Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Sophus Ruge. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sophus Ruge
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066112073
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lebte. Daß Pegolotti die Reise nach China selbst gemacht habe, ist nicht erwiesen und auch nicht wahrscheinlich. Der damals übliche Weg ging über das schwarze Meer und durch Südrußland. Unter den allgemeinen Verhaltungsregeln ward als rathsam empfohlen, daß man sich zunächst einen langen Bart stehen lasse. Dann nehme man sich in Tana einen Dragoman und ein paar tüchtige Diener, welche kumanisch verstehen; auch empfiehlt es sich eine Frau mitzunehmen, welche womöglich gleichfalls kumanisch spricht. Dann versorge man sich mit Mehl und Salzfisch, denn Fleisch findet man allenthalben genug. Bewaffneten Schutz braucht man nicht, da die ganze Straße bis China, Dank der Fürsorge der tatarischen Herren, sicher ist. Hat man etwa (nach unserem Geld berechnet) für 240,000 Mark an Waaren, so wird die ganze Reise etwa 3000 bis 4000 Mark kosten. Ein vierräderiger Ochsenkarren mit Filzdach trägt eine Last von 10 Centnern, ein Kamelwagen, zu dem drei Zugthiere gehören, gegen 30 Centner, ein Pferd zieht etwa 6½ Centner.

      Was nun die Entfernung und Stationen betrifft, so rechnet man auf den Weg von Tana bis Astrachan (Gintarchan) mit Ochsenkarren 25 Tage, von da bis Sarai 1 Tag, von da bis Saraitschik (Saracanco) am Ural 8 Tage. Von hier kann man zu Land oder zu Wasser weiter reisen. Auf dem Landwege braucht man bis Organci (Chiva) mit Kamelkarren 20 Tage, weiter bis Otrar (Oltrare) an einem Nebenflusse des Syr-Darja südlich der Stadt Turkestan, unter 43° n. B., wieder 35–40 Tage. Von Saracanco direct nach Otrar kürzt sich der Weg auf 50 Tage ab. In Otrar nimmt man Packesel und reiset 45 Tage bis Armalec (bei Kuldscha) und 70 Tage bis Kan-tschou (Camexu). Dann reitet man zu Pferde 45 Tage, bis man an einen chinesischen Fluß[54] gelangt, auf welchem man nach Cassai (Quinsay) kommt und von hier in 30 Tagen die ganze Reise bis Gamalec (Cambalec, Peking) vollendet.

      Leider war dieser aufblühende Verkehr mit dem Oriente nicht mehr von langer Dauer; denn als 1368 in China die mongolische Dynastie gestürzt worden war und eine einheimische Fürstenfamilie an die Spitze trat, wurde das Land gesperrt und der Handel völlig abgebrochen. Nur Indien blieb offen. Und hierher kam im 15. Jahrhundert noch ein venetianischer Kaufmann Nicolo de’ Conti, dessen Erzählung nur durch den seltenen Zufall sich erhalten hat, daß Conti auf der Heimreise nach Europa auf dem rothen Meere in die Hände von Piraten gefallen und aus Todesfurcht den Islam annahm, dann freigelassen, sich in seiner Gewissensangst um Ablaß an den Pabst Eugen IV. wandte, welcher von 1439–42 sich in Florenz aufhielt, und dessen Secretär Poggio (Poggius) die Erlebnisse des Reisenden niederschrieb.[55] Der ganze Bericht macht den Eindruck der Treue und Zuverlässigkeit, doch mag wohl Poggio manches auf eigne Hand hinzugefügt haben, so über die Insel Taprobane. Conti hatte sich in seiner Jugend in Aegypten aufgehalten, um Handel zu treiben, war dann flüchtig geworden, weil er das ihm von seinem Vater anvertraute Capital vergeudet hatte, und war mit einer großen Karawane von 600 Köpfen durch das steinige Arabien und über Chaldäa an den Euphrat gereist. Während des Zuges durch die syrische Wüste hatten sie, ähnlich wie Polo, seltsame Erscheinungen, welche nach Angabe von erfahrenen Männern, die dergleichen schon früher erlebt hatten, für Dämonenspuk ausgegeben wurden. Es war, als ob Reiterschwärme vorübersausten. Man wird bei der Schilderung unwillkürlich an das bekannte Gedicht von Freiligrath: Das Gesicht des Reisenden erinnert. Dann kam er nach der Stadt Babilonia am Euphrat, „welche die heutigen Bewohner Baldachia (Bagdad) nennen“.[56] Dann ging es den Fluß hinunter nach Basra (Balsera) und übers Meer nach Ormuz (Ormesia), damals bereits auf der Insel gelegen. Unterwegs berührte er den Hafen Colchum (bei Diego Ribero 1529 Conga, jetzt Kongun, südlich von Schiras).

