(Chr. Lehmann, Hist. Schauplatz, S. 944 und 945.)
Im Jahre 1670 den 30. September hat sich in einem Bergorte zugetragen, daß ein Mann seinen Sohn von 13 Jahren in Verrichtung über Feld ins nächste Dorf schickte. Als der Knabe wieder zurückgeht, begegnet ihm sein gewesener Pate, ein Hammerherr, der schon vor zwei Jahren gestorben war, in der Gestalt, wie er ihn hatte im Sarg angezogen gesehen, der sieht ihn an und spricht: »Siehe Pat, bist Du es? Steht mein Hammer noch? Ist er noch nicht weggebrannt?« Der Knabe erschrickt, schüttelt den Kopf und eilet nach Hause. Die Erscheinung aber ist bald vorn, bald hinter ihm, brummt etwas, was er nicht verstehen konnte und verändert sich dreimal in den Kleidern. Da der Knabe über das Dorf heraus kommt, fängt es an: »Ach, wie müde bin ich, ach, wenn mich jemand trüge! Pat, gehe in meinen Hammer, an dem Orte wirst Du Geld finden, Dir ist's beschert.« Und damit däuchte es dem Knaben, er sähe Geld vor sich liegen und schimmern. Als er seinem Städtlein nahe kam, und zuvor durch ein Gebüsch gehen mußte, da fing sich erst ein Alarm an, das ganze Büschlein war voll schwarzer Männer, die den Hammermeister umringten. Bald verwandelten sie sich in große rote Hirsche, daß der Knabe nicht wußte, wo aus oder ein; bald sah er einen Mann kommen, der hatte eine Rute in der Hand und drohte damit den Gespenstern und den Hirschen. Der Knabe lief aus Furcht und Zittern fort, die Hirsche verloren sich, aber das Hammergespenst begleitete ihn noch eines Stück Weges, und ehe es von ihm bergunter Abschied nahm, lehnte sich's noch einmal über den Knaben hinüber, und sahe ihn scharf unter die Augen, ging davon einen anderen Weg, bei sich murmelnd. Der Knabe kam heim, klagte es den Eltern und lag acht Tage krank.
Im Jahre 1658 starb im Gebirge ein Bergbeamter, welcher ein guter Kirchen- und Schulfreund, ein weltkluger, bergerfahrener Mann, ein geübter Sänger und Musikus, ehrbar im Gespräch, ohne Fluchen und Schelten und gutthätig gegen seine Arbeiter gewesen ist. Dennoch hat der Teufel nach seinem Tode einen gefährlichen Lärm angerichtet. Er ließ sich in des Verstorbenen Gestalt nicht nur auf dem Hammer, da er gewohnet, sondern auch in seinem Hause, meistens aber auf einer Schmelzhütte sehen, schlug Knechte und Mägde im Stall, seine Tochter über dem Nähen, daß sie acht Wochen krank gelegen, vexierte die Arbeiter, daß niemand bleiben wollte. Ein Jahr lang darauf war Ruhe und Friede bei ihm; aber da nach dieser Zeit ein Bauer ungefähr über eine unbekannte Waldhütte kommt, die Bretter losreißet und sie heimfahren und nun das letzte Brett abreißen will, drückte ihn der gespenstische Mann, daß er sterben mußte. Von da fing er sein Mordspiel wieder an und drückte erstlich Caspar Bibera, einen Kohlenmesser, auf dem Hofe tot. Die Nacht vor dem Christfest des Jahres 1659 schlägt er stark an's Thor, der Wächter meint, es sei eine nötige Post und macht auf; da präsentiert er sich in einem schwarzsamtnen Pelz und mit einem spanischen Rohr, drückt dem Wächter alle Glieder entzwei und begehet andere Thaten mehr, daß sich die Nachbarn vor diesem gespenstischen Gaste sehr gefürchtet haben.
71. Der unheimliche Hansmichel.
(E. Heger und J. Lienert, Ortskunde des Dorfes Schmiedeberg i. B. 1879. S. 60.)
Zuweilen kann man in und bei Schmiedeberg einen Umzug, ähnlich der wilden Jagd, beobachten. Von Norden, über die Schmiedstättheide, kommt nämlich hoch in den Lüften der unheimliche Hansmichel dahergebraust. In einem mit Ziegenböcken bespannten Wagen stürmt er beim Glaserbergel über den Ort und verschwindet im Walde. Während seiner rasenden Fahrt läßt er den Ruf »Hoho! Hoho!« erschallen, bethört dadurch die Wanderer in der Waldung und leitet sie auf falsche Wege. Früher hauste der unheimliche Hansmichel auch mit besonderer Vorliebe am sogenannten Hammerwege. Nach der Sage soll er Herr des ehemaligen Weiperter Spindlerhofes gewesen und irgend einer großen Ungerechtigkeit wegen zu dieser ruhelosen Luftfahrt verurteilt worden sein. Sonst bösartig hat sich der unheimliche Hansmichel nie gezeigt.
