Beim weiteren Verfolg erkannte er auch das imposante Felsencap am südwestlichen Ende des Festlandes, um welches ihn bei der Hinfahrt der Sturm herumgeführt. Er gab ihm den Namen des Sturmcaps (Cabo tormentoso). Aber der König änderte diesen ominösen Namen in den Glück verheißenden „Cap der guten Hoffnung“ (Cabo da boa esperanza), weil er der festen Zuversicht war, die Pforte zum indischen Ocean stehe offen und der Wasserweg zu den Gewürzländern werde endlich gefunden. Das Transportschiff, welches auf der Westküste Afrikas zurückgeblieben, zeigte sich in bedauerlichem Zustande, als die beiden Schiffe des Dias auf ihrer Heimkehr dasselbe trafen. Sechs Mann an Bord waren von den Negern erschlagen, drei nur noch am Leben, dazu das Schiff selbst, in Folge von Wurmfraß, nicht mehr seetüchtig. Es mußte daher in Brand gesteckt werden, ehe man sich zum letzten Theil der Rückreise anschickte. Im December 1487 langte Dias, nach einer Fahrt von 16 Monaten und 17 Tagen, in Lissabon wieder an. Er hatte auf dieser Reise weitere 350 Leguas Küstenlinie entdeckt.
Inzwischen hatte aber der König auch Leute ausgesendet, welche das Reich Habesch und die Verkehrsverhältnisse am indischen Meere ermitteln sollten. Der erste Versuch einer Sendung schlug allerdings fehl, denn der Pater Antonio de Lisboa und Pedro de Montorryo, welche nach Jerusalem geschickt wurden, um dort abessinische Mönche auszuforschen, die damals häufig zu der heiligen Stadt walfahrteten, kehrten unverrichteter Sache wieder zurück, weil sie ohne Kenntniß der arabischen Sprache sich nicht getrauten, mit den Abessiniern ins Land des Priesters Johannes zu reisen.
So wurden denn, noch ehe Dias heimgekehrt war, zwei andere, bewährte Männer abgesandt. Pero de Covilham und Affonso de Paiva[82] machten sich am 7. Mai 1487 nach dem Orient auf, erreichten über Rhodos und Alexandrien die Hauptstadt Aegyptens, Cairo, und fuhren auf dem rothen Meere nach Aden. Hier trennten sie sich, nachdem als Ort späterer Vereinigung Cairo bestimmt war. Covilham ging zu Schiff nach der indischen Malabarküste, besuchte Kananor, Kalikut, Goa und kehrte von da nach der Ostküste Afrikas zurück, besuchte die Häfen, erreichte als südlichsten Punkt das durch seinen Goldreichthum berühmte Sofala und zog über die Insel Madagascar Erkundigungen ein.
Als er auf der Rückreise Cairo wieder erreicht, erfuhr er, daß sein Gefährte Paiva inzwischen gestorben sei. Doch traf er dort zwei andere Sendlinge des Königs Johann von Portugal, den Rabbi Abraham aus Beja und den Juden Joseph, einen Schuster aus Lamego. Der letztere ging mit den wichtigen Nachrichten, welche Covilham eingezogen, sofort nach Portugal zurück. Covilham schrieb in seinem Briefe, daß die portugiesischen Schiffe an der Küste Guineas nach Süden zu steuern hätten, bis sie das Ende Afrikas erreicht, und daß sie im indischen Meere ihren Cours nach Sofala und der Mondinsel oder Madagascar richten müßten. Covilham besuchte mit Rabbi Abraham sodann noch Ormuz und sandte seinen Gefährten mit einer Karawane auf dem üblichen Wege über Bagdad und Haleb nach Syrien und in die Heimat zurück, während er selbst Habesch aufzusuchen beschloß. Der König nahm ihn in seiner Hauptstadt Schoa sehr freundlich auf, wußte aber den ersten europäischen Besucher an sich zu fesseln, so daß Covilham im Lande blieb, sich dort verheiratete und noch ein Menschenalter später, als ein portugiesischer Gesandter 1525 unter Rodriguez de Lima in Habesch eintraf, lebte. Er wurde über den Besuch seiner Landsleute zu Thränen gerührt, blieb aber in Habesch und starb dort.
3. Vasco da Gama’s erste Fahrt.
Das waren die letzten wichtigen Unternehmungen, welche der Regierungszeit des Königs Johann noch angehören. Zwar noch bei Lebzeiten dieses Fürsten sollte von unerwarteter Seite der Impuls kommen, welcher die Portugiesen antreiben mußte, durch eine letzte kühne Seefahrt ihre fast ein Jahrhundert bereits andauernden Arbeiten zu krönen; aber Johann II. starb, ehe er an die Ausführung gehen konnte. Den angedeuteten Impuls gab aber Columbus dadurch, daß er, von seiner ersten Fahrt nach Westindien heimkehrend, durch Sturm genöthigt worden war, in den Hafen von Lissabon einzulaufen und dem portugiesischen Könige auf dessen Einladung von seinem vermeintlichen Besuch in Zipangu (Japan) Bericht erstatten konnte. Die mitgebrachten braunen Indianer ließen nun mit Recht vermuthen, daß der kühne Genuese, dessen Pläne in Portugal keinen Beifall gefunden hatten, wenigstens bis in die Nähe Asiens gelangt sei, da die vorgeführten fremden Menschen den wirklichen Indern ähnlich zu sein schienen. Auch war zu befürchten, daß Columbus auf einer zweiten Fahrt noch vor den Portugiesen die Gewürzländer erreichen und damit den Preis und Lohn so vieler Mühen vorweg nehmen könnte. Glücklicherweise konnten sich die Portugiesen darauf berufen, daß Pabst Nicolaus V. schon im Jahre 1454 durch eine Bulle ihnen das Privilegium über den Handel mit Indien verliehen hatte. Trotzdem beeilten sich nun doch die spanischen Monarchen Ferdinand und Isabella, sich die neuen Entdeckungen durch päbstliche Sanction zu sichern. Die Bulle des Pabstes Alexanders VI. vom 3. Mai 1493 spricht der spanischen Krone alle Inseln und Festländer, welche in der von Columbus eingeschlagenen Richtung gefunden sind und noch gefunden werden sollen, zu in Anerkennung der Verdienste um den christlichen Glauben, um die Vertreibung der Mauren aus Spanien, und hofft, daß auch in den neu entdeckten Gebieten die friedlichen nackten Bewohner, welche keine Canibalen sind und sogar an einen Schöpfer im Himmel glauben, durch spanische Missionäre bald bekehrt werden möchten. Auf die weiteren Eigenthümlichkeiten und Schwächen der päbstlichen Erlasse vom 3. und 4. Mai genauer einzugehen, ist hier nicht der Ort, wo wir die portugiesischen Entdeckungen allein im Auge haben. Allein es mag hier noch erwähnt werden, daß in Folge dieser päbstlichen Verleihungen am 7. Juni 1494 zwischen Spanien und Portugal ein Vertrag abgeschlossen wurde, welcher die Grenzlinie der maritimen Entdeckungen beider Mächte in Gestalt einer von Pol zu Pol gezogenen Meridianlinie festsetzte.
Spanien erhielt den Westen der Erde, Portugal den Osten. Aber Spanien schien dem Ziel näher zu sein als sein älterer Nebenbuhler. Darum rüstete bereits Johann zu neuen Seefahrten; aber der Tod hemmte 1495 den Fortgang. Ihm folgte der jugendlich kühne Manuel, dem die Nachwelt den Namen des Großen zuerkannt hat, weil unter ihm die portugiesische Macht zu größter Entfaltung gelangte. Manuel, Herzog von Beja, war 26 Jahr alt, als er den Thron bestieg. Er wollte sofort die Entdeckungsarbeiten wieder beginnen lassen, aber seine Räthe machten anfangs Schwierigkeiten. So verzögerte sich die Fertigstellung des Geschwaders bis zum Jahre 1497. Der erfahrene Bartolomeu Dias wurde damit betraut, diese kleine aus 3 Schiffen bestehende, zur Fahrt nach Indien bestimmte Flotte sorgfältig auszurüsten, aber selbst sollte er sie nur bis zur Factorei La Mina an der Goldküste begleiten. Den Oberbefehl erhielt Vasca da Gama[83], im zweiten Schiffe sein Bruder Paulo da Gama, im dritten Nicolao Coelho. Der Raumgehalt der Schiffe betrug 100 bis 120 Tons. Die Schiffe trugen die Namen S. Rafael, S. Gabriel und S. Michael.
Die portugiesischen Historiker weichen in ihren Berichten über Gama’s Fahrt in vielen wesentlichen Punkten von einander ab. Gaspar Correa, dessen Lendas da India erst 1858–1861 von der Academie in Lissabon veröffentlicht worden sind, kam von allen Chronisten am frühesten, vielleicht schon 1512, nach Indien und konnte als Secretär des berühmten Affonso d’Albuquerque zum Theil das Tagebuch des Geistlichen João Figueira, welcher die erste Fahrt Vasco da Gama’s mitmachte, benutzen und zu Rathe ziehen. Castanheda (Historia da India) kam um 1528 nach Indien, Damian de Goes (Rey Emanuel) gelangte nicht nach dem Orient, und Osorio (de rebus Emanueli) fußt vielfach auf Goes. João de Barros, dessen Decaden lange Zeit fast allein die Grundlage der Darstellung gebildet, schrieb viel später.[84] Correa’s Werk sollte bei seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht werden, vielleicht um manchen Lebenden nicht zu verletzen. So kam sein Manuscript erst nach seinem Tode nach Europa, erlebte dort zwar, wenigstens in dem ersten Theile, mehrere