, die durch die Kronen der Pinien kleine Kringel und Kreise auf die weißen Kissen malt.
»Halb sieben. Ich ...«
»Was?«, unterbreche ich ihn überrascht. »So früh?«
»Hör mal! Ich hab schon mindestens