John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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die Stapelplätze in der Levante besuchen würden, und diese Hoffnung hatte nicht wenig beigetragen, meinen Schmerz über die Trennung von meinen theuren Eltern zu mildern. Ich knüpfte daher an die letzten Worte des Capitäns an und fragte:

      »Werden Sie lange in Gibraltar bleiben?«

      »Ich weiß es noch nicht. Ich werde dort die Befehle der Admiralität erwarten,« antwortete der Capitän und sah wieder nach der Wolke hin.

      Ich wartete eine Weile, ob er das Gespräch wieder aufnehmen würde ; da er schwieg, so salutirte ich und wollte mich entfernen; aber er gab mir einen Wink.

      »Hören Sie, lieber Davys,« sagte er, »lassen Sie einige Flaschen Bordeaux heraufbringen und geben Sie sie dem armen David – aber er muß es als ein Geschenk von Ihnen ansehen.«

      Ich war so gerührt, daß ich eine Hand des Capitäns ergriff und an meine Lippen ziehen wollte. Er entzog sie mir lächelnd.

      »Gehen Sie,« sagte er, »ich« empfehle Ihnen den armen Teufel. Ich werde Alles gutheißen, was Sie thun.«

      Als ich wieder auf dem Verdeck war, betrachtete ich die Wolke, die inzwischen, wie eine Operndecoration, eine andere Form angenommen hatte. Sie sah nun aus wie ein riesiger Adler mit ausgebreiteten Flügeln. Am Bord war indeß keine Veränderung wahrzunehmen. Die Matrosen spielten oder plauderten auf dem Verdeck.

      Der Capitän setzte seine Promenade auf dem Hinterdeck fort. Der erste Lieutenant saß oder vielmehr lag auf der Laffete einer Coronade. Die Wache saß im Mastkorbe, und Bob schien, an die Backbordverschanzung gelehnt, die vom Schiffe aufgetriebenen Schaumflocken zu betrachten. Ich setzte mich zu ihm und pfiff die Melodie eines alten irischen Wiegenliedes, welches mir Mistreß Denison oft vorgesungen hatte.

      Bob hörte eine Weile schweigend zu; aber bald wandte er sich zu mir, nahm seine Mütze ab und sagte zögernd zu mir:

      »Mit Respect zu melden, Mister Davys, ich habe von alten erfahrenen Leuten gehört, daß es gefährlich sei den Wind zu rufen, wenn der Großadmiral der Wolken eine so große Ladung in Bereitschaft hat, wie eben jetzt.«

      »Du willst damit sagen, alter Püster,« erwiederte ich lachend, »daß meine Musik Dir nicht gefällt und daß ich schweigen soll?«

      »Ich habe Ew. Gnaden nichts zu befehlen, ich bin vielmehr jederzeit bereit Ihren Befehlen zu gehorchen; ich habe ja nicht vergessen, was Sie für den armen David gethan. Aber für den Augenblick dürfte es gerathen sein den Wind nicht zu wecken. Wir haben eine hübsche Nordnordwestbrise, und das ist Alles, was ein unter dem weißen Bramsegel, unter den beiden Marssegeln und dem Focksegel fahrendes rechtschaffenes Schiff braucht.«

      »Aber, lieber Bob,« erwiederte ich, um ihn gesprächig zu machen, »woraus schließet Ihr denn, daß das Wetter umschlagen müsse? Der ganze Himmel ist ja heiter, bis auf jenen dunkeln Streifen.«

      »Mister John,« sagte Bob und legte seine breite Hand auf meinen Arm, »ein Schiffsjunge braucht acht Tage Zeit, um zu lernen, wie man ein Tau splißt oder eine Beschlagleine einzieht; aber ein Seemann braucht eine ganze Lebenszeit, um die Schrift des Himmels in den Wolken lesen zu lernen.«

      »Ja, ja,« antwortete ich und schaute wieder auf den Horizont, »ich sehe wohl, daß sich dort etwas zusammenzieht, aber es scheint mir nicht von Bedeutung.«

      »Mister John,« sagte Bob mit einem Ernst, der doch einigen Eindruck auf mich machte, »wer die Wolke dort für einen Windstoß oder eine Bö kauft, verdient hundert Procent daran. Es ist ein Sturm im Anzuge, ein tüchtiger Sturm.«

      »Wirklich?« erwiederte ich, erfreut über die Gelegenheit, aus seiner Erfahrung einigen Nutzen zu ziehen ; »ich hatte gewettet, daß wir für den Augenblick nur einen hohen Windstoß zu fürchten hätten.«

      »Weil Sie nur nach einer Seite hinschauen. Wenden Sie sich nur ostwärts, Mister John. Ich habe noch nicht hingesehen; aber so wahr als ich Bob heiße, ich bin überzeugt, daß dort etwas im Werke ist« .

