John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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daß die Kirchhofsmauer nicht hoch war, ich konnte daher entkommen, ohne durch die Kirche zu gehen.

      Ich lief auf die Mauer los, stieg rasch an den hervorstehenden Steinen hinauf und sprang an der andern Seite hinunter. Ich stand in einer ganz menschenleeren Seitengasse. Ich wußte nicht genau, wo ich war; aber ich orientirte mich nach dem Winde, der mir auf dem ganzen Wege gerade entgegengeweht hatte; ich brauchte ihm daher nur den Rücken zu kehren, um meines Weges ziemlich sicher zu sein. – So kam ich bald zum Dorfe hinaus.

      Links bemerkte ich die an der Landstraße stehenden hohen Bäume. Ich ging auf diese Bäume zu. Dreißig Schritte von der Straße war das verfallene Haus. Unsere Leute waren auf ihrem Posten. Es war kein Augenblick zu verlieren. Ich erzählte ihnen, was geschehen war. Wir theilten unsere Schaar in zwei Haufen und begaben uns im Geschwindschritte, aber schweigend in das Dorf.

      Am Ende der zu Jemmy’s Schenke führenden Straße zeigte ich dem Lieutenant Burke die vor dem Wirthshause hängende Laterne und den spitzigen Kirchthurm. Da ich mit den Ortsverhältnissen bekannt war, übertrug mir der Lieutenant die Führung der sechs Mann, welche die Schenke besehen sollten; dann ging er an der Spitze der neun andern auf die Kirche zu. Da die Kirche und die Schenke ziemlich weit entfernt waren, so mußte unser doppelter Angriff gleichzeitig stattfinden, und dies war von Wichtigkeit, um den Ausreißern den Rückzug abzuschneiden.

      Ich wollte die mir schon gelungene Kriegslist wieder anwenden. Meine Leute mußten dicht an die Wand treten und ich rief durch das Gitter. Ich hoffte, wir würden ohne Gewaltmittel in das Wirthshaus eindringen; aber es herrschte tiefe Stille in dem Wirthshause und ich sah wohl ein, daß wir Gewalt brauchen mußten.

      Ich befahl daher zwei mit Aexten bewaffneten Matrosen die Thür einzuschlagen.

      Dies war in wenigen Augenblicken geschehen, und wir stürzten in das Vorhaus.

      Die zweite Thür war verschlossen, wir mußten sie einschlagen wie die erste. Die Stube, in welcher mich Jemmy empfangen hatte, war dunkel; sogar das Feuer im Ofen hatte man mit Wasser ausgelöscht. Ein Matrose schlug Feuer; aber wir suchten vergebens eine Lampe oder eine Kerze. Ich dachte an die Laternen und eilte an die Hausthür, um sie abzunehmen; sie war ausgelöscht. Die Besatzung war offenbar gewarnt worden und leistete nun passiven Widerstand, der aller Wahrscheinlichkeit nach eine hartnäckige Gegenwehr in Aussicht stellte. Als ich wieder hineinging, war die Stube hell; einer unserer Leute, ein Kanonier der dritten Backbordbatterie, hatte zufällig eine Lunte bei sich und hatte sie angezündet. Aber es war kein Augenblick zu verlieren, das Licht konnte nur einige Secunden dauern; ich nahm die Lunte, forderte die Matrosen auf mir zu folgen und stürzte in die zweite Stube.

      Auch durch die dritte Stube, wo der Tisch gedeckt war, eilten wir ohne Hinderniß. Aber die in den Keller führende Thür war verschlossen. Die Lunte erlosch.

      Man hatte indeß nicht Zeit gehabt die Thür zu verrammeln, denn als ich die Hand ausstreckte, fühlte ich den Schlüssel. Ich ging voran, denn der Weg, den ich vorher gemacht hatte, war mir noch ziemlich gut erinnerlich. Ich hatte zehn Stufen gezählt, und als ich aus der letzten war, wandte ich mich rechts; aber kaum war ich in der Finsterniß einige Schritte fortgegangen, so hörte ich eine Stimme, die mir zuflüsterte: »Verräther!« Zugleich fühlte ich einen schweren Gegenstand auf meinen Kopf fallen, als ob sich ein Stein von dem Gewölbe losgemacht hatte. Ich sah Millionen Funken vor den Augen, stieß einen Schrei aus und fiel bewußtlos nieder.

