Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Kraft
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075836182
Скачать книгу
und – und … «

      Sie zog meinen Kopf herab und flüsterte mir etwas ins Ohr – ein sogenanntes süßes Geheimnis.

      Und ich?

      Ich muß in diesem Augenblick einen furchtbar dämlichen Eindruck gemacht haben.

      Denn so etwas war mir ja in meinem ganzen Leben noch nicht passiert. Das heißt passiert wohl schon – leicht möglich – besonders wohl da an der Ostküste dieses afrikanischen Erdteils mochte ich etliche halbschwarze Kinder nackt mang die Brombeeren herumlaufen haben – vielleicht mehr noch an der Westküste Südamerikas – nicht minder in – in … na, lassen wir das ruhen. Wer soll sich denn auf so etwas, wenn’s so viel ist, noch entsinnen können.

      Aber so etwas mir ins Ohr gesagt, das hatte noch niemand, keine Schwarze, keine Rote, keine Gelbe, keine … Grüne, hätte ich beinahe gesagt – jedenfalls auch noch keine mit einer weißen Haut.

      »Ja, dann freilich,« konnte ich nur murmeln, »ja, dann freilich – hm hm hm hm, wer hätte so etwas gedacht – auch nur geahnt – hm hm hm hm – ja, dann freilich – ja, dann freilich … «

      Ich hätte vielleicht noch weiter gefreilicht.

      »Freust du dich denn gar nicht?«

      Da schnellte ich empor, daß gleich alle vier Stuhlbeine abbrachen, weil der Stuhl nämlich festgeschraubt war.

      »Na und ob!!!« schrie ich. »Blodwen, soll ich mich oben auf dem Mastknopf auf den Kopf stellen? Verlang’s – ich tu’s.«

      Einen anderen Ausdruck konnte ich meiner Freude wirklich nicht geben.

      Na, und da soll nun ein Mensch noch länger Grimm oder auch nur Kälte im Herzen hegen! Ich wenigstens konnte es nicht.

      EINE VERHAFTUNGSGESCHICHTE.

       Inhaltsverzeichnis

      Aber meine Besinnung kehrte schnell genug zurück. Ich wußte, was auf dem Spiele stand.

      Vor allen Dingen handelte es sich jetzt darum noch diese Rente zu ergattern, die 31 000 Pfund.

      Diese hatten, vorschriftsmäßig, wie sie gefordert, auch abgeschickt werden müssen. Nun war ja Blodwen erst zur gerichtlichen Stellung aufgefordert worden, da war erst abzuwarten, ob sie kam oder nicht, erst in letzterem Falle, nach Ablauf einer gewissen Wartefrist, konnte ein Verhaftungsbefehl erlassen werden – aber wie die ganzen Sachen nun standen – denen war doch alles zuzutrauen – kurz, zuerst mußte der englische Konsul oder eine ähnliche Person an Bord geschafft werden, um Blodwens Unterschrift zu beglaubigen, dann schnell dieses Geld erhoben und hierauf das Schiff umgeschrieben, eine andere Flagge hochgezogen.

      Dies teilte ich schleunigst Blodwen mit, sie war mit allem einverstanden.

      »Und dann nehmen wir eine Fracht, werden solide Handelsleute,« setzte sie freudig hinzu.

      »Was?!« rief ich nicht minder freudig erstaunt.

      »Na ja, du hast doch schon mehrmals davon gesprochen. Jawohl, das machen wir, da haben wir immer etwas zu tun, erleben können wir dabei doch noch genug, und Geld haben wir ja auch reichlich. O, das soll jetzt erst ein herrliches Leben werden. Jetzt arbeiten wir für unsere Kinder.«

      »Blodwen, du bist ein einziges Mädel,« sagte ich und umärmelte sie.

      Sofort wieder an Land! Doch war eins noch zu bedenken. Nämlich, daß ein Mensch mit dem Haftbefehl schon recht bald kommen konnte, während meiner Abwesenheit.

      Dann mußte Blodwen einstweilen versteckt werden.

      Die Verhaftler mußten sich ihre Beute dann eben selber suchen, und das ist an Bord eines Schiffes nicht so leicht – das Suchen wohl, aber nicht das Finden.

      Und das konnte Blodwen nicht so allein machen, da brauchte sie Führung. Also ich ließ meine beiden Offiziere kommen, vor allen Dingen auch den Bootsmann, der hier Hauptmacher war, sagte ihnen so und so.

