Erich Mühsam: Verse eines Kämpfers (151 Gedichte in einem Band). Erich Muhsam. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Erich Muhsam
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027205035
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      lad ich euch ein.

       Freude wird grau und schwach,

       bleibt sie allein.

      Weltschändung

       Inhaltsverzeichnis

      Juli 1916

      Vernichtet nur das eigene Geschlecht,

       zerstört, was je durch Menschenfleiß geworden!

       Doch welche Mächte gaben euch das Recht,

       des Wassers Glanz, der Blume Duft zu morden?

       5

      Wenn das Geschützrad Halm und Strauch zerbricht,

       seht ihr die Säfte nicht, die sterbend quillen?

       Ja, ängstigt euch der Steine Vorwurf nicht,

       auf die ihr tretet um des Bösen Willen?

       Wißt! jedes Etwas ist gleich euch beseelt,

       10

      und jedes Lüftchen hat von Gott sein Leben.

       Die Knospe, der ihr das Erblühen stehlt,

       verlangt’s von euch zurück. Könnt ihr es geben?

       Nicht für die Menschen ward der ewige Hauch,

       der göttliche, dem Weltall eingeblasen.

       15

      Ihr tötet die Natur. – Schafft ihr sie auch,

       dann lasst des Krieges Höllenfeuer rasen!

      An die Dichter

       Inhaltsverzeichnis

      August 1916

      Wir Dichter haben viel zu lang

       mit kleinem Schicksal uns gebrüstet.

       Wenn uns im Wald ein Vogel sang,

       wenn Sehnsucht unser Herz umschlang,

       5

      dem’s wohl nach einem Weib gelüstet, –

       dann hielt die Welt den Atem ein,

       zu lauschen unsern sanften Liedern,

       wärmt sich an unserm Sonnenschein

       und ließ die Mädchen herzlos sein,

       10

      die unsre Liebe nicht erwidern.

      Genug geschwärmt! Genug geträumt!

       Genug auf Weidenrohr geflötet!

       Steht euer Dichtroß nicht gebäumt,

       da rings das Blut in Meeren schäumt

       15

      und Brand die Horizonte rötet?

       Die Menschheit schluchzt in Tod und Gram. –

       Zerreißt der Lauten Saiten, Dichter,

       von denen nie ein Weckruf kam!

       Verhüllt in Reue und in Scham

       20

      vor Gott und Welt die Angesichter!

      Doch spürt ihr je die alte Glut

       von neuem, – laßt das zage Stöhnen!

       Kein Jammern macht Versäumtes gut.

       Ruft auf die Welt zum besten Mut,

       25

      zur Liebe ruft sie, zum Versöhnen!

       Schwört aller Menschheit euren Eid,

       der Menschheit, die ihr stets gemieden, –

       mit ihr zu sein in Not und Leid!

       Nicht Sternenwandler, – Menschen seid!

       30

      Und eure Lieder singt dem Frieden!

      Soldatenlied

       Inhaltsverzeichnis

      Oktober 1916

      Wir lernten in der Schlacht zu stehn

       bei Sturm und Höllenglut.

       Wir lernten in den Tod zu gehn,

       nicht achtend unser Blut.

       5

      Und wenn sich einst die Waffe kehrt

       auf die, die uns den Kampf gelehrt,

       sie werden uns nicht feige sehn.

       Ihr Unterricht war gut.

       Wir töten, wie man uns befahl,

       10

      mit Blei und Dynamit,

       für Vaterland und Kapital,

       für Kaiser und Profit.

       Doch wenn erfüllt die Tage sind,

       Dann stehn wir auf für Weib und Kind

       15

      und kämpfen, bis durch Durst und Qual

       die lichte Sonne sieht.

       Soldaten! Ruft’s von Front zu Front:

       Es ruhe das Gewehr!

       Wer für die Reichen bluten konnt’,

       20

      kann für die Seinen mehr.

       Ihr drüben! Auf zur gleichen Pflicht!

       Vergeßt den Freund im Feinde nicht!

       In Flammen ruft der Horizont

       nach Hause jedes Heer.

       25

      Lebt wohl, ihr Brüder! Unsre Hand,

       daß ferner Friede sei!

       Nie wieder reiß das Völkerband

       in rohem Krieg entzwei.

       Sieg allen in der Heimatschlacht!

       30

      Dann sinken Grenzen, stürzt die Macht,

       und alle Welt ist Vaterland

       und alle Welt ist frei!

      ... der für die Menschheit starb

       Inhaltsverzeichnis

      Dezember 1916

      Soll niemals denn der stille Stern

       des Friedens wieder leuchten,

       wo alle Menschen doch so gern

       das Dunstgewölk verscheuchten?

       5

      Soll immer denn der blutige Strom

       das Glück der Welt verheeren?

       Steht nirgendwo ein Gottesdom,

       der Todesflut zu wehren?

       Starb nicht dereinst am Kreuz ein Mann,