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in der letzten Zeit am besten. – Wissen Sie, was uns gestern passirt ist, als wir auf der Promenade von Longchamps spazieren fuhren?

      Marquis. Ach bitte, meine liebe Séverine, wozu . . . .

      Séverine. Da ist ein Kerl auf's Trittbrett unserer Equipage gesprungen und hat geschrieen: Nächstes Jahr werden Sie hinter Ihrem Kutscher stehen und wir werden in der Equipage sitzen.

      François. Ah, das ist etwas stark.

      Marquis. Ach Gott, ich finde, man sollte von diesen Dingen gar nicht reden. Paris hat jetzt etwas Fieber, das wird schon wieder vergehen.

      Guillaume plötzlich. Ich sehe Flammen, Flammen, überall, wo ich hinschaue, rothe, hohe Flammen.

      Wirth zu ihm hin. Du spielst einen Wahnsinnigen, nicht einen Verbrecher.

      Séverine. Er sieht Flammen?

      François. Das ist alles noch nicht das Richtige, Marquise.

      Albin zu Rollin. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wirr ich schon von dem allen bin.

      Michette kommt zum Marquis. Ich hab' Dich ja noch gar nicht begrüßt, mein süßes altes Schwein.

      Marquis verlegen. Sie scherzt, liebe Séverine.

      Séverine. Das kann ich nicht finden. Sag' einmal, Kleine, wie viel Liebschaften hast Du schon gehabt?

      Marquis zu François. Es ist bewunderungswürdig, wie sich die Marquise, meine Gemahlin, gleich in jede Situation zu finden weiß.

      Rollin. Ja, es ist bewunderungswürdig.

      Michette. Hast Du Deine gezählt?

      Séverine. Als ich noch so jung war wie Du . . . . gewiß.

      Albin zu Rollin. Sagen Sie mir, Herr Rollin, spielt die Marquise oder ist sie wirklich so – ich kenne mich absolut nicht aus.

      Rollin. Sein . . . . spielen . . . . kennen Sie den Unterschied so genau, Chevalier?

      Albin. Immerhin.

      Rollin. Ich nicht. Und was ich hier so eigenthümlich finde, ist, daß alle scheinbaren Unterschiede sozusagen aufgehoben sind. Wirklichkeit geht in Spiel über – Spiel in Wirklichkeit. Sehen Sie doch einmal die Marquise an. Wie sie mit diesen Geschöpfen plaudert, als wären sie ihresgleichen. Dabei ist sie . . . . . .

      Albin. Etwas ganz Anderes.

      Rollin. Ich danke Ihnen, Chevalier.

      Wirth zu Grain. Also, wie war das?

      Grain. Was?

      Wirth. Die Geschichte mit der Tante, wegen der Du zwei Jahre im Gefängnis gesessen bist?

      Grain. Ich sagte Ihnen ja, ich habe sie erdrosselt.

      François. Der ist schwach. Das ist ein Dilettant. Ich hab' ihn noch nie gesehen.

      Georgette kommt rasch, wie eine Dirne niedrigsten Ranges gekleidet. Guten Abend, Kinder! Ist mein Balthasar noch nicht da?

      Scaevola. Georgette! Setz' Dich zu mir! Dein Balthasar kommt noch immer zurecht.

      Georgette. Wenn er in zehn Minuten nicht da ist, kommt er nicht mehr zurecht – da kommt er überhaupt nicht wieder.

      François. Marquise, auf die passen Sie auf. Die ist in Wirklichkeit die Frau von diesem Balthasar, von dem sie eben spricht und der sehr bald kommen wird. – Sie stellt eine ganz gemeine Straßendirne dar, Balthasar ihren Zuhälter. Dabei ist es die treueste Frau, die man überhaupt in Paris finden kann.

      Balthasar kommt.

      Georgette. Mein Balthasar! Sie läuft ihm entgegen, umarmt ihn. Da bist Du ja!

