Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Леопольд фон Захер-Мазох
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207350
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hatte, mit ihm zugleich blickte seine Nichte, die Gräfin Branizka, ihre schönen Arme auf seine Schultern gestützt, in dieselbe; hinter dem Tische stand ein türkisches Ruhebett, auf dem zwei Frauen von blendender Schönheit, zärtlich umschlungen, das Haar von Juwelen funkelnd, die langen offenen Roben von persischem, golddurchwirktem Stoffe mit kostbarem Pelzwerk besetzt, gleich Sultaninnen lagen. Ihnen zu Häupten stand im grünsamtenen Reitkleide eine junge Frau, hoch und üppig gewachsen, mit reichem blonden Haare und jenem Blick, der Tiere bändigt und Menschen unterwirft; sie neckte die beiden Schönen auf der Ottomane mit einer Reitgerte, welche sie in der Hand hielt, und so gab es ringsum Geschrei und Gekicher, bis der schmächtige magere Mann mit dem fahlen kränklichen Gesichte in einer verschossenen Uniform seines Regiments an den Tisch trat und seine Hand nachlässig auf denselben stützte. Sofort herrschte tiefe Stille.

      »Gut, daß Sie da sind, General,« rief Potemkin, ihm die Hand reichend. »Wir haben Krieg, wie Sie wissen, es gilt rasch vorzugehen, ich habe meinen Plan fertig, nun möchte ich aber ihre Meinung haben.«

      Suwarow warf einen Blick auf die schönen Frauen, welche ihn neugierig musterten, er kannte die Gräfin Branizka und die beiden Favoritinnen Potemkin’s auf der Ottomane, von denen die eine, mit dem blauschwarzen Haare und dem edlen Antlitz einer Aspasia, eine Griechin Zeneide Kolokotonis, die zweite mit dem reizenden Stumpfnäschen eine Tochter des durch seine schönen Frauen berühmten Hauses Potozki war. Die Amazone im grünen Samtkleide kannte er nicht, aber sie schien Eindruck auf ihn zu machen, denn sein Auge weilte um Vieles länger bei ihr als sonst bei irgend einer Frau.

      »Ich habe wohl bereits über diesen Feldzug nachgedacht,« erwiderte Suwarow mit jener Trockenheit, welche bei ihm so charakteristisch war, »aber hier wäre es wohl nicht am Platze, davon zu sprechen. Pläne müssen, so lange sie nicht durch Thaten an das Tageslicht treten, geheim bleiben, und Frauen plaudern.«

      »Sie hören, meine Damen,« rief Potemkin lachend, »der General ist so unempfindlich gegen Ihre Reize, daß er durchaus nicht böse sein wird, wenn Sie uns allein lassen.«

      Halb träge, halb unwillig erhoben sich die beiden Sultaninnen, die Gräfin Branizka folgte lachend ihrem Beispiel, nur die Frau mit dem gebieterischen Auge blieb.

      »Mich trifft Ihr Verdikt wohl nicht, General?« sagte sie ruhig.

      »Und weshalb nicht?« fragte Suwarow ebenso.

      »Weil ich zur Armee gehöre.«

      »Sie? Wie das?«

      »Die Gräfin Iwan Soltikoff kommandiert das Regiment Simbirsk,« fiel Potemkin ein.

      »Im Frieden wohl, wo das Soldatenspielen ein Zeitvertreib ist gleich einem Ball oder einer Amour,« sagte Suwarow, die Brauen zusammenziehend, »aber die Türken werden nicht blind laden wie die Garden bei den Manövern in Petersburg.«

      »Sie lieben uns Frauen nicht, General,« rief die Soltikoff, »ich weiß es.«

      »Besonders dann nicht,« unterbrach sie Suwarow, »wenn sie statt des Kochlöffels den Degen führen.«

      »Sie gehören also auch zu jenen Helden, welche sich vor dem Weibe fürchten und demselben gern eine untergeordnete Stellung anweisen, weil sie fühlen, daß das Weib von der Natur zur Gebieterin des Mannes bestimmt ist,« entgegnete die schöne Amazone. »So lange indes eine Frau in Rußland auf dem Throne sitzt, müssen Sie es sich schon gefallen lassen, daß wir dieselben Rechte in Anspruch nehmen wie Sie und folglich auch das schönste derselben, das Recht, für das Vaterland zu kämpfen und zu sterben. Die Gunst der Zarin hat mir ein Regiment anvertraut, General, und ich hoffe, Ihnen im Kugelregen den Beweis zu liefern, daß ich dieser Gunst auch wert bin.«

      »Gegen die kommen Sie nicht auf, Sewarow,« rief Potemkin lächelnd, »machen wir Frieden mit ihr, sie soll an unserem Kriegsrate teilnehmen, schwatzen wird sie nicht, ich verbürge mich für sie.«

      »Zur Sache also,« sagte Suwarow, »ich denke, wir beginnen damit, Otschakoff zu belagern und es zu nehmen, ehe die türkische Armee heranrückt.«

      »Dies ist auch mein Plan,« erwiderte Potemkin.

