Gesammelte Werke. Джек Лондон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026884484
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Ehe. Aber ich hab' es verdient.«

      Daylights Gesichtsfarbe war blasser geworden, seit er sich in der Stadt niedergelassen hatte, so daß das Blut unter der Haut leuchtete, als eine heftige Röte sich ihm jetzt über Gesicht und Hals breitete. Und in seiner unsagbaren Verlegenheit ließ er sich nicht träumen, daß sie ihn in diesem Augenblick mit größerer Freundlichkeit betrachtete als je zuvor an diesem Tage. Sie war nicht gewohnt, große erwachsene Männer wie Schulknaben erröten zu sehen, und sie bereute schon, daß sie sich zu einer so scharfen Bemerkung hatte hinreißen lassen.

      »Sehen Sie, Fräulein Mason«, begann er, zuerst langsam, nach Worten suchend, dann aber immer schneller, so daß seine Rede schließlich fast zusammenhängend wurde. »Ich bin kein feiner Mann, und ich weiß nicht viel. Ich hab' nie etwas von diesen Dingen gelernt. Ich hab' noch nie jemand den Hof gemacht, und ich bin auch noch nie verliebt gewesen – und ich benehme mich wahrscheinlich wie ein furchtbarer Esel. Sie müssen versuchen, ein bißchen Fühlung mit dem Manne zu bekommen, der hinter diesen Worten steht. Ich meine es ehrlich, wenn ich auch nicht weiß, wie ich es ausdrücken soll.«

      Dede Mason hatte eine schnelle Art und Weise, fast wie ein Vögelchen die Stimmung zu wechseln, und in diesem Augenblick war sie auch schon lauter Reue.

      »Seien Sie nicht böse, daß ich gelacht habe«, sagte sie über das Gatter hinweg. »Ich hab' es nicht so gemeint. Ich war so überrascht, daß ich nicht die richtigen Worte fand. Sie sehen, Herr Harnish, ich bin nicht ...« Sie hielt inne, als wäre sie plötzlich ängstlich geworden, ihren Gedanken ganz auszusprechen, den ihre Schnelligkeit ihr eingegeben hatte.

      »Sie meinen, daß Sie solche Anträge nicht gewöhnt sind,« sagte Daylight, »so im Vorbeigehen: Guten Tag, mein Fräulein, freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen; wollen Sie meine Frau sein?«

      Sie nickte und brach in ein Lachen aus, in das er einstimmte und das ihnen beiden über ihre Schüchternheit hinweghalf. Er wurde gleich beherzter und fuhr sicherer und mit kühlerem Kopf und beherrschter Zunge fort:

      »Sehen Sie, das ist gerade meine Meinung. Sie haben Erfahrung in diesen Dingen. Ich bin überzeugt, daß Sie eine Menge Anträge gehabt haben. Na ja, ich hab' die Erfahrung nicht, und ich komme mir vor wie ein Fisch auf dem Trockenen. Außerdem ist dies gar kein Antrag. Es ist nur eine eigentümliche Situation, und ich bin in die Ecke gedrängt. Ich besitze gesunden Menschenverstand genug, um mir selber sagen zu können, daß es keinen Sinn hat, wenn ein Mann einem Mädchen einen Heiratsantrag macht, nur um ihre Bekanntschaft zu machen. Und dadurch bin ich gerade in die Klemme geraten. Im Kontor kann ich Ihre Bekanntschaft nicht machen, außerhalb des Kontors wollen Sie mich nicht treffen, weil die Leute darüber reden würden. Aber ich muß Ihnen doch etwas sagen, damit Sie darüber nachdenken, und das habe ich gesagt. Und nun möchte ich, daß Sie wirklich darüber nachdächten.«

      Während sie ihm lauschte und sich über sein ernstes, beunruhigtes Gesicht und die einfachen, schlichten Worte freute, die nur noch mehr seinen Ernst betonten, vergaß sie zuzuhören und verlor sich in ihren eigenen Gedanken. Die Liebe eines starken Mannes hat immer etwas Verführerisches für eine normale Frau, und nie hatte Dede den Reiz stärker gespürt als jetzt, da sie Burning Daylight über das Gatter hinweg betrachtete. Es fiel ihr nicht im Traume ein, sich mit ihm zu verheiraten – hundert Gründe sprachen dagegen; aber weshalb sollte sie ihn nicht häufiger sehen? Er gefiel ihr, hatte ihr vom ersten Tage an gefallen, da sie in sein hageres Indianergesicht und in seine funkelnden Indianeraugen gesehen hatte. Er war ein Mann, und das nicht nur kraft seiner prachtvollen Muskeln. Außerdem hatte die Romantik ihn mit einem goldenen Schimmer übergossen, ihn, diesen kühnen, roh zugehauenen Abenteurer aus dem Norden, diesen Mann von vielen Taten und vielen Millionen, der aus dem Lande des Eises gekommen war, um einen so meisterhaften Kampf mit den Männern des Südens zu führen.