      In einem persischen Hafen, den er Calacatia[57] nennt, hielt er sich längere Zeit auf, um persisch zu lernen. Seine weitere Reise unternahm er dann in der Tracht eines Persers und fuhr in Gesellschaft seiner adoptirten Landsleute zu Schiff nach Cambaya (Cambahita), welches sie nach einer Fahrt von einem Monat erreichten. Cambaya war damals einer der bedeutendsten Hafenplätze Indiens. „Wenn die abendländische Welt zum Genuß hinterindischer und chinesischer Produkte gelangte, so verdankte sie dies zumeist den unternehmenden Kaufleuten und tüchtigen Seecapitänen von Cambaya und Kalikut.“[58] Eine Küstenfahrt führte Conti nach Süden in die Region, welche ausgezeichneten Ingwer liefert.

      MAPAMONDI VOL DIR AYTANT CON YMAGE DEL MONDE DE LES REGIONS QVE SON SVS LA TERRA E DE DIVERSAS MANERAS DE GENS QVE EN ELA HABITAN

      (Westlicher Teil)

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       GRÖSSERE BILDANSICHT

      (Östlicher Teil)

      Lithogr. Kunst-Anst. v. Aug. Kärth, Leipzig.

      G. Grotesche Verlagsbuchhandlung, Berlin.

      Catalanische Erdkarte, für König Karl V. von Frankreich 1375 in Mallorca gezeichnet. (Paris, National-Bibliothek.) Zu Gunsten der Deutlichkeit sind einerseits die zahlreichen Compasslinien des Originals weggelassen und ist andererseits das Meer mit einem blauen Ton gedeckt.

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       GRÖSSERE BILDANSICHT

      Mapamondi, das heisst das Bild der Welt und der verschiedenen Staaten der Welt und der Gegenden, welche auf der Erde sind, der verschiedenen Arten von Völkern, welche auf derselben wohnen. (Und besagtes Bild oder Figur ist rund wie ein Spielball und ähnlich einem Ei, getheilt in vier Elemente. Denn wie das ganze Ei von aussen von seiner Schale umgeben ist, wie die Schale das Eiweiss, und dieses den Dotter umgibt, und darauf der Tropfen des Embryo gebildet ist: so ist diese Welt auf allen Seiten vom Himmel umgeben, wie von der Eierschale, der Himmel umgibt die reine Luft, wie die Schale das Eiweiss; die trübe Luft ist umgeben von der reinen Luft, wie der Dotter vom Eiweiss u. s. w.)

      Die Bewohner von Norwegen leben mehr von Fischen und von der Jagd als von Brot. Diese Gegend ist sehr rauh und kalt und gebirgig, wild und voll von Gebüschen. Viel Wild gibt’s hier: als Hirsche, weisse Bären und Gerfalken. Es gibt Hafer, aber nur sehr wenig, wegen der grossen Kälte.

      In Irland gibt es viele merkwürdige Inseln, darunter ist eine kleine, wo die Menschen nicht sterben; aber wenn sie sehr alt sind, um zu sterben, trägt man sie von der Insel. Da gibt’s keine Schlange und keine Kröte und keine giftige Spinne; denn das ganze Land duldet kein giftiges Thier. (Da ist auch ein See und eine Insel. Noch mehr, es gibt dort Bäume, die tragen Vögel, wie andere Bäume reife Feigen tragen.) Desgleichen gibt es eine andere Insel in welcher die Frauen nicht niederkommen; wenn aber die Zeit der Entbindung kommt, schafft man sie, der Sitte gemäss, von der Insel fort.

      Die glückseligen Inseln liegen in dem grossen Meere linker Hand, an der Grenze des Occidents, aber nicht fern im Meere. (Isidor spricht also in seinem 15. Buche: Diese Inseln heissen Fortunatae.) Denn sie sind reich an allen Gütern, Korn, Früchten, Kräutern, Bäumen und die Einwohner glauben, es sei hier das Paradies, wegen der milden Sonnenwärme und der Fruchtbarkeit des Bodens. (Isidor sagt auch) Die Bäume wachsen hier wenigstens 140 Fuss hoch und tragen viele Früchte und Vögel. Man findet hier Honig und Milch, vorzüglich in der Insel Capria, die nach der Menge der Ziegen, die es hier gibt, benannt ist. Dann ist hier die Insel Canaria, benannt nach den grossen und starken Hunden, welche dort sind. (Plinius, dieser Meister der Geographie, sagt, dass es unter den Fortunaten eine gibt, wo alle Güter der Welt wachsen, ebenso alle Früchte, ohne dass man sie zu säen und zu pflanzen braucht. Auf der Höhe der Gebirge sind sehr wohlriechende Bäume, zu jeder Zeit mit Blättern und Früchten bedeckt. Die Einwohner essen davon einen Theil des Jahres. Die Bewohner Indiens glauben, dass ihre Seelen nach dem Tode diese Inseln bewohnen werden und dass sie dort ewig leben werden von dem Wohlgeruch dieser Früchte. Sie glauben, dass dies ihr Paradies sei, aber, offen gestanden, es ist dies eine Fabel.)