Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Артур Шницлер
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027209309
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junges Weib hat's immer leichter als wir.

      Henri wüthend. Laß das.

      Wirth. Was schreist Du denn immer so mit mir? Weil Du wieder einmal mit ihr beisammen bist?

      Henri. Schweig! – sie ist seit gestern meine Frau.

      Wirth. Deine . . .? Zu Léocadie. Macht er einen Spaß?

      Léocadie. Er hat mich wirklich geheirathet. Ja. –

      Wirth. So gratulir' ich. Na . . . Scaevola, Jules – Henri hat geheirathet.

      Scaevola kommt nach vorn. Meinen Glückwunsch zwinkert Léocadie zu.

      Jules drückt gleichfalls beiden die Hand.

      Grain zum Wirth. Ah, wie sonderbar – diese Frau hab ich geseh'n . . . ein paar Minuten, nachdem ich wieder frei war.

      Wirth. Wieso?

      Grain. Es war die erste schöne Frau, die ich nach zwei Jahren gesehen habe. Ich war sehr bewegt. Aber es war ein anderer Herr, mit dem – Spricht weiter mit dem Wirth.

      Henri in einem hochgestimmten Ton, wie begeistert, aber nicht deklamatorisch. Léocadie, meine Geliebte, mein Weib! . . . Nun ist alles vorbei, was einmal war. In einem solchen Augenblick löscht Vieles aus.

      Scaevola und Jules sind nach hinten gegangen, Wirth wieder vorn.

      Wirth. Was für ein Augenblick?

      Henri. Nun sind wir durch ein heiliges Sakrament vereinigt. Das ist mehr, als menschliche Schwüre sind. Jetzt ist Gott über uns, man darf alles vergessen, was vorher geschehen ist. Léocadie, eine neue Zeit bricht an. Léocadie, alles wird heilig, unsere Küsse, so wild sie sein mögen, sind von nun an heilig. Léocadie, meine Geliebte, mein Weib! . . . Er betrachtet sie mit einem glühenden Blick. Hat sie nicht einen anderen Blick, Prospère, als Du ihn früher an ihr kanntest? Ist ihre Stirn nicht rein? Was war, ist ausgelöscht. Nicht wahr, Léocadie?

      Léocadie. Gewiß, Henri.

      Henri. Und alles ist gut. Morgen verlassen wir Paris, Léocadie tritt heute zum letzten Male in der Porte St. Martin auf, und ich spiele heute das letzte Mal bei Dir.

      Wirth betroffen. Bist Du bei Trost, Henri? – Du willst mich verlassen? Und dem Direktor der Porte St. Martin wird's doch nicht einfallen, Léocadie ziehen zu lassen? Sie macht ja das Glück seines Hauses. Die jungen Herren strömen ja hin, wie man sagt.

      Henri. Schweig. Léocadie wird mit mir gehen. Sie wird mich nie verlassen. Sag' mir, daß Du mich nie verlassen wirst, Léocadie. Brutal. Sag's mir!

      Léocadie. Ich werde Dich nie verlassen!

      Henri. Thätest Du's, ich würde Dich . . . Pause. Ich habe dieses Leben satt. Ich will Ruhe, Ruhe will ich haben.

      Wirth. Aber was willst Du denn thun, Henri? Es ist ja lächerlich. Ich will Dir einen Vorschlag machen. Nimm Léocadie meinethalben von der Porte St. Martin fort – aber sie soll hier, bei mir bleiben. Ich engagiere sie. Es fehlt mir sowieso an talentirten Frauenspersonen.

      Henri. Mein Entschluß ist gefaßt, Prospère. Wir verlassen die Stadt. Wir gehen auf's Land hinaus.

      Wirth. Auf's Land? Wohin denn?

      Henri. Zu meinem alten Vater, der allein in unserem armen Dorf lebt, – den ich seit sieben Jahren nicht gesehen habe. Er hat kaum mehr gehofft, seinen verlorenen Sohn wiederzusehen. Er wird mich mit Freuden aufnehmen.

      Wirth. Was willst Du auf dem Lande thun? Auf dem Lande verhungert man. Da geht's den Leuten noch tausendmal schlechter als in der Stadt. Was willst Du denn dort machen? Du bist nicht der Mann dazu, die Felder zu bebauen. Bilde Dir das nicht ein.

      Henri. Es wird sich zeigen, daß ich auch dazu der Mann bin.

      Wirth. Es wächst bald kein Korn mehr in ganz Frankreich. Du gehst in's sichere Elend.

