Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Kraft
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075836182
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      »Kommen noch mehr Haifische hierherein?«

      »O nein, der Joe duldet keinen anderen, er frißt seine eigenen Jungen auf, wenn die nicht bald machen, daß sie fortkommen. Deshalb haben wir ja auch keinen einzigen Fisch in der Bucht, und das ist sehr schade.«

      »Warum fangt Ihr ihn denn da nicht weg?«

      Ja, warum nicht? Warum hatte der Leuchtturmwärter denn nicht einmal ein Eisen in den Felsen geschlagen, an dem er sein Boot befestigen konnte, anstatt das Seil umständlich immer um einen großen Felsblock schlingen zu müssen?

      Der ehemalige Schulmeister hätte lieber an so etwas denken sollen, anstatt so stolz auf seine kleine Bibliothek zu sein.

      Eiligst kletterte Karlemann hinab, brachte aus dem Kabelgatt eine Drahtleine zum Vorschein, befestigte an dem Haken, der schon mehr einem kleinen Anker glich, ein großes Stück Salzspeck.

      Die Miniaturjacht war mit allem ausgerüstet, was zu einem Schiffe gehört, also auch mit einer Haifischangel. Denn zum Fangen eines Hais bedarf es einer ganz besonderen Vorrichtung, da genügt nicht ein einfaches Seil mit einem großen Angelhaken.

      Hat der Hai nämlich den Köder verschlungen, sitzt er fest am Haken, so beginnt er sich um sich selbst zu drehen, mit einer fabelhaften Geschwindigkeit, und es gibt kein Tau und keine Stahltrosse, die er auf diese Weise nicht in kürzester Zeit abgewürgt hätte, noch ehe man ihm eine tödliche Kugel beibringen kann.

      Die spezielle Haifischangel besitzt eine dementsprochende Vorrichtung. Es ist einfach ein Scharnier, das Seil, welches gar nicht aus Draht geflochten zu sein braucht, muß die Drehungen mitmachen können.

      Zaghaft blickten die kleinen Matrosen auf ihren Kapitän, wie dieser seine Vorbereitungen traf, zaghaft auf das Ungeheuer, mit dem jener den Kampf aufnehmen wollte.

      Es sah auch wirklich grauenhaft aus, besonders in dieser engen Umgebung, das furchtbare Ungeheuer, so lang wie das ganze Schiff, wie es sich auf den Rücken wälzte und den gräßlichen, mit dreieckigen Zähnen gespickten Rachen zeigte, der einen erwachsenen Menschen bequem aufnehmen konnte, und wenn es mit seinem Schwanze gegen die Planken schlug, was es mit Vorliebe tat, wie um seine Verachtung gegen dieses Schiffchen auszudrücken, so erbebte alles vom Kiel bis zur Mastspitze.

      »Kapitän, Sie wollen den Haifisch mit der Angel fangen?« fragte Gottfried, der Steuermann, schalkhaft.

      »Sicher.«

      »Er zieht uns mit hinab auf den Grund.«

      »Ach, Unsinn, sechzig Tonnen Tragkraft sind nicht so leicht hinunterzuziehen.«

      Wirklich, es war staunenswert, wie dieser Dorfjunge die Richtigkeit der Theorie nach erkannte; denn dem Augenschein nach schien es das hölzerne Schiffchen mit dem lebendigen Meerungeheuer gar nicht aufnehmen zu können.

      Die Vorbereitungen waren getroffen. Noch holte Karlemann aus der Kajüte eine gewaltige Donnerbüchse, die sich in seiner Hand wie eine langgezogene Kanone ausnahm.

      Daß man sonst des Haifisches nicht mit Kugeln habhaft werden kann, ist begreiflich. Beim ersten Schuß, selbst wenn dieser tödlich war, geht er auf Nimmerwiedersehen davon. Höchstens ein Explosivgeschoß brachte ihn gleich zur Strecke, aber dann könnte vom ganzen Hai nicht mehr viel übrig bleiben. Und eine Harpune würde bei seinen rasenden Umdrehungen ebenfalls gleich abbrechen.

      Erst wenn man ihn am Haken hat, kann man ihn erschießen oder harpunieren. Doch dann wird er noch lebendig an Deck geholt, die Matrosen kühlen an der verhaßten Hyäne des Meeres erst ihr Mütchen. Das konnte bei der kleinen Jacht natürlich nicht geschehen. Er mußte noch im Wasser getötet werden.

      Erst ein ermunternder Leckerbissen von zehn Pfund Gewicht, der in dem Rachen wie eine Pille verschwand, dann fiel der Köder mit dem Haken – schwubb, war auch der weg – und nun ging es los!!

