Duell-Codex. Gustav Hergsell. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gustav Hergsell
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066112226
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das Recht der Wahl der Waffen, unserer Meinung nach, dem Lose unterworfen werden.

      Art. 5. — Es ist wohl selbstverständlich, dass jede Androhung des Schlages, besonders die Worte: „Beobachten Sie sich als geohrfeigt etc.” als eine Beleidigung dritten Grades anzusehen ist.

      Beleidigung durch ungerechte Beschuldigung.

      Art. 1. — Wird durch eine Beschimpfung oder ungerechte Beschuldigung (falschen Spieles, Betruges, Diebstahls u. s. w.) die eigene moralische Existenz bedroht, so wird diese Beschimpfung der Beleidigung durch Schlag gleichgestellt.

      Art. 2. — Wird ein Secundant von einem Gegensecundanten aus Anlass des Duelles, welchem sie beigewohnt haben, einer mit den Ehrengesetzen nicht zu vereinbarenden Handlung beschuldigt, so nimmt er, falls diese Beschuldigung ungerechtfertigt erhoben wurde, die Rechte des Beleidigten nach dem dritten Grade an.

      Art. 3. — Erfolgt die Forderung eines Secundanten durch einen Secundanten der Gegenpartei in Folge stattgefundener Meinungsverschiedenheiten anlässlich dieses Duelles, so nimmt der geforderte Secundant die Rechte eines nach dem dritten Grade Beleidigten an, falls er im Rechte gewesen. (Siehe Secundanten und ihre Pflichten, Art. 31.)

      Wir haben bei Besprechung der „Beleidigung durch Beschimpfung” nach Art. 2, sowie nach Art. 3 (Beleidigung durch Schlag) ersehen, dass stets die Rechte des Beleidigten auf den ersten Angreifer übergehen, falls auf eine einfache Beleidigung mit einem Schimpfworte, oder nach einer Beschimpfung mit einem Schlage geantwortet wird.

      Wir können nicht unbedingt diesem Gesetze beipflichten, wenn auch dieselben zur allgemeinen Richtschnur dienen; es können Fälle eintreten, wo die Secundanten einer anderen Meinung sein dürften.

      Nehmen wir beispielsweise an, dass jemand in unserer Gegenwart eine uns nahestehende Dame durch Zudringlichkeiten beleidigt. Von uns zurechtgewiesen, sind wir, im Falle Genugthuung verlangt wird, im Rechte des Beleidigten.

      Werden jedoch von Seite des Zurechtgewiesenen, trotz der vielleicht an ihn ergangenen Aufforderung, den Platz zu verlassen, die Zudringlichkeiten fortgesetzt, oder werden dieselben später wiederholt, so können wir möglicherweise durch die Umstände gezwungen werden, um der peinlichen Situation ein Ende zu bereiten, dem Beleidiger durch ein Schimpfwort oder selbst durch Androhung des Schlages zu antworten.

      Haben wir uns in diesem Falle der Rechte des Beleidigten begeben? Nach dem Duellcodex unbedingt!

      Kann sich aber nicht hierbei die berechtigte Vermuthung aufdrängen, dass vielleicht mit Absicht die Situation von Seite des Provocirenden ausgenützt wurde, um in die Rechte des Beleidigten eintreten zu können und hierdurch die Chancen des Kampfes für sich zu gewinnen?

      Wurde man durch das provocirende Benehmen nicht in eine Art Nothwehr versetzt?

      Welcher Meinung werden die Secundanten sein?

      Wir wollten hierdurch andeuten, dass nicht immer stricte nach dem Wortlaute des Duellcodex gehandelt werden kann, dass einzelne Fälle der Beurtheilung der Secundanten, den Schiedsrichtern oder dem Ehrenrathe überlassen bleiben müssen, gerade so, wie den Richtern von allen Gerichtshöfen der Welt eine gewisse Freiheit in der Beurtheilung der Thatsachen nach den verschiedenen Ursachen und Motiven überlassen bleibt.

      Bereits in der Anmerkung zu dem Capitel über Beleidigungen ersten Grades, Art. 4, wurde die Untersuchung der Frage angedeutet, wie man sich einer grundlosen Herausforderung gegenüber zu benehmen habe.