      Wild wie ein Indianer, ein Mann ohne Moral, dessen Rachdurst nie erlosch, und der alle, die sich ihm in den Weg stellten, zu Boden trat – o ja, sie kannte alle die harten Namen, die man ihm gab. Und doch fürchtete sie ihn nicht. Der Name Burning Daylight hatte eine mächtige Bedeutung, die auf die Phantasie jeder Frau wirken mußte, wie sie jetzt auf die ihre wirkte, als sie, durch das Gatter getrennt, dem ernsten leidenschaftlichen Klange seiner einfachen Worte lauschte. Schließlich war Dede ja nur eine Frau, mit der Eitelkeit ihres Geschlechts, und ihrer Eitelkeit schmeichelte es, daß ein Mann wie er sich in seiner Not an sie wandte. Aber noch mehr regte sich in ihr – ein Gefühl von Müdigkeit und Einsamkeit. Unbestimmte Gefühle und noch unbestimmtere Eingebungen; und tiefer und dunkler flüsterte in ihr das Sehnen längst vergangener Geschlechter, das sich wieder kristallisierte und feste Form annahm – ungeahntes, unergründliches Sehnen, flüchtig und doch mächtig, Geist und Wesen des Lebens, das unter tausend Verkleidungen hinausstrebte. Mit diesem Manne durch die Berge zu reiten, war allein schon eine starke Versuchung. Aber dabei blieb es auch, denn sie war fest davon überzeugt, daß seine Lebensweise nie die ihre werden konnte. Andererseits litt sie nicht an der gewöhnlichen weiblichen Furcht und Scham. Sie zweifelte nicht daran, daß sie unter allen Umständen für sich einstehen konnte. Warum also nicht? Alles in allem hatte es ja nicht viel zu sagen.

      Er war ein großer Junge, dieser mächtige Riese von Millionär, den die Hälfte der reichen Leute in San Franzisko fürchtete. Ein richtiger Junge! Sie hatte nie gedacht, daß er so sein könnte.

      »Wie machen die Leute es, wenn sie sich verheiraten?« sagte er. »Erstens treffen sie sich; zweitens gefallen sie sich äußerlich; drittens werden sie miteinander bekannt, und viertens heiraten sie sich oder lassen es bleiben, je nachdem, ob sie sich leiden mögen oder nicht. Aber wie wir herausbekommen sollen, ob wir uns leiden mögen, wenn wir uns nicht selbst die Gelegenheit dazu schaffen, zum Donnerwetter, das geht über meinen Verstand. Ich möchte Sie besuchen, aber ich weiß, daß Sie in einem möblierten Zimmer oder in einem Pensionat wohnen, und da geht es doch nun einmal nicht.«

      Plötzlich änderte sich Dedes Stimmung wieder, die Situation erschien ihr lächerlich und sinnlos. Sie fühlte einen starken Drang zu lachen – nicht ärgerlich, nicht hysterisch, sondern nur lustig. Es war so komisch. Sie, die Sekretärin, er, der berüchtigte und mächtige millionenschwere Spieler, und zwischen ihnen das Gatter, über das hinweg sich seine Betrachtungen ergossen, wie man sich heiraten könnte. Dabei war es eine ganz unmögliche Situation. So konnte es doch unmöglich weitergehen. Diese Begegnung mußte die letzte sein. Und wenn er ihr dann in Ermangelung dessen im Kontor den Hof zu machen versuchte, so mußte sie eben die sehr angenehme Stellung aufgeben, aber schließlich hatte ihr die Männerwelt, besonders in der Stadt, nie sehr gefallen. Sie hatte nicht jahrelang fürs tägliche Brot gearbeitet, ohne einen Teil ihrer Illusionen einzubüßen.

      »Wir brauchen doch kein Hehl daraus zu machen«, erklärte Daylight. »Wir können ganz offen zusammen ausreiten, und wenn uns jemand sieht, so schadet es auch nichts. Wenn man redet – schön, solange wir selbst uns nichts vorzuwerfen haben, brauchen wir uns auch nicht darum zu kümmern. Sagen Sie ja, und Bob wird den glücklichsten Mann von der Welt auf dem Rücken tragen.«

      Sie schüttelte den Kopf, zog den Zügel an, da das Pferd ungeduldig wurde, und blickte bedeutungsvoll auf die länger werdenden Schatten.

      »Es ist spät geworden,« sagte Daylight schnell, »und wir haben noch keinen Entschluß gefaßt. Nur noch einen Sonntag – das ist doch nicht viel verlangt –, um das Weitere zu bereden.«

      »Wir haben ja heute den ganzen Tag gehabt«, sagte sie.

      »Aber wir haben zu spät angefangen, darüber zu sprechen. Nächstes Mal wollen wir nicht solange warten. Es ist mir bitterer Ernst, das kann ich Ihnen sagen. Also nächsten Sonntag?«

      »Sind Männer je ehrlich?« fragte sie. »Sie wissen ganz gut, daß Sie mit nächsten ›Sonntag‹ viele Sonntage meinen.«

      »Dann lassen Sie es viele Sonntage sein«, rief er unbekümmert, und ihr schien, er sei noch nie so hübsch gewesen. »Sagen Sie ja. Nur dieses eine Wort. Nächsten Sonntag am Steinbruch ...«

      Sie nahm die Zügel in die Hand, um weiterzureiten. »Gute Nacht,« sagte sie, »und –«

      »Ja«, flüsterte er mit einem ganz leisen gebieterischen Anflug in der Stimme.

      »Ja«,