      Zu beschreiben ist das nicht. Ein weißer Gischt, in dem der Hai wie eine lange Trommel herumwirbelte, das Vorderteil der Jacht, wo das Seil befestigt war, senkte sich tief hinab, und — es sollte alles ganz anders kommen.

      Plötzlich befand sich die Jacht in voller Fahrt. Der Leuchtturmwärter, der das Seil um den Felsblock geschlungen, hatte den Knoten nicht ordentlich geschürzt, dieser hatte sich durch die enorme Zugkraft gelöst.

      Und schon hatte die Jacht die Bucht durchquert, befand sich an der jenseitigen Felswand.

      Wie betäubt standen die fünf Jungen da. In ihren Ohren hörten sie schon das Krachen der zersplitternden Planken.

      Nur Karlemann verlor die Besinnung nicht. Im Nu hatte er die Donnerbüchse an die Wange gerissen, die Mündung auf den weißen Strudel gerichtet.

      Aber er schoß nicht. Dank seiner Kaltblütigkeit erkannte er die ganze Lage, die gar nicht so gefährlich war, wenn jetzt danach gehandelt wurde.

      Mit einem Satze stand er an der Bordwand.

      »An die Korkfänder!!« brüllte er. »Gottes Tod über euch, an die Korkfänder!!«

      Da kam auch in die Erstarrten wieder Leben. Sie sahen, daß sie die Bucht schon hinter sich hatten, sich bereits in der Wasserstraße befanden, durch die sie von dem als rückwärtsgehende Schiffsschraube wirkenden Hai geschleppt wurden.

      Ohne einige tüchtige Püffe gegen die Felswände war es freilich dabei nicht abgegangen. Ein Glück war es gewesen, daß die Korkfänder, das sind große Kugeln aus elastischem Kork, mit Stricken umsponnen, schon vorher ausgehangen hatten.

      Jetzt wurden sie von den Jungen bedient. Es wäre gar nicht mehr nötig gewesen. Der Hai hielt genau die Mitte der Fahrstraße ein, die Jacht folgte ihm willig nach, es konnte sogar schon gesteuert werden.

      Und dann hatte man die Wasserstraße mit allen Barren und Riffen hinter sich, es ging in die offene See hinaus, direkt nach Osten. Mit unverminderter Schnelligkeit drehte sich der Hai, als ziehende Schraube wirkend. Den Umdrehungen konnte das Auge nicht folgen. Hätte er einmal nachgelassen, so hätte man nur auf das straffgespannte Tau zu schlagen brauchen, mit erneuter Wut hätte er sich gedreht, und das stundenlang. Die Lebenszähigkeit dieser Tiere ist ja fabelhaft.

      Aber noch war solch eine Ermunterung nicht nötig, der Meeresgaul zog brav.

      »Fritz, lang mir mal die Oelkanne her!«

      Und bedächtig schmierte Karlemann das Scharnier.

      »Loggen!!«

      Es wurde geloggt, d. h. durch jene bekannte Vorrichtung, eine Leine mit einem im Wasser senkrecht stehenden Brettchen, nach der Sanduhr die Schnelligkeit der Fahrt bestimmt.

      »Stopp!«

      »Sechs.«

      »Sechs Knoten. Na, das geht ja. Da bin ich ganz zufrieden. Wenn nur jeder Dampfer in der Stunde sechs Meilen machen könnte.«

      Da rauschte es von Norden her schwerfällig heran – eine englische Panzerkorvette. Sie brachte den Aschantifürsten mit seinen Begleitern in die Heimat zurück.

      Vorn drängten sich Offiziere, Mannschaften und die schwarzen Häuptlinge. Staunend sahen sie das Wunder.

      Arion machte sich durch die süße Gewalt seiner Saiten einen Delphin dienstbar — das hier war ein weit größeres Wunder!

      Majestätisch stand auf dem Vorderteil seines Schiffchens der kleine Kapitän, die Arme über der Brust verschränkt.

      Jetzt streckte er den rechten Arm aus, winkte mit der Hand etwas nach rechts.

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      »Mehr steuerbord,« erklang schallend seine Stimme im Kommandotone. »Drei Strich mehr steuerbord!«

      Und die lebendige Schiffsschraube gehorchte. Der Hai wendete sich etwas nach Süden. Deutlich hatte man das dort drüben beobachten können.

      Wenn Karlemann klug war, so wiederholte er solch ein Manöver nicht mehr, ließ es nicht wieder auf solch