John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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ein mattes, krankhaftes Dämmerlicht. Bald fing es an zu regnen; in einer halben Stunde war ich durchnäßt. Ich lief indeß, ohne zu rasten, in die traurige öde Nacht hinein.

      In etwa anderthalb Stunden bemerkte ich die ersten Häuser von Walsmouth. Ich war ungeachtet des raschen, ununterbrochenen Laufens gar nicht müde. Ich stand still, um mich zu orientiren, denn ich mußte, ohne zu fragen, in Jemmy’s Schenke gehen. Ein Matrose mußte die Schenke kennen, eine Erkundigung würde Verdacht erregt haben.

      Da ich nur einige Häuser vor mir sah, so entschloß ich mich in das Dorf zu gehen, ich hoffte die Schenke an einem äußern Zeichen zu erkennen.

      Master Jemmy hatte wenigstens keinen Versuch gemacht, durch falschen Schein zu täuschen. Es war eine wahre Spelunke. In der schmalen niedrigen Thür war eine vergitterte Oeffnung, durch welche der Wirth die ankommenden Gäste mustern konnte, ehe er sie einließ.

      Ich schaute durch das Gitter; aber es war stockfinster dahinter, und ich konnte nur einige schmale Lichtstreifen bemerken, welche durch die Spalten einer Thür drangen.

      »He da!« rief ich und klopfte.

      Keine Antwort. – Ich wartete einen Augenblick, rief und klopfte dann wieder, aber ohne Erfolg. Ich ging nun rückwärts einige Schritte von diesem sonderbaren Hause weg, um zu sehen, ob nicht ein anderer Eingang vorhanden sei, denn die Thür war vielleicht nur der Symmetrie wegen da. Aber die Fenster waren sorgfältig verrammelt, ich mußte daher auf dem gewöhnlichen Wege ins Haus zu kommen suchen. Ich trat also zum dritten Male an die Thür; aber dieses Mal blieb mein Gesicht einige Zoll von dem Gitter entfernt; hinter den Eisenstangen bemerkte ich ein anderes Gesicht, welches mich forschend betrachtete.

      »Endlich!« sagte ich.

      »Wer seid Ihr? Was wollt Ihr?« sagte eine sanfte Mädchenstimme, die ich hier nicht erwartet hätte.

      »Wer ich bin, mein schönes Kind?« erwiederte ich. »Ich bin ein armer unglücklicher Matrose, der wahrscheinlich im Hundeloch übernachten wird, wenn Ihr ihn nicht einlaßt.«

      »Zu welchem Schiff gehört Ihr?«

      »Zum »Boreas«, der morgen Früh unter Segel geht.«

      »Kommt herein,« sagte das Mädchen und öffnete gerade so weit, daß ich eben hineinschlüpfen konnte.

      Dann schob sie wieder zwei starke Riegel vor und legte überdies noch einen Pfahl quer vor die Thür.

      Ich gestehe, daß mir der kalte Schweiß ausbrach, als die Thür so fest hinter mir verrammelt wurde. Aber ich konnte nicht mehr zurück.

      Das Mädchen öffnete die Stubenthür. Mein Blick fiel zuerst auf Master Jemmy, dessen bärbeißiges Aussehen wohl geeignet gewesen wäre, einem minder entschlossenen Kundschafter einen Schrecken einzujagen. Es war ein fast sechs Fuß hoher, breitschulteriger Kerl mit rothen Haaren; sein Gesicht verschwand von Zeit zu Zeit hinter dem Tabaksrauch seiner Pfeife, und wenn sich der Rauch verzog, sah ich seine feurigen Augen leuchten, deren scharfer, durchdringender Blick in dem Innersten meiner Seele zu lesen schien.

      «Vater,« sagte sie, »es ist ein armer Bursch, der in Strafe verfallen ist und für diese Nacht um ein Obdach bittet.«

      »Was bist Du?« fragte Jemmy nach einer kurzen Pause und mit unverkennbarem irischen Accent.

      »Wer ich bin?« antwortete ich im Munsterschen Dialekt, den ich sehr geläufig sprach. »Mich dünkt doch, Master Jemmy, das ich es Euch weniger als jedem Andern zu sagen brauche.«

      Ja daß ist wahr!« erwiederte der Wirth, der unwillkürlich aufstand, als er das geliebte Idiom seiner grünen Insel hörte.

      »Und von reinem Geblüt,« setzte ich hinzu.

      »Dann sei willkommen!« sagte er und reichte mir die Hand.

      Ich trat vor, um von der Ehre, die mir Jemmy erwies, Gebrauch zu machen. Aber er schien noch ein Bedenken zu haben; er sah mich noch einmal mit seinen funkelnden Augen an und sagte:

      »Wenn Du ein Irrländer bist, mußt Du Katholik sein.«

      »Wie St. Patrick,« antwortete ich.