72. Der rote Hohensteiner.
(Heger und Lienert, Ortskunde von Schmiedeberg i. B., S. 61.)
Der hohe Stein ist ein nächst Neugeschrei bei Schmiedeberg hervorragender steiler Felsen, von dem man eine schöne Fernsicht gegen Westen und Norden, nach Sachsen in die Gegend von Dresden, Zwickau und Altenburg genießt. »Denkmal der Freundschaft« kann man auf seiner Plattform lesen; in die übrigen Wände sind aber auch andere merkwürdige Zeichen eingegraben. Auf diesem Felsen sieht man zu Zeiten und zwar alle 5 Jahre von 12 bis 1 Uhr mittags, ein Männlein mit langem roten Bart, in roter Kleidung sitzen. Das ist der Hohensteiner. Angesprochen hat ihn noch niemand; die ihn sahen, eilten entsetzt vorüber, denn er läßt ein zorniges Kreischen, wie von kämpfenden Katzen, ertönen. Der rote Hohensteiner harrt auf Erlösung, und die kann ihm nur von einem furchtlosen Mädchen werden, wenn ihn dasselbe recht mutig anspricht.
Der rote Hohensteiner erscheint hier als eine teuflische Gestalt. Der Teufel hieß auch der Rote, und mit Hinweis darauf sagte man: »Rote Lütli, Tüfelshüttli« und »Rotbart, Teufelsart!« »Wenn du numme rot wurdist« heißt: »Daß Dich der Teufel holte!« Der einen roten Bart tragende Gewittergott Donar wurde zum Teufel. (Rochholz, deutscher Brauch und Glaube. II. S. 224.)
73. Der gespenstische Freier auf Hartenstein.
(Gräße, Sagenschatz des K. Sachsen, No. 514.)
Auf dem Schlosse Hartenstein, dem Stammschlosse der Schönburge, fand sich einst jeden Tag ein Schattenritter ein. Man nannte ihn Vollmer den Geisterkönig. Er hatte, man weiß nicht wie, die Liebe der schönen Kunigunde von Schönburg, als sie noch Kind war, gewonnen, und dieselbe hatte erklärt, ihn und keinen anderen wolle sie ehelichen. So ritt er denn jeden Tag auf unsichtbarem Rosse in's Burgthor ein, zog ersteres, ohne daß jemand es sah, – nur hören konnte man seinen Tritt, – in den Stall und stieg dann selbst unsichtbar, und nur am Schall seines Trittes kenntlich, die Schloßtreppe hinan. Dort kam ihm seine Braut entgegen, der reichte er seine Hand, – das war der einzige fühlbare Teil seines Körpers, weich und glatt aber eiskalt – und nun sprachen und koseten sie zusammen wie zwei Liebende es thun. Dann schritten sie in den Speisesaal, wo ihrer schon der Bruder des Fräuleins harrte, und alle drei setzten sich zu Tische und aßen und tranken nach Herzenslust; die dem Schattenritter vorgelegten Speisen und der Wein in seinem Becher verschwanden, und doch sah niemand, wo es hinkam. Man hörte nur des Schattenbräutigams Stimme, und der Graf, dem früher vor seinem geisterhaften Schwager gegraut, faßte immer mehr Neigung zu ihm, denn er hatte an ihm einen steten treuen Berater und Warner bei bevorstehendem Unglück. Wenn das Mahl vorüber war, verließ der Graf die beiden Brautleute, und so saßen sie bis kurz vor ein Uhr; dann nahm der gespenstische Gast eilig Abschied, so trieb er es viele Jahre; da äußerte einmal das Fräulein, wie sie sich nach einem Kusse von seinem Munde sehne, und siehe, ihr geisterhafter Bräutigam antwortete: »Lebe wohl auf ewig; weil ich an Deine rein geistige Liebe glaubte, verließ ich mein himmlisches Reich, um bei Dir zu sein; jetzt wo Du an irdische Liebe denkst, ist mein Bleiben nicht mehr hier, Du siehst mich nie wieder!« Damit verschwand er und nie hat das Fräulein wieder seine Nähe empfunden.
74. Der gespenstische Mönch bei Grünhain.
(Christ. Lehmann, Histor. Schauplatz etc., S. 75.)
Fünfzig Jahre nach der Verwüstung des Grünhainer Klosters hat sich am Elterleiner Wege, wo, wie die Schlackenhaufen ausweisen, des Abts Hammer gestanden, ein Gespenst in Mönchsgestalt sehen lassen, welches die Vorübergehenden, sonderlich Trunkene und Jauchzende, übel bezahlte,