John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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der Capitän; »kommen Sie her und sehen Sie.«

      Ich trat an den Tisch und warf einen Blick aus die Karte.

      »Sehen Sie dieses Dorf?« fragte er.

      »Walsmouth?« sagte ich.

      »Ja Was glauben Sie, wie weit es von der Küste entfernt ist?«

      »Nach dem Maßstabe zu urtheilen, etwa acht Miles.«

      »Ganz recht. Kennen Sie das Dorf?«

      »Nein, ich habe den Namen nicht einmal gehört.«

      »Würden Sie aber mit Hilfe der topographischen Erläuterungen den Weg von der Stadt nach diesem Dorfe finden?«

      »O ja.«

      »Gut. Halten Sie sich bereit. Um sechs Uhr wird Ihnen Mr. Burke das Uebrige sagen.«

      »Sehr wohl, Capitän.«

      Ich salutirte und ging wieder aus das Verdeck. Mein erster Blick fiel auf die Stelle des Hafens, wo ich meine theilten Eltern gelassen hatte, aber ich sah sie nicht mehr. Es war also geschehen! ich ließ einen Abschnitt meines Lebens hinter mir zurück. Dieser Lebensabschnitt war eine schöne Wanderung über grüne Auen, im milden Sonnenschein des Frühlings gewesen, die Liebe meiner Theueren hatte mich auf jedem Schritte begleitet. Ich stand nun am Anfange eines rauhen, mühsam zu ersteigenden Pfades.

      Während ich, an den Besanmast gelehnt, traurig zum Ufer hinblickte, fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Es war einer meiner künftigen Cameraden, ein Jüngling von sechzehn bis siebzehn Jahren, der schon drei Jahre gedient hatte. Ich salutirte, und er erwiederte meinen Gruß mit der unter den englischen Seeoffizieren üblichen Höflichkeit.

      Dann sagte er mit einem Anfluge von Ironie:

      »Mister Davys, der Capitän hat mich beauftragt, Ihnen von der Bramstange des Hauptmastes bis zur Pulverkammer die Honours zu machen. Da Sie aller Wahrscheinlichkeit nach einige Jahre am Bord des »Trident« zubringen werden, so wird es Ihnen nicht unlieb sein, seine nähere Bekanntschaft zu machen.«

      »Ich werde diesen Besuch in Ihrer Gesellschaft mit Vergnügen machen, obschon ich vermuthe, daß der »Trident« wie alle Kriegsschiffe von Kanonen ist, und ich hoffe lange Ihr Camerad zu bleiben. Sie kennen meinen Namen; darf ich fragen, wem ich für meine erste Lection zu danken habe?«

      »Ich heiße James Bulwer; ich kam vor drei Jahren aus der Marineschule zu London und habe seit dem zwei Reisen gemacht, nach dem Nordcap und nach Calcutta. Sie kommen wahrscheinlich auch aus einer Vorbereitungsschule?«

      »Nein,« antwortete ich; »ich war bis jetzt im College zu Harrow-on-the-Hill, und sah vorgestern zum ersten Male das Meer.«

      James lächelte.

      »Dann,« setzte er hinzu, »fürchte ich nicht Sie zu langweilen; die Gegenstände, welche Sie sehen werden, sind Ihnen gewiß neu und werden Ihr Interesse erregen.«

      Ich antwortete mit einer leichten Verbeugung und folgte meinem Cicerone, der mit mir die Treppe am Besanmast hinunter stieg und mich auf das zweite Verdeck führte.

      Er zeigte mir den zwanzig Fuß langen Speisesaal, der durch eine nöthigenfalls abzunehmende Scheidewand von der Cajüte getrennt war. Unsere sechs Schlafcabinte waren ebenfalls eingerichtet, daß sie bei einem bevorstehenden Gefecht verschwinden konnten. Vor der großen Cajüte fanden wir den Wachposten, die Küche und Speisekammern u.s.w. Auf jeder Seite, am Steuerbord und Backbord, war eine prächtige Batterie von dreißig Achtzehnpfüdern aufgepflanzt.

      Von dem zweiten Verdeck gingen wir zu dem ersten hinunter, welches wir mit gleicher Aufmerksamkeit in Augenschein nahmen. Hier fanden wir die Pulverkammer, die Cajüten des Schreibers, des Geschützmeisters, des Arztes, des Geistlichen und alle Hängematten der Matrosen. Vor den Stückpforten waren achtundzwanzig Kanonen von größerem Caliber aufgepflanzt; es waren Achtunddreißigpfünder, ans Laffeten ruhend und mit Zugwinden und nöthigem Zubehör versehen. Von da gingen wir zum untersten Verdeck hinab. Zuerst machten wir die Runde um die Gallerien, welche angebracht sind, damit man sehen kann, ob während des Gefechtes eine Kanonenkugel unter der Wasserlinie in das Schiff schlägt; dann besuchten wir die Proviantmagazine, sowie die Kammern, wo Taue, Segel und verschiedene Geräthe und Materialien aufbewahrt werden. Endlich kam die Reihe an den Kielraum, den wir eben so sorgfältig in Augenschein nahmen wie die übrigen Schiffsräume.

      James hatte Recht; alle diese Gegenstände waren mir zwar nicht so neu, wie er glaubte, aber sie waren doch sehr merkwürdig. Abgesehen von dem Unterschiede zwischen einer Brigg und einem Kriegsschiffe, war mir die ganze Einrichtung wohl bekannt; aber im Vergleich mit dem, was ich bis dahin gescheit hatte, zeigte sich Alles in so kolossalen Verhältnissen, daß ich, wie Gulliver, plötzlich in das Land der Riesen versetzt zu sein glaubte. Wir stiegen wieder auf das oberste Verdeck, und James wollte mir eben das Mast- und Takelwerk zeigen, als zu Tisch geläutet wurde. Die Glocke rief uns zu einem höchst wichtigen Geschäft, wir zögerten daher keine Secunde. – In der Cajüte fanden wir vier andere junge Leute von unserm Alter.

      Wer je ein englisches Kriegsschiff betreten hat, kennt die Kost der Midshipman. Die künftigen Howe und Nelson bekamen Tag für Tag halb rohes Roastbeef mit Kartoffeln in der Schale zu essen und dazu sogenannten Porter zu trinken, und dieses einfache Mahl wird auf einem baufälligen, mit einem meistens schmutzigen Tuch belegten Tische servirt. Glücklicherweise war ich in der Lehranstalt an schlechte Kost gewöhnt worden und ließ mir’s recht wohl schmecken, zum großen Aerger meiner Cameraden, welche vermuthlich auf meine Portion mit gezählt hatten.

      James, der vermuthlich eine ruhige Verdauung liebte, sagte nichts mehr von unserer früher beabsichtigten Wanderung in die lustigen Regionen des Tauwerks , sondern setzte sich mit den Uebrigen zum Kartenspiel. Es war gerade Zahltag; jeder hatte Geld in der Tasche. Ich hatte von je her einen großen Abscheu vor dem Spiel, der mit den Jahren zugenommen hat. Ich lehnte die Theilnahme ab und ging Wieder auf das Verdeck.

      Das Wetter war schön, der Westnordwestwind war unserer Abfahrt höchst günstig. Die Vorbereitungen wurden mit allem Eifer getroffen. Der Capitän ging auf der Steuerbordseite des Hinterdecks auf und ab, von Zeit zu Zeit still stehend, um nachzusehen; aus der Backbordseite gab der zweite Lieutenant lauter und ungeduldiger seine Befehle.

      Man brauchte diese beiden Männer nur anzusehen, um die Verschiedenheit ihres Charakters wahrzunehmen.

      Capitän Stanbow war bereits ein Sechziger. Der englischen Aristokratie angehörend, war ihm seine Weltsitte zur andern Natur geworden. Er hatte auch einige Jahre in Frankreich gelebt. Sein etwas träges Naturell zeigte sich am deutlichsten, wenn sich einer seiner Untergebenen etwas hatte zu Schulden kommen lassen, und er nahm erst einige Prisen Spaniol, ehe er sich entschloß, die Strafe zu dictiren. Diese Schwäche nahm seinem Urtheil den Anschein der Gerechtigkeit; er that nie einem Unrecht, aber selten strafte er zur rechten Zeit.

      Diese im Umgange mit Menschen so angenehme, aber auf einem Kriegsschiffe sehr gefährliche Herzensgüte behielt bei ihm immer die Oberhand. Das schwimmende Gefängniß, wo das Leben vorn Tode, die Zeit von der Ewigkeit nur durch einige Bretter getrennt ist, hat seine eigenthümlichen Sitten, seine absonderliche Bevölkerung: es bedarf eines eigenthümlichen Gesetzbuchs. Der Matrose steht zugleich über und unter dem civilisirten Menschen; er ist hochherzjger, kühner und furchtbarer; aber die beständige drohende Gefahr, welche seine guten Eigenschaften entwickelt, bringt auch die schlechten Neigungen zur Reife. Der Seemann gleicht dem Löwen, der seinem Herrn entweder schmeichelt oder ihn zerreißt. Es bedarf daher anderer Triebfedern um die rauhen Söhne des Oceans anzuregen oder im Zaum zu halten, als um die weichherzigen Kinder des Festlandes zu beherrschen. Und diese gewaltigen Triebfedern wußte unser sanftmüthige ehrwürdige Capitän nicht anzuwenden. Im Gefecht oder Sturm war von dieser Unschlüssigkeit und unzeitigen Milde keine Spur vorhanden. Seine hohe Gestalt wurde dann wahrhaft imponirend, seine Stimme laut und gebietend, und sein Auge sprühte Feuer. Aber sobald die Gefahr vorüber war, verfiel er wieder in seine sanfte Stimmung – der einzige Fehler, den ihm selbst seine Feinde vorwerfen konnten.

      Lieutenant Burke bildete einen so auffallenden Gegensatz zu dem Charakter des Capitäns, daß es fast den Anschein hatte, als ob die Vorsehung die beiden Männer auf ein Schiff gewiesen hätte, um sich gegenseitig zu ergänzen und die Schwäche