      Mag man sie im äussersten Falle im Einklänge mit Chatauvillard’s Anschauung für eine Beleidigung ersten Grades dann halten, wenn sie im überquellenden Uebermuthe ohne Tücke und Bosheit erfolgt, so verändert sich die Beurtheilung eines solchen Vorgehens offenbar dann, wenn die grundlose Herausforderung von einem händelsuchenden Raufbold oder Prahlhans absichtlich an einen in der Waffenführung bekannt schwächeren Gegner erfolgt, etwa um sich als überlegener Kämpe mit den wohlfeilen Lorbeeren eines weiteren Sieges brüsten zu können.

      Die in einer solchen Herausforderung gelegene Tücke oder Brutalität lässt an und für sich begründete Zweifel an der tadellosen Ehrenhaftigkeit und Satisfactionsfähigkeit des Herausfordernden zu.

      Es wird daher die Frage, ob die Herausforderung anzunehmen oder ohne irgend einer Einbusse an dem Ansehen in der Ehre des Geforderten abzulehnen sei, ein Ehrenrath zu entscheiden haben.

      Keinesfalls aber wird man dem grundlos Geforderten, der stets der Beleidigte ist, im Falle des Duelles jene Rechte absprechen können, welche einem Beleidigten zweiten oder dritten Grades, je nach der Grösse des bösen Willens oder der Tücke des Herausforderers zustehen.

      Diesen Anschauungen neigt sich auch Croabbon zu. Es lässt sich diesbezüglich vernehmen:

      „Erscheint es gerechtfertigt, jenem, der eine ungenügend begründete Forderung erhält, die gleichen Rechte zu gewähren, die den Beleidigten des zweiten und dritten Grades zukommt?”

      „Das Ziel, das man sich vorstreckt, wenn man für den grundlos Geforderten den oberwähnten Rechtszusatz fordert, ist sehr lobenswerth.”

      „Man geht hierbei ohne Zweifel von der Absicht aus, den Gentleman gegen die Tücke des Raufboldes zu schützen, der aus naheliegender Besorgnis, dass der Raufbold sich noch grösserer Vortheile bedienen könnte (Wahl der Waffen, Art des Duelles, Distanz), selten von dem ungerechtfertigt angegriffenen Gentleman gebührend zurechtgewiesen wird.”

      „Aber das wahre Heilmittel,” sagt Croabbon weiters, in dem er sich unserer Anschauung anschliesst, „muss anderwärts gesucht werden.”

      „Der Augenblick ist gekommen, wo die Schriftsteller, die eine wichtige Stellung in der chevaleresken Literatur einnehmen und die einen wirklichen Einfluss auf ihre Mitbürger ausüben, die Pflicht haben, der absurden Meinung entgegen zu wirken, welche darin besteht, dass eine nicht begründete Forderung unbedingt angenommen werden muss.”

      „Die Pflicht ist es, laut zu verkünden und es stets zu wiederholen, dass das Duell niemals als eine Gelegenheit betrachtet werden soll, seinen Muth zu zeigen, vielmehr soll dasselbe als eine Art von Genugthuung angesehen werden, welche die ritterliche Gesetzgebung jenem gewährt, der eine wohl erwogene Beleidigung erhalten hat.”

      „Nur eine Beleidigung, und zwar eine genügend schwere Beleidigung, kann ein Duell motiviren.”

      „In der That darf das Duell niemals als ein Mittel betrachtet werden, damit zwei Gegner ihre Bravour beweisen können; ohne begründete Beleidigung hat das Duell keine Existenzberechtigung, selbst nicht in den Augen jener, die das Duell als legitim und unerlässlich betrachten.”

      „Der Gentleman, der eine unbegründete Forderung erhält, muss in Stand gesetzt werden, dieselbe zurückweisen zu können, ohne dem Tadel der öffentlichen Meinung ausgesetzt zu sein, die meist Partei für den Raufbold nimmt, und mit Unrecht den angegriffenen Ehrenmann verurtheilt.”

      „Deshalb soll die ritterliche Gesetzgebung, den Zeugen deren Beihilfe bei einer so schimpflichen Handlung ausdrücklich verbieten.”

      „Die Appellation an ein Ehrengericht muss immer offen bleiben; es ist nöthig, dass diese Jury mit ihrer ganzen Autorität den Widerstand des Gentleman, des Provocirten, sowie seiner Vertreter unterstütze.”

      „Schneiden wir das Uebel an seiner Wurzel ab” — sagt Croabbon — „und schützen wir den Gentleman gegen die Unternehmungen der Narren und Raufbolde, ja gegen dessen eigene Schwäche, welche ihn aus Furcht, sich mit dem Makel der Feigheit zu belasten, dazu bewegt, einen Kampf anzunehmen, den er als absurd bezeichnen muss.”

      „Die