      »Das wollen wir sogleich sehen,« sagte Jemmy.

      Bei diesen Worten, die mir doch einige Angst machten, trat er vor einen Schrank, nahm ein Buch heraus und schlug es auf.

      Ich sah ihn sehr erstaunt an.

      »Antworte,« sagte er; »wenn Du wirklich Katholik bist, so mußt Du die Messe können.»

      Ich verstand sogleich, was er von mir verlangte. Ich hatte als Knabe oft mit dem Meßbuch der Mistreß Denison gespielt und nicht nur die heiligen Bilder betrachtet, sondern mir auch die Responsorien gemerkt. Ich gab daher dreist die auf seine vorgebeteten Sätze passenden Antworten.

      »Bravo!« sagte Jemmy und legte das Buch wieder in den Schrank. »Du bist ein Bruder. Jetzt sage, was wünschest Du? Du sollst bedient werden, wenn Du Geld hast.«

      »O, das Geld fehlt nicht,« antworte ich und klapperte mit einigen Thalern in der Tasche.

      »Dann vivat St. Patrick!« sagte der ehrenwerthe Herbergsvater erfreut. »Mein Junge, Du kommst wie gerufen zu der Hochzeit.»

      »Ja der Hochzeit?» erwiederte ich erstaunt.

      »Ja wohl. Kennst Du Bob?«

      »Bob? freilich kenne ich ihn.«

      »Er heiratet.«

      »Wirklich?«

      »Ja, und eben jetzt ist er in der Kirche.«

      »Aber er ist doch nicht der Einzige vom »Trident?« fragte ich.

      »Nein, mein Junge, es sind ihrer sieben, gerade so viel wie es Todsünden gibt.«

      »Wo sind sie denn?«

      »Sie der Kirche. Ich will Dich hinführen.«

      »Bemühet Euch nicht, Master Jemmy, erwiederte ich ; »ich kann ja allein hingehen.«

      »Ja wohl, damit Dich die Kundschafter Sr. brittischen Majestät auf der Straße packen. Nein, mein Junge, das geht nicht. Komm hierher.«

      »Habt Ihr denn einen heimlichen Gang zur Kirche?«

      »Ja, wir sind maschinirt wie das Theater in Drurylane, wo in einer Pantomime fünfundzwanzig Verwandlungen vorkommen. Komm mit mir.«

      Jemmy faßte mich beim Arm und zog mich sehr freundlich, aber zugleich mit solcher Riesenkraft fort, daß es mir nicht möglich gewesen wäre, den mindesten Widerstand zu leisten. Aber der Gang zur Kirche paßte nicht in meinen Kram, ich hatte nicht den mindesten Wunsch mit den Ausreißern znsammenzutreffen.

      Ich griff unwillkürlich nach meinem Dolch, den ich unter meinem rothen Hemde versteckt trug. Einstweilen folgte ich meinem gewaltigen Führer; ich war entschlossen den Umständen gemäß zu handeln, aber nöthigenfalls das Außerste zu wagen, denn meine ganze Laufbahn hing wahrscheinlich von dem Erfolge dieses gefährlichen Unternehmens ab.

      Wir gingen durch zwei oder drei Stuben. In einer derselben stand ein mit Speisen und Getränke beladener Tisch. Dann stiegen wir in einen dunkeln Keller hinab. Jemmy ging, ohne mich loszulassen, langsam und vorsichtig vorwärts. Endlich öffnete er nach kurzem Besinnen eine Thür. Kühle Luft wehte uns entgegen. Ich stieß mit dem Fuße an eine Treppe. Kaum war ich einige Stufen hinaufgestiegen, fühlte ich einen feinen Regen im Gesicht. Ich schaute auf und sah den bewölkten Himmel über mir. Ich sah mich um, wir waren auf einem Friedhofe, an dessen Ende die Kirche mit zwei erleuchteten Fenstern stand.

      Der Augenblick der Gefahr kam heran. Ich zog meinen Dolch halb aus der Scheide und schickte mich an weiter zu gehen; aber nun stand Jemmy still.

      »Jetzt,« sagte er, »geh nur gerade aus, mein Junge, Du kannst Dich nicht verirren und hast auch sonst nichts zu fürchten. Ich gehe wieder ins Haus. Du kommst mit den Brautleuten zurück; Du wirst am Tische einen Platz für Dich finden.«

      Zugleich that sich der Schraubstock auf, in welchem mein Arm eingeklemmt war, und ohne mir Zeit zu einer Antwort zu lassen, kehrte Jemmy um und verschwand sogleich unter dem Treppengewölbe.

      Kaum