      Ich sah mich um und bemerkte wirklich eine Reihe Wolken, welche wie Inseln aus dem Meere hervorzukommen schienen und ihre grauweißen Köpfe emporstreckten. Bob hatte Recht; es waren zwei Gewitter im Anzuge. Aber ehe der Sturm eine bestimmte Richtung nahm, war nichts zu thun, und Alle am Bord spielten, plauderten oder promenirten ruhig fort.

      Nach und nach fing der bisher frische Wind an zu flattern, der Himmel bezog sich, das Meer bekam eine aschgraue Farbe und man hörte den fernen Donner. Da wurde Alles still am Bord, man hörte nur das Flattern des Bramsegels.

      »Heda, Topmast!« rief der Capitän dem Matrosen im Mastkorbe zu, »was macht der Wind?«

      »Er ist noch nicht ganz still,« antwortete der Mastwächter; »aber er kommt nur noch stoßweise, und jeder Windstoß wird schwächer und wärmer.«

      »Komm herunter!« rief der Capitän.

      Der Matrose kletterte mit einer Schnelligkeit, welche bewies, daß ihm die Abkürzung seiner Wache gar nicht unlieb war, am Tauwerk herab und nahm mitten zwischen seinen Cameraden Platz. Der Capitän setzte seine Promenade fort und Alles ward wieder still.

      »Euer Camerad scheint sich geirrt zu haben,« sagte ich zu Bob; »die Segel blähen sich wieder und das Schiff geht tüchtig vor dem Winde. Sehet nur.«

      »Es wird bald anders werden,« erwiederte Bob.

      Er hatte Recht. Das Schiff legte noch etwa eine Viertelmeile vor dem Winde rasch zurück; dann fing es an zu schwanken und auf den Wellen zu tanzen.

      »Alle an Deck! rief der Capitän.

      Sogleich kam die übrige Mannschaft aus allen Winkeln hervor und Jedermann war der weitern Befehle gewärtig.

      »Oho!« sagte Bob, »unser Capitän trifft frühzeitig seine Vorkehrungen. Mich dünkt, wir haben noch eine gute halbe Stunde Zeit, ehe sich der Wind entschließt, von welcher Seite er zu blasen gedenkt.«

      »Sehet,« sagte ich, »er hat sogar den Lieutenant Burke geweckt – er steht auf.«

      »Der Lieutenant hat so wenig geschlafen wie Sie,« erwiederte Bob leise.

      »Wie! Sehet ihn nur an, er gähnt ja wie ein Windhund.«

      »Man gähnt nicht immer aus Müdigkeit,« entgegnete Bob; »fragen Sie nur den Arzt.«

      »Was bedeutet denn das Gähnen sonst noch?«

      »Daß das Herz aufschwillt. Sehen Sie nur den Capitän an, er gähnt nicht. – Da wischt sich der Lieutenant das Gesicht mit dem Schnupftuch ab. Und nun geht er gar an erneut Stock, er hat doch sonst einen so sichern Tritt.«

      »Was wollt Ihr damit sagen, Bob?«

      »Nichts; ich weiß was es bedeutet.«

      Burke trat auf den Capitän zu und Beide wechselten einige Worte.

      »Achtung!« rief der Capitän.

      Dieser mit starker Stimme ertheilte Befehl wirkte wie ein elektrischer Schlag auf die ganze Mannschaft. Der Capitän warf einen Blick auf das Verdeck, um zu sehen, ob jeder auf seinem Posten war; dann fuhr er fort:

      »Die Kette des Blitzableiters ins Wasser! Die Eimer und die Feuerspritze gefüllt! die Lunten von den Kanonen weg! die Zündlöcher verstopft! die Stückpforten, Luftlöcher und Fenster geschlossen! Kein Luftzug darf im Schiffe sein!«

      In diesem Augenblicke fing es stärker an zu donnern, als ob das Gewitter den angeordneten Vorkehrungen Hohnsprechen wollte. In zehn Minuten waren die Befehle vollzogen und Jedermann nahm seinen Platz auf dem Verdeck wieder ein.

      Das Meer war noch ruhig, kein Lüftchen regte sich; die Segel hingen schlaff von den Raaen herab, es wurde immer dunkler und schwüler; die kupferfarbenen Wolken senkten sich immer tiefer und schienen sich auf den Mastspitzen zu lagern.

      Unsere geringsten Bewegungen machten ein unheimliches Getöse in dieser Todtenstille, die nur von Zeit zu Zeit durch den Donner unterbrochen wurde, und doch war noch nicht zu bemerken, von welcher Seite der Wind kommen würde. Der Sturm schien, wie ein Missethäter, zu zögern, ehe er sein Zerstörungswerk begann.

      Endlich bemerkte man hier und da ganz kleine, von Osten nach Westen treibende