      Henri. In's Glück, Prospère. Nicht wahr, Léocadie? Wir haben oft davon geträumt. Ich sehne mich nach dem Frieden der weiten Ebene. Ja, Prospère, in meinen Träumen seh' ich mich mit ihr abends über die Felder gehn, in einer unendlichen Stille, den wunderbaren tröstlichen Himmel über uns. Ja, wir fliehen diese schreckliche und gefährliche Stadt, der große Friede wird über uns kommen. Nicht wahr, Léocadie, wir haben es oft geträumt.

      Léocadie. Ja, wir haben es oft geträumt.

      Wirth. Höre, Henri, Du solltest es Dir überlegen. Ich will Dir Deine Gage gerne erhöhen, und Léocadie will ich ebensoviel geben als Dir.

      Léocadie. Hörst Du, Henri?

      Wirth. Ich weiß wahrhaftig nicht, wer Dich hier ersetzen soll. Keiner von meinen Leuten hat so köstliche Einfälle als Du, keiner ist bei meinem Publikum so beliebt als Du . . . . Geh nicht fort!

      Henri. Das glaub' ich wohl, daß mich niemand ersetzen wird.

      Wirth. Bleib bei mir, Henri! Wirft Léocadie einen Blick zu, sie deutet an, daß sie's schon machen wird.

      Henri. Und ich verspreche Dir, der Abschied wird ihnen schwer werden – ihnen, nicht mir. Für heute – für mein letztes Auftreten hab' ich mir 'was zurechtgelegt, daß es sie alle schaudern wird . . . . . eine Ahnung von dem Ende ihrer Welt wird sie anwehen . . . . . denn das Ende ihrer Welt ist nahe. Ich aber werd' es nur mehr von fern erleben . . . . . man wird es uns draußen erzählen, Léocadie, viele Tage später, als es geschehen . . . . . Aber sie werden schaudern, sag' ich Dir. Und Du selbst wirst sagen: So gut hat Henri nie gespielt.

      Wirth. Was wirst Du spielen? Was? Weißt Du's, Léocadie?

      Léocadie. Ich weiß ja nie etwas.

      Henri. Ahnt denn irgend Einer, was für ein Künstler in mir steckt?

      Wirth. Gewiß ahnt man es, drum sag' ich ja, daß man sich mit einem solchen Talent nicht auf's Land vergräbt. Was für ein Unrecht an Dir! An der Kunst!

      Henri. Ich pfeife auf die Kunst. Ich will Ruhe. Du begreifst das nicht, Prospère, Du hast nie geliebt.

      Wirth. Oh! –

      Henri. Wie ich liebe. – Ich will mit ihr allein sein – das ist es . . . . . Léocadie, nur so können wir alles vergessen. Aber dann werden wir so glücklich sein, wie nie Menschen gewesen sind. Wir werden Kinder haben, Du wirst eine gute Mutter werden, Léocadie, und ein braves Weib. Alles, alles wird ausgelöscht sein.

      Große Pause.

      Léocadie. Es wird spät, Henri, ich muß in's Theater. Leb' wohl, Prospère, ich freue mich, endlich einmal Deine berühmte Bude gesehen zu haben, wo Henri solche Triumphe feiert.

      Wirth. Warum bist Du denn nie hergekommen?

      Léocadie. Henri hat's nicht haben wollen – na, weißt Du, wegen der jungen Leute, mit denen ich da sitzen müßte.

      Henri ist nach rückwärts gegangen. Gieb mir einen Schluck, Scaevola. Er trinkt.

      Wirth zu Léocadie, da ihn Henri nicht hört. Ein rechter Narr, der Henri – wenn Du nur immer mit ihnen gesessen wärst.

      Léocadie. Du, solche Bemerkungen verbitt' ich mir.

      Wirth. Ich rathe Dir, gieb Acht, Du blöde Canaille. Er wird Dich einmal umbringen.

      Léocadie. Was giebt's denn?

      Wirth. Schon gestern hat man Dich wieder mit einem Deiner Kerle gesehen.

      Léocadie. Das war kein Kerl, Du Dummkopf, das war . . . . .

      Henri wendet sich rasch. Was habt Ihr? Keine Späße, wenn's beliebt. Aus mit dem Flüstern. Es giebt keine Geheimnisse mehr. Sie ist meine Frau.

      Wirth. Was hast Du ihr denn zum Hochzeitsgeschenk gemacht?

      Léocadie. Ach Gott, an solche Dinge denkt er nicht.

      Henri. Nun, Du sollst es noch heute bekommen.

      Léocadie. Was denn?

      Scaevola. Jules. Was