      »Damit aber die Einschließung der Festung eine vollständige wird und die Belagerung nicht gestört werden kann,« fuhr Suwarow fort, »muß ein selbständiges Corps sofort über den Bug gehen und gegen jene türkischen Truppen, welche sich bei Troitzkoje sammeln, operieren.«

      »Und Sie wollen dieses Corps kommandieren?«

      »Ja.«

      »Gut, ich gebe Ihnen dieses Kommando,« sprach Potemkin, »aber Sie dürfen durchaus nichts wagen, sich vor Allem in keine Schlacht einlassen, da Sie überlegene Kräfte gegen sich haben werden.«

      »Wer sagt das?«

      »Meine Spione. Es ist die feindliche Hauptarmee, die sich dort konzentriert.«

      »Glaube nicht,« sagte Suwarow trocken.

      »Peter Ogrisch, mein bester Spion, hat den Großvezier im Lager gesehen, es ist also kein Zweifel.«

      »Wer sagt dem Peter Ogrisch, daß es wirklich der Großvezier war, den er gesehen?«

      »Er hat ihn reiten sehen in seinem Amtspelz von weißem Atlas mit schwarzem Zobel, dem Üscht-Türk, den, wie Sie wissen, kein anderer tragen darf als der Großvezier. Er hat auch die zwei brillantenen Reiherbüsche gesehen auf seinem Turban. Also nochmals Vorsicht und keine Schlacht.«

      »Ich werde morgen in aller Frühe abmarschieren,« sagte Suwarow.

      »Gregor Alexandrowitsch,« wendete sich jetzt die Gräfin Soltikoff rasch zu Potemkin, »gestatten Sie mir, mich mit meinem Regiment dem Corps des Generals Suwarow anzuschließen.«

      »Ich bitte Sie Excellenz,« fiel Suwarow ein, »mich mit allen Unterröcken zu verschonen.«

      »Warum, General?« entgegnete Potemkin, »lernen Sie doch galant sein gegen Damen.«

      »Gott beschütze mich, das werde ich nie lernen,« murmelte Suwarow.

      »Vielleicht doch, General,« lachte Potemkin, »wenn wir Ihnen einen so guten Lehrmeister mitgeben, wie die schöne, tapfere Gräfin hier.«

      »Ich darf also mit?« fragte sie erfreut.

      »Ja, Gräfin, aber vergessen Sie nicht, daß Sie dann unter dem Kommando Suwarow’s stehen,« antwortete der Taurier.

      »O! Ich werde mir alle Mühe geben,« rief sie lachend, »daß, er bald unter dem meinen steht.«

      Am nächsten Tage, im Morgengrauen, marschierte Suwarow mit seinem Corps aus dem Lager bei Cherson ab und rückte in Eilmärschen, indem er die Festung Otschakoff links liegen ließ, den Türken entgegen. Das Regiment Simbirsk, von der Gräfin Soltikoff befehligt, bildete mit einigen Sotnien Kosaken die Arrieregarde. Auf dem ganzen Marsche sah der General die schöne Amazone nicht. Als er durch Spione die Nachricht erhielt, daß die feindliche Armee bei Kinburn Stellung genommen und sich durch eine Rekognoszierung von der Richtigkeit dieser Meldung überzeugte, ging er direkt auf dieselbe los.

      Es war ein regnerischer Sommertag, trübe und wolkig, die Truppen lagerten auf dem durchnäßten Boden, während die Kosaken der Vorhut bereits Fühlung mit dem Feinde hatten und kleine Scharmützel mit den irregulären türkischen Reitern bestanden. Nach Sonnenuntergang versammelte Suwarow seinen Stab und seine Offiziere.

      »Ich werde morgen den Türken eine Schlacht liefern,« sagte er trocken. »Mit Sonnenaufgang hat ein Jeder bereit zu sein, gute Nacht, Kameraden.« Dann wendete er sich zu der Gräfin Soltikoff. »Noch ein Wort mit Ihnen, Madame!« Als sie allein waren, sprach er, die Hände auf dem Rücken, auf und abgehend: »Ich rate Ihnen nochmals, Gräfin, mich zu verlassen, ich bin kein Paradegeneral, es ist eine gefährliche Expedition, der Sie sich angeschlossen haben. Potemkin versteht nichts vom Kriege. Ich werde die Türken nicht beobachten, wie er meint, sondern angreifen und schlagen.«

      »General, vergeben Sie mir, wenn ich es wage, Sie an die Befehle, die Sie empfangen, und an die Taktik, welche vereinbart wurde, zu erinnern,« erwiderte die Gräfin, »ich thue