Längenmaassstab 1⁄10 des Originals.
Alfr. Runge, Geogr.-artist. Inst. Reudnitz-Leipzig.
G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung in Berlin.
Die Orientirung des Originals ist umgekehrt, Norden unten; daher in dieser nach H. Kiepert gemachten Copie die Contouren genau reducirt, die Gebirge aber dem Charakter des Originals nur ähnlich und die Städte an Stelle der perspectivischen Zeichnungen des Originals durch Signaturen angegeben sind.
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GRÖSSERE BILDANSICHT
Ausschnitte aus der obenstehenden Karte:
Was die Mitte des 15. Jahrhunderts vom Osten Afrikas wußte, läßt sich, wenn auch in unbeholfener Gruppirung dargestellt, auf der in Venedig 1459 entworfenen Weltkarte Fra Mauro’s erkennen. In Abessinien sind der Abai und Takazze als Tributäre des Nil verzeichnet, selbst der Djub (Hebe) findet sich in annähernd richtiger Lage. Vor allem wichtig muß es aber erscheinen, daß an der Ostküste, wo zwar die Insel Madagascar noch fehlt, doch die Erkundigungen über Makdischu (Mogodisco) und Sansibar (zweimal als Xengibar und Chancibar), vielleicht bis zu der Comoren-Insel Mohilla (Mahal) und nach Sofala (Soffala) reichen. Durch die sich weit nach Süden ziehenden afrikanischen Uferlinien wurden später die Hoffnungen, eine Umfahrt um Afrika zu ermöglichen, wesentlich bestärkt.
Zweites Capitel.
Die Abendseite der alten Welt.
Prinz Heinrich der Seefahrer.
Wenden wir uns wieder der Westseite Afrikas zu, so ist unsere nächste Aufgabe, nachzuweisen, wie die Kenntniß hier, nachdem um die Mitte des 14. Jahrhunderts die Grenze des Wissens alter Zeit wieder erreicht worden war, unter besonders günstigen Umständen rasch und planmäßig vorwärts rückte.
Unter den damals bekannt gewordenen westafrikanischen Inselgruppen waren nur die Canarien bewohnt gefunden. Hier saß das Volk der Guanchen, wie die Spanier den Namen schreiben, ein starker kräftiger Menschenschlag von blondem Haar und heller Gesichtsfarbe, deren Nachkommen noch in jüngster Zeit einen deutschen Reisenden an den ächt sächsischen, westfälischen Typus erinnern konnten.[64] Und in der That hat Löher auch den Beweis angetreten, daß die Wandschen (Guanchen) germanischer Abkunft seien, und sich höchst wahrscheinlich ans den Trümmern der von Belisar niedergeworfenen Vandalen und durch Tarik bei Jerex besiegten Westgothen gebildet hätten. Unter den beigebrachten historischen Zeugnissen ist hier namentlich die Deutung hervorzuheben, welche die Sage von der Flucht eines Erzbischofs und mehrerer Bischöfe auf die Inseln des Westmeeres erhielt, von welcher oben (S. 21) berichtet ist. Danach ist dann der Name Wandschen identisch mit Vandalen. Aber auch in Bezug auf den Nationalcharakter, die Sitten und Anschauungen, die Art der Ansiedlungen und der staatlichen Verfassungen bieten sich so manche Analogien mit altgermanischem Wesen, daß wir uns der überraschenden Beweisführung Löhers nicht verschließen können. Unverkennbar, aber auch ganz erklärlich, war die Sprache der Wandschen mit berberischen Elementen durchsetzt. Im Jahre 1384 machten zuerst spanische Mönche den Versuch, die Bewohner auf Groß-Canaria zum Christenthum zu bekehren, fanden aber thätigen Widerstand und büßten endlich 1391 alle ihren Glaubenseifer mit dem Tode. Planmäßiger begann 1402 Jean de Bethencourt aus Rochelle das Werk; er segelte von La Rochelle aus, landete auf Lanzarote mit einigen 50 Mann und baute eine kleine Citadelle. Aber sie vermochten sich bei ihrer geringen Anzahl doch nur mit Mühe zu halten. Daher suchte Bethencourt in Spanien Hilfe, welche ihm auch um den Preis der Lehnsabhängigkeit von Castilien gewährt ward. Nun begann ein mehrfach unterbrochener Kampf gegen die Selbständigkeit der einheimischen Dynasten, in welchem zunächst die Stämme auf Lanzarote, Fuertaventura und Ferro erlagen und das Christenthum annahmen. Die andern Inseln wurden erst gegen Ausgang des Jahrhunderts bezwungen. Gran-Canaria erlag nach 13jährigem Kampfe 1483, Palma beugte sich 1491 und erst 1496 wurde auch Teneriffa erobert. So kamen die Canarien unter spanische Botmäßigkeit und damit ging ein nicht unwichtiger Stützpunkt für die maritimen Unternehmungen den Portugiesen verloren, welche kurz nach dem Erscheinen Bethencourts ihre glänzende Entdeckerlaufbahn eröffneten, und zwar unter der Führung des Prinzen Heinrich, welcher am Cabo Vicente im südwestlichen Portugal seinen Sitz aufschlug und von hier aus die Seefahrten leitete, die den westlichen Saum Afrikas entschleiern sollten.
