Gesammelte Werke. Джек Лондон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026884484
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räusperte sich, konnte aber kein Wort herausbringen. Dowsett saß ruhig abwartend da, während Guggenhammer mit Anstrengung stammelte:

      »Sie haben wirklich ein schönes Tohuwabohu angerichtet.«

      Daylights schwarze Augen funkelten vor Vergnügen. »Das will ich meinen!« rief er triumphierend. »Haben wir sie nicht schön angeführt? Ich war selbst ganz überrascht. Ich hätte mir nie träumen lassen, daß es so leicht ginge.«

      »Und jetzt«, fuhr er fort, ehe die entstandene Pause drückend wurde, »können wir wohl abrechnen. Ich möchte gern heute nachmittag abreisen.« Er nahm seine Tasche und griff mit beiden Händen hinein. »Und wenn ihr Wall Street wieder mal einen kleinen Schrecken einjagen wollt, Jungens, dann braucht ihr's mir nur zu sagen.«

      Seine Hände kamen wieder zum Vorschein; sie umschlossen eine Menge Talons, Scheckbücher und Schlußnoten. Er schüttete alles auf den Tisch, griff noch einmal in die Tasche und fischte einige Nachzügler heraus. Dann las er von einem Blatt Papier ab: »Zehn Millionen siebenundzwanzigtausend und zweiundvierzig Dollar und acht Cent betragen meine Ausgaben. Die müssen natürlich vom Gewinn abgezogen werden, ehe wir die ganze Beute zusammenrechnen. Wo habt ihr eure Berechnung? Es muß doch eine mächtige Summe herauskommen.«

      Die drei Männer sahen sich erstaunt an. Entweder war der Mann dümmer, als sie gedacht hatten, oder er spielte ein Spiel, das sie noch nicht durchschauen konnten.

      Nathaniel Letton befeuchtete seine Lippen mit der Zunge und sprach:

      »Es wird noch einige Stunden dauern, Herr Harnish, bis wir die Abrechnung in Ordnung haben. Howison ist gerade dabei. Wir – hm – wie Sie sagen, haben wir befriedigend abgeschnitten. Was meinen Sie, wollen wir jetzt nicht zusammen frühstücken gehen – wir könnten ja dabei über die Sache sprechen. Ich lasse meine Angestellten über Mittag arbeiten, so daß Sie Ihren Zug noch rechtzeitig erreichen können.«

      Dowsett und Guggenhammer gaben ihre Erleichterung fast zu offen zu erkennen. Die Situation klärte sich. Unter den augenblicklichen Verhältnissen war es nicht angenehm, in einem Raum mit dem Manne eingeschlossen zu sein, den sie soeben ausgeplündert hatten, einem Manne, der starke Muskeln hatte und einem Indianer glich. Sie erinnerten sich mit Unbehagen der vielen Geschichten über seine Stärke und Brutalität. Wenn Letton ihn nur so lange hinhalten könnte, bis sie in die polizeibeschützte Welt außerhalb der Bureautüren entwischt waren, so war alles gut. Und Daylight schien mit sich reden zu lassen.

      »Das freut mich wirklich«, sagte er. »Ich möchte nicht gern den Zug versäumen. Sie haben mir eine große Ehre erwiesen, meine Herren, daß Sie mich an diesem Geschäft teilnehmen ließen. Ich weiß das in hohem Maße zu schätzen, wenn ich meinen Gefühlen auch nicht den rechten Ausdruck verleihen kann. Aber ich bin schrecklich neugierig und möchte gern wissen, Herr Letton, wie hoch Sie unsern Gewinn veranschlagen. Können Sie es mir nicht schätzungsweise sagen?«

      Nathaniel Letton sandte seinen Freunden einen flehenden Blick, und es entstand eine Pause. Dowsett, der aus festerem Holz als die beiden andern geschnitzt war, begann zu ahnen, daß der Klondike-Mann spielte, jene aber ließen sich immer noch von seiner kindlichen Unschuld einwiegen.

      »Es ist außerordentlich – hm – schwierig«, begann Leon Guggenhammer vorsichtig. »Sie wissen, daß die Kurse von Ward Valley fabelhaft schwankten, so daß – hm – –.«

      »So daß es ganz unmöglich ist, jetzt schon den Gewinn abzuschätzen«, fuhr Letton fort.

      »Annähernd, annähernd«, meinte Daylight freundlich. »Auf eine Million mehr oder weniger kommt es nicht an. Darüber können wir uns ja später noch einigen. Aber ich bin so neugierig, daß es mich am ganzen Körper juckt. Was meint ihr?«

      »Warum sollen wir weiter unter falschen Voraussetzungen spielen?« fragte Dowsett plötzlich kalt. »Laßt uns die Karten auf den Tisch legen. Herr Harnish hat einen falschen Eindruck von der Sache, und wir wollen ihn aufklären. Diesmal – –.«

      Aber Daylight fiel ihm ins Wort. Er war ein zu guter Pokerspieler, als daß er den psychologischen Faktor außer acht gelassen hätte, und er unterbrach Dowsett, um das Spiel selbst zum Abschluß zu bringen.

      »Da wir gerade von Karten sprechen,« sagte er, »so fällt mir ein Poker ein, den ich mal in Reno in Nevada gesehen habe. Es war nicht gerade, was man ehrliches Spiel nennt. Die Spieler waren alle ausgekochte Jungens. Aber hinter dem Mann, der gab, stand ein neuer, ein Gelbschnabel, und der sah, wie der andere sich unten aus dem Spiel vier Asse nahm. Der Neue ärgerte sich. Er trat zu dem Gegenübersitzenden.

      ›Sie‹, flüsterte er ihm zu. ›Ich habe gesehen, wie der drüben sich vier Asse genommen hat.‹

      ›Na, wenn schon?‹ sagte der Spieler.

      ›Ich wollt' es Ihnen nur sagen, weil ich meinte, daß Sie es wissen sollten‹, sagte der Neue. ›Ich wiederhole, ich hab' es mit eigenen Augen gesehen, wie er sich vier Asse gegeben hat.‹

      ›Wissen Sie was,‹ sagte der Spieler, ›Sie täten am besten, wenn Sie sich verzögen, Sie haben ja keine Ahnung von dem Spiel. Er ist doch am Geben, nicht wahr?‹«

      Das Gelächter, mit dem die Geschichte begrüßt wurde, war weder sehr aufrichtig noch natürlich, doch Daylight schien keine Notiz davon zu nehmen.

      »Ich vermute, daß Ihre Geschichte einen Sinn hat«, sagte Dowsett mit Nachdruck.

      Daylight blickte ihn unschuldig an, antwortete aber nicht. Er wandte sich jovial an Nathaniel Letton.

      »Los«, sagte er. »Geben Sie uns eine Übersicht über unseren Gewinn. Wie ich schon sagte; kommt es auf eine Million mehr oder weniger nicht an, denn es muß ja eine mächtige Summe sein.«

      Letton war jetzt durch die Haltung, die Dowsett einnahm, sicherer geworden und antwortete schnell und entschieden.

      »Ich fürchte, Sie mißverstehen die Situation, Herr Harnish. Wir haben keinen Gewinn mit Ihnen zu teilen. Bitte, regen Sie sich nicht auf. Ich brauche nur auf diesen Knopf zu drücken ...«

      Aber Daylight schien durchaus nicht aufgeregt zu sein, er machte vielmehr den Eindruck, als ob er völlig gelähmt wäre. Mit geistesabwesender Miene griff er in seine Westentasche, zündete ein Streichholz an und entdeckte, daß er keine Zigaretten hatte. Die drei Männer folgten seinen Bewegungen wie Katzen. Sie wußten, daß sie jetzt einige höchst ungemütliche Minuten vor sich hatten.

      »Wollen Sie das bitte noch einmal sagen?« meinte Daylight. »Mir scheint, ich habe nicht ganz richtig gehört. Sie sagten ...?«

      In qualvoller Erwartung hing er an Nathaniel Lettons Lippen.

      »Ich sagte, daß Sie die Situation mißverstehen, Herr Harnish; das war alles. Sie haben an der Börse gespielt und tüchtig dabei verloren. Aber weder Ward Valley noch ich oder meine Kompagnons können sehen, daß wir Ihnen etwas schuldig sind.«

      Daylight deutete auf den Haufen Quittungen und Talons auf dem Tische.

      »Das hier repräsentiert eine Summe von zehn Millionen zwanzigtausendzweiundvierzig Dollar und achtundsechzig Cent in bar. Hat das denn keinen Wert?«

      Letton lächelte und zuckte die Achseln.

      Daylight betrachtete Dowsett und murmelte:

      »Dann hat meine Geschichte doch wohl einen Sinn.«

      Er lachte krampfhaft. »Sie haben die Karten gegeben, und Sie haben richtig gegeben. Schön, ich beklage mich nicht. Ich bin wie der Mann im Poker. Sie haben gegeben und konnten es natürlich so tun, wie Sie es für gut befanden. Und das haben Sie getan – und haben mich bis auf den letzten Heller ausgeplündert.« Er starrte verwirrt den Haufen auf dem Tische an. »Und das alles ist nicht mal das Papier wert, worauf es geschrieben ist. Verflucht noch mal, Sie verstehen Karten zu geben, wenn Sie eine Chance haben. O nein, ich beklage mich nicht. Sie waren am Geben, und Sie haben mich reingelegt, aber ich bin nicht der Mann, zu jammern, wenn mir so was passiert. Die Partie ist jetzt ausgespielt, die Karten liegen auf dem Tisch, und es ist kein Wort weiter drüber zu verlieren, aber ...«