      »Am besten ist wohl, ihr versteckt sie im Kielraum zwischen die …«

      »Nee, nich im Kielraum,« unterbrach mich der krummbeinige Bootsmann.

      »Wo denn sonst?«

      »Ick weet man, ick weet man,« sagte der kleine Finne und sagte es mit entsprechender Handbewegung noch einige Male.

      Mir hätte schon ein einziges ›ick weet man‹ genügt; denn auf dieses finnländische Krummbein konnte ich mich verlassen.

      Ich zog noch eine andere Jacke an, weil mich die hier unter den Aermeln kniff, und wieder ins Boot.

      Daß ich in jener Jacke 10 000 Pfund Sterling stecken hatte, daran dachte ich gar nicht. Ich hatte über das, was mir da Blodwen erzählt, die ganze Million absolut vergessen. Es dient dies auch mit zur Schilderung meines damaligen Charakters. Ein anderer Mensch hätte wohl doch nicht so leicht vergessen, daß er in der Jacke, die er in der Kajüte aufs Sofa geschleudert, 70 000 Taler stecken und auf der Bank noch eine Million liegen hatte.

      Auch unterwegs sollte ich noch nicht gleich wieder daran denken.

      Da kam mir ein großes Boot entgegen, alle Insassen bis auf einen uniformiert, am Heck die englische Polizeiflagge.

      Aha, ahi! Da kamen sie schon! Der junge Laffe im Bratenrock mit der Angströhre war doch jedenfalls der Sheriff, so ein Referendarchen, das schon den Verhaftungsbefehl in der Tasche hatte.

      Nun, sie sollten nur suchen. Aber die 31 000 Pfund waren nun auch schon belegt, das war mir ganz klar.

      Der Zivilist war aufgestanden, machte eine Bewegung, das Boot wurde abgestoppt.

      »Stopp!« wurde auch mir zugerufen.

      Ich tat ihnen die Gefälligkeit nur, weil ich neugierig war.

      Meine Jungen waren in den acht Wochen gut eingepult, bei mir funktionierte es tadellos, dort drüben aber war ein falsches Ruderkommando gegeben worden, das Boot schoß direkt auf mich zu, und hätte ich nicht meine Kaltblütigkeit behalten, und wären meine acht Jungen nicht so taktfest gewesen, wir hätten im nächsten Augenblick zwischen Trümmern im Wasser gelegen, »Die Pest euch in den Magen!!« fluchte ich. »Was sind das für Haiduckenstreiche?«

      »Pardon,« sagte der junge Mann im Bratenrock. »Sind Sie Kapitän Richard Jansen vom englischen Vollschiff ›Sturmbraut‹?«

      »Jawohl, der bin ich, und wer sind denn Sie?«

      »Sheriff …«

      Ich weiß seinen Namen nicht mehr.

      »Na, und?«

      »Befindet sich an Bord Ihres Schiffes eine Lady Blodwen von Leytenstone, englische Untertanin?«

      »Jawohl, die befindet sich bei mir, als Passagier. Aber ob sie der englischen Regierung so untertan ist, weiß ich nicht, bezweifle ich.«

      »Kommen Sie mit!«

      »Was?«

      »Drehen Sie um, begleiten Sie mich an Bord Ihres Schiffes zurück.«

      Da lachte ich dem Kerlchen ins Gesicht, und ich sagte ihm auch, weshalb.

      »Mann, lassen Sie sich doch nicht auslachen! Wie können Sie denn mir, den Sie also als Kapitän kennen, sagen, ich soll mit Ihnen umkehren?«

      Der Bratenrock richtete sich auf.

      »Im Namen des Gesetzes, ich befehle Ihnen … «

      »Mann, machen Sie sich doch nicht gar zu lächerlich!« unterbrach ich ihn. »Oder haben Sie einen Verhaftungsbefehl gegen mich? Mir ganz gleichgültig. Sie haben mir als aktiven, im Dienst befindlichen Kapitän auch tatsächlich nichts zu befehlen, sehen Sie nur einmal in den Seeinstruktionen nach, Paragraph 163. Ich bin als verantwortlicher Kapitän unantastbar. Sie aber oder den Bootsführer werde ich bei der Hafenbehörde wegen