Dort am Cabo de São Vicente, zugleich dem südwestlichsten Vorsprunge Europas, ist ihm auch in unserem Jahrhundert zum Ehrengedächtnisse ein Marmordenkmal über dem Hauptthore der kleinen Festung Sagres errichtet, welches in der Mitte das portugiesische Wappen, links ein Seeschiff mit vollen Segeln, rechts eine Armillarsphäre zeigt. Darunter ist folgende Inschrift in lateinischer und portugiesischer Sprache angebracht: „Aeternum sacrum! An dieser Stelle hat der große Prinz Heinrich, Sohn Johanns I., Königs von Portugal unternommen, die vorher unbekannten Regionen von Westafrika zu erforschen und so durch Umschiffung Afrikas einen Weg bis zu den entlegenen Theilen des Ostens zu bahnen und hat auf eigne Kosten sein königliches Schloß, die berühmte Schule der Kosmographie, das astronomische Observatorium und das See-Arsenal errichtet und hat dasselbe bis an sein Lebensende mit bewunderungswürdiger Thatkraft und Ausdauer erhalten, gefördert und erweitert zum größten Segen für das Reich, für die Wissenschaft, für die Religion und für das ganze Menschengeschlecht. Als seine Expeditionen den 8. Grad nördlicher Breite erreicht hatten, als manche Insel im Ocean entdeckt und mit portugiesischen Colonien besetzt war, starb dieser große Prinz am 13. November 1460.“[65]
Der Infant Dom Enrique, der später den Beinamen des Seefahrers erhielt, war das fünfte Kind des Königs Johann und am Aschermittwoch, am 4. März 1394 in Oporto geboren. Im Kampfe gegen die Mauren vor Ceuta gewann er 1415 die Rittersporen. Er hatte sich dabei in persönlicher Tapferkeit so hervorgethan, daß der Pabst, der deutsche Kaiser Sigismund, die Könige von Castilien und von England ihn zu gewinnen suchten und seinem Arm die Führung ihrer Truppen anvertrauen wollten. Der Pabst Martin V. wünschte das Schwert des Infanten gegen die Türken zu richten, der Kaiser ließ auf dem Concil zu Constanz durch den portugiesischen Gesandten dem tapferen Prinzen ähnliche Anträge stellen.
Aber Heinrich hatte nach der Eroberung Ceutas seine Aufmerksamkeit auf das weiter südlich gelegene Afrika gerichtet, er wollte Guinea zu erreichen suchen. Allein Guanaja oder Ganaja war ein nur durch dunkle Gerüchte erkundetes Land; keines Europäers Auge hatte es bis dahin gesehen. Aber von dem Reichthum dieses Gebietes berichtet schon die catalanische Karte von 1375. Wir sehen hier im Lande GINVIA bei Tenbuch (Timbuktu) einen Negerfürsten mit Scepter und Reichsapfel thronen, neben welchem sich die Inschrift befindet: Aquest Senyor Negre es appellat Mussemelly, senyor de les Negres de Gineua, aquest rey es lo pus rich e pus noble senyor de tota esta partida per l’abundancia de l’or qual se recull en sua terra. (Dieser Negerherr ist Mussemelly [König von Melli] genannt, Herr der Neger von Guinea, dieser König ist der reichste und vornehmste Herr dieser ganzen Gegend durch die Fülle von Gold, welche man in seinem Lande sammelt.) Die Landstriche jenseits Cap Bojador hatte noch niemand besucht.[66] Es mußte für Portugal vortheilhaft erscheinen, allein unter allen Europäern Handelsbeziehungen mit den Völkern Guineas anzuknüpfen, bei denen kein Mitbewerb drohte.
Prinz Heinrich der Seefahrer.
Nach dem Miniaturegemälde in der 1448–1453 entstandenen Handschrift