      Balthasar. Es ist alles in Ordnung. Stille ringsum. Es war nicht der Mühe werth. Es hat mir beinah leid um ihn gethan. Du solltest Dir Deine Leute besser ansehn, Georgette – ich bin es satt, hoffnungsvolle Jünglinge wegen ein paar Francs umzubringen.

      François. Famos . . . .

      Albin. Wie? –

      François. Er pointirt so gut.

      Der Kommissär kommt, verkleidet, setzt sich an einen Tisch.

      Wirth zu ihm. Sie kommen in einem guten Moment, Herr Commissär. Das ist einer meiner vorzüglichsten Darsteller.

      Balthasar. Man sollte sich überhaupt einen anderen Verdienst suchen. Meiner Seel', ich bin nicht feig, aber das Brot ist sauer verdient.

      Scaevola. Das will ich glauben.

      Georgette. Was hast Du nur heute?

      Balthasar. Ich will's Dir sagen, Georgette; – ich finde, Du bist ein bißchen zu zärtlich mit den jungen Herren.

      Georgette. Seht, was er für ein Kind ist. Sei doch vernünftig, Balthasar! Ich muß ja zärtlich sein, um ihnen Vertrauen einzuflößen.

      Rollin. Was sie da sagt, ist geradezu tief.

      Balthasar. Wenn ich einmal glauben müßte, daß Du etwas empfindest, wenn Dich ein Anderer . . .

      Georgette. Was sagt Ihr dazu! Die dumme Eifersucht wird ihn noch in's Grab bringen.

      Balthasar. Ich hab' heut einen Seufzer gehört, Georgette, und das war in einem Augenblick, wo sein Vertrauen bereits groß genug war!

      Georgette. Man kann nicht so plötzlich aufhören, die Verliebte zu spielen.

      Balthasar. Nimm Dich in Acht, Georgette, die Seine ist tief. Wild. Wenn Du mich betrügst. –

      Georgette. Nie, nie!

      Albin. Das versteh' ich absolut nicht.

      Séverine. Rollin, das ist die richtige Auffassung!

      Rollin. Sie finden?

      Marquis zu Séverine. Wir können noch immer gehen, Séverine.

      Séverine. Warum? Ich fang' an, mich sehr wohl zu fühlen.

      Georgette. Mein Balthasar, ich bete Dich an. – Umarmung.

      François. Bravo! bravo! –

      Balthasar. Was ist das für ein Cretin?

      Commissär. Das ist unbedingt zu stark – das ist –

      Maurice und Etienne treten auf; sie sind wie junge Adelige gekleidet, doch merkt man, daß sie nur in verschlissenen Theatercostümen stecken.

      Vom Tisch der Schauspieler. Wer sind die?

      Scaevola. Der Teufel soll mich holen, wenn das nicht Maurice und Etienne sind.

      Georgette. Freilich sind sie's.

      Balthasar. Georgette!

      Séverine. Gott, sind das bildhübsche junge Leute!

      Rollin. Es ist peinlich, Séverine, daß Sie jedes hübsche Gesicht so heftig anregt.

      Séverine. Wozu bin ich denn hergekommen?

      Rollin. So sagen Sie nur wenigstens, daß Sie mich lieben.

      Séverine mit einem Blick. Sie haben ein kurzes Gedächtnis.

      Etienne. Nun, was glaubt Ihr, woher wir kommen?

      François. Hören Sie, zu Marquis, das sind ein paar witzige Jungen.

      Maurice. Von einer Hochzeit.

      Etienne. Da muß man sich ein wenig putzen. Sonst sind gleich diese verdammten Geheimpolizisten hinter Einem her.

      Scaevola. Habt Ihr wenigstens einen ordentlichen Fang gemacht?

      Wirth. Laßt sehen.

      Maurice aus seinem Wamms Uhren herausnehmend. Was giebst Du mir dafür?

      Wirth. Für die da? Einen Louis!

      Maurice. Freilich!

      Scaevola. Sie ist nicht mehr werth!

      Michette.