Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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ausgezeichnete Ehre zurückzuweisen, die ihm seine Clientin hatte widerfahren lassen.

      »Sie rathen mir also, ihn nicht zu besuchen?«

      »Oh! Gott soll mich behüten, Madame, daß ich Ihnen eine Ungereimtheit dieser Art rathe; ich beklage Sie nur, weil Sie zu einer solchen Zusammenkunft genöthigt sind.«

      »Sie sprechen da, Herr Flageot, wie ein Soldat, der seinen Posten zu verlassen gedenkt. Man sollte glauben, Sie fürchten sich, diesen Prozeß zu betreiben.«

      »Madame, ich habe einige in meinem Leben verloren, bei denen mehr Hoffnung auf einen Gewinn war, als bei diesem.«

      Die Gräfin seufzte, raffte aber ihre ganze Energie zusammen und sprach mit einer Würde, welche einen seltsamen Contrast mit der komischen Physiognomie dieser Unterredung bildete:

      »Ich werde bis zum Ende gehen; man soll nicht sagen, ich sei, während das Recht auf meiner Seite steht, vor der Kabale zurückgewichen. Ich werde meinen Prozeß verlieren, aber ich habe dann den Pflichtvergessenen die Stirne einer Frau von Stand gewiesen, wie nicht viele mehr an dem heutigen Hofe übrig sind. Wollen Sie mir den Arm geben, Herr Flageot, um mich zu dem Herrn Vicekanzler zu begleiten?«

      »Madame,« sprach Meister Flageot, der ebenfalls eine ganze Würde zu Hülfe rief, »wir Oppositionsmitglieder des Parlaments von Paris haben uns geschworen, außerhalb der Audienzen jeden Zusammenhang mit denjenigen zu vermeiden, welche die Parlamente in der Angelegenheit von Herrn d’Aiguillon verlassen haben. Einigkeit bildet die Kraft, und da Herr von Maupeou in dieser ganzen Angelegenheit lavirt hat, da wir uns über ihn zu beklagen haben, so werden wir in unserem Lager bleiben, bis er eine Fahne aufgezogen.«

      »Mein Prozeß nimmt eine schlimme Wendung, wie ich sehe,« seufzte die Gräfin; ..Advokaten mit ihren Richtern entzweit, Richter mit ihren Clienten entzweit  . . . Gleichviel, ich werde ausharren.«

      »Gott stehe Ihnen bei, Madame!« sprach der Advokat, und warf seinen Schlafrock auf seinen linken Arm, wie es ein römischer Senator mit seiner Toga gemacht hätte.

      »Das ist ein trauriger Advokat.« murmelte Frau von Béarn für sich. »Ich befürchte weniger Glück mit ihm vor dem Parlament zu haben, als ich dort vor meinem Kopfkissen hatte.«

      Dann sagte sie laut, und mit einem Lächeln, unter dem sie ihre Unruhe zu verbergen suchte:

      »Leben Sie wohl, Meister Flageot, ich bitte Sie, studiren Sie den Prozeß gut, man kann nicht wissen, was geschieht.«

      »Oh! Madame,« erwiederte Meister Flageot, »es ist nicht die Vertheidigungsrede, was mich in Verlegenheit setzt. Ich glaube, sie wird schön sein, um so schöner, als ich furchtbare Anspielungen einzumischen im Sinne habe.«

      »Auf was, mein Herr, auf was?«

      »Auf die Verdorbenheit von Jerusalem, Madame, das ich mit den verfluchten Städten vergleiche, und auf welches ich das Feuer des Himmels herabrufen werde. Sie begreifen, Madame, Niemand wird sich täuschen, Jerusalem wird Versailles sein.«

      »Herr Flageot,« rief die alte Dame, »gefährden Sie sich nicht, oder gefährden Sie vielmehr meinen Prozeß nicht.«

      »Ei! Madame, Ihr Prozeß ist mit Herrn von Maupeou verloren; es handelt sich also nur darum, ihn vor unsern Zeitgenossen zu gewinnen, und da man uns keine Gerechtigkeit widerfahren läßt, so wollen wir Scandal machen.

      »Herr Flageot . . .«

      »Madame, lassen Sie uns Philosophen sein, lassen Sie uns donnern.«

      »Der Teufel donnere dir,« brummte die Gräfin, ,.abscheulicher Rabulist, der du in Allem dem nur ein Mittel siehst, dich in deine philosophischen Fetzen zu hüllen. Ich gehe zu Herrn von Maupeou, er ist kein Philosoph, und ich habe bei ihm vielleicht wohlfeileren Kauf, als bei dir.«

      Hienach verließ die alte Gräfin Meister Flageot und entfernte sich aus der Rue du Petit-Lion-Saint-Sauveur, nachdem sie in zwei Tagen alle Stufen der Leiter der Hoffnungen und der Täuschungen durchlaufen hatte.

       XXX.

      Der Vice

      Die alte Gräfin zitterte an allen Gliedern, als sie sich zu Herrn von Maupeou begab.

      Es kam ihr indessen auf dem Wege ein Gedanke, der ganz geeignet war, sie zu beruhigen. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die vorgerückte Stunde Herrn von Maupeou nicht erlauben, sie zu empfangen, und sie würde sich dann begnügen, ihren nahe bevorstehenden Besuch dem Schweizer anzukündigen.

      Es mochte in der That sieben Uhr Abends sein, und obgleich es noch Tag war, so hatte sich doch die Gewohnheit, um vier Uhr zu speisen, bereits unter dem Adel verbreitet und unterbrach im Allgemeinen jedes Geschäft vom Mittagsbrod bis zum andern Morgen.

      Frau von Béarn, welche den Vicekanzler sehnlichst zu treffen wünschte, fühlte sich jedoch getröstet bei dem Gedanken, sie würde ihn nicht finden. Es ist dies einer von den häufigen Widersprüchen des menschlichen Geistes, die man stets begreifen wird, ohne sie zu erklären.

      Die Gräfin erschien also, fest darauf rechnend, der Schweizer würde sie zurückweisen. Sie hielt einen Drei-Livres-Thaler bereit, um den Cerberus zu besänftigen und ihn zu veranlassen, ihren Namen in der Liste der erbetenen Audienzen aufzunehmen.

      Als sie vor das Hotel kam, sah sie den Schweizer mit einem Huissier sprechen, der ihm einen Befehl zu geben schien. Sie wartete bescheidener Weise, aus Furcht, die zwei Sprechenden zu stören; sobald sie aber der Huissier in ihrem Miethwagen erblickte, zog er sich zurück.

      Der Schweizer näherte sich dem Wagen und fragte nach dem Namen der Sollicitantin.

      »Oh!« sagte sie, »ich weiß, daß ich wahrscheinlich nicht die Ehre haben werde, Seine Excellenz zu sehen.«

      »Gleichviel, Madame,« sprach der Schweizer, »erweisen Sie mir die Ehre, mir zu sagen, wie Sie heißen.«

      »Gräfin von Béarn.«

      »Monseigneur ist zu Hause.«

      »Wie beliebt?« versetzte Frau von Béarn im höchsten Maße erstaunt.

      »Ich sage, Monseigneur sei zu Hause,« wiederholte der Schweizer.

      »Doch ohne Zweifel empfängt Monseigneur nicht?«

      »Er wird die Frau Gräfin empfangen,« erwiederte der Schweizer.

      Frau von Béarn stieg aus, ohne zu wissen, ob sie träumte oder wachte. Der Schweizer zog an einer Schnur, welche eine Glocke zweimal ertönen machte. Der Huissier erschien auf der Freitreppe, und der Schweizer machte der Gräfin ein Zeichen, daß sie eintreten könne.«

      »Sie wollen mit Monseigneur sprechen? fragte der Huissier.

      »Das heißt, mein Herr, ich wünsche diese Gunst, ohne daß ich sie zu hoffen wage.«

      »Wollen Sie mir folgen, Frau Gräfin.«

      »Man sagt so viel Schlimmes von diesem Beamten!« dachte die Gräfin, während sie dem Huissier folgte, »er hat jedoch eine große Eigenschaft, die, zu jeder Stunde zugänglich zu sein. Ein Kanzler!  . . . das ist seltsam.«

      Und indeß sie vorwärts ging, zitterte sie bei dem Gedanken, einen um so herberen, um so unfreundlicheren Mann zu finden, als er sich dieses Vorrecht durch die beständige Ausübung seiner Pflichten gab.

      Herr von Maupeou arbeitete, unter einer großen Perrücke begraben und in ein Kleid von schwarzem Sammet gehüllt, bei offenen Thüren in seinem Cabinet.

      Als die Gräfin eintrat, warf sie einen raschen Blick umher, aber sie sah zu ihrem Erstaunen, daß sie allein war, und daß sich kein anderes Gesicht, als das ihrige und das des magern, gelben, geschäftigen Kanzlers in den Spiegeln wiederstrahlte.

      Der Huissier meldete die Frau Gräfin von Béarn.

      Herr von Maupeou stand rasch auf und fand sich mit derselben Bewegung an seinen Kamin angelehnt.

      Frau von Béarn machte die drei durch die Etiquette vorgeschriebenen Verbeugungen.

      Das kleine Kompliment, das auf die Verbeugungen folgte, war etwas verlegen. Sie erwartete diese Ehre nicht  . . .