      Als ich wieder zur Besinnung kam, lag ich in meiner Hängematte und fühlte an der Bewegung des Schiffes, daß eben die Anker gelichtet wurden. Meine durch einen Faustschlag des herkulischen Jemmy entstandene Betäubung hatte den Erfolg des Unternehmens nicht beeinträchtigt. Der Lieutenant Burke hatte die Brautleute sammt den Zeugen und Hochzeitgästen in der Sacristei überrascht; die Ausreißer waren also wie in einer Falle gefangen worden, und bis auf Bob, der aus dem Fenster gesprungen war, hatte man sie alle festgenommen.

      Der Flüchtling war übrigens sogleich ersetzt worden, denn der Lieutenant hatte einen der Hochzeitsgäste »geentert« und sammt den übrigen Gefangenen an Bord des »Trident« geschleppt.

      Dieser arme Teufel, der so unerwartet und so ungern Matrose wurde, hieß David und war ein Haarkünstler von Walsmouth.

      IX

      Obgleich ich durch meine Ohnmacht gehindert worden war, an der Gefangennahme der Ausreißer thätigen Antheil zu nehmen, so ist doch nicht zu läugnen, daß das glückliche Gelingen des Unternehmens großentheils mein Werk war. Als ich daher wieder zum Bewußtsein meines Daseins kam und bald darauf die Augen aufschlug, sah ich unsern braven Capitän, der persönlich erschienen war, um sich von meinem Zustande zu überzeugen.

      Da ich mich, abgesehen von einer gewissen Schwere des Kopfes, ganz wohl befand, so antwortete ich ihm, daß ich in einer Viertelstunde auf dem Verdeck sein und meinen Dienst wieder antreten würde. Sobald sich der Capitän entfernt hatte, sprang ich aus meiner Hängematte und kleidete mich um. Die einzige sichtbare Spur, welche von Jemmy’s Faustschlage zurückgeblieben, war eine starke Röthe der Augen. Der herkulische Ire würde mich todtgeschlagen haben, wenn mein Schädel nicht so hart gewesen wäre.

      Die Anker waren inzwischen aufgewunden und das Schiff fing an sich nach der Steuerbordseite zu wenden. Ehe diese Wendung vollendet war, überließ der Capitän dem Lieutenant den Befehl am Deck und begab sich in seine Cajüte, um von seinen erst bei der Abfahrt zu erbrechenden Depeschen Kenntniß zu nehmen.

      Alle meine Cameraden benützten diese kurze Muße, um mir Glück zu wünschen und nach meinem Befinden zu fragen. Während ich ihnen mein Abenteuer ausführlich erzählte, bemerkten wir eine vom Lande kommende Barke, welche verschiedene Signale gab. Ein Midshipman richtete sein Fernrohr auf das Fahrzeug.

      »Beim Himmel!« sagte er, nachdem er die Barke einige Augenblicke gemustert hatte, »dort kommt der Püster Bob.«

      »Ein spaßiger Mensch,« sagte ein Matrose; »er nimmt Reißaus, wenn man hinter ihm herläuft, und läuft uns nach, wenn wir an Bord gehen.«

      »Er hat sich vielleicht schon mit seiner Gattin gezankt,« sagte ein anderer.

      »Ich möchte in seiner Haut nicht stecken,« setzte ein dritter hinzu.

      »Still!« gebot eine Stimme, die manchem von uns seine Gänsehaut machte. »Jeder auf seinen Posten! Steuer rechts! Besansegel nach dem Winde gestellt! Sehet Ihr denn nicht, daß das Schiff über Steuer geht.«

      Der Befehl wurde sogleich vollzogen und das Schiff hörte in seiner zurückweichenden Bewegung auf. Nachdem es einige Augenblicke still gestanden, fing es endlich an sich vorwärts zu bewegen. – In diesem Augenblicke rief eine Stimme:

      »Eine Barke auf der Backbordseite!«

      »Sehet zu was sie will,« sagte der Lieutenant, den nichts bewegen konnte, von der einmal vorgeschiebenen Ordnung abzugehen.

      »Ohe!« rief dieselbe Stimme zu der Barke hinüber, »was wollt Ihr?«

      Als der Matrose die Antwort erhalten hatte, setzte er hinzu:

      »Herr Lieutenant, es ist Bob, der Püster, der einen kleinen Abstecher ans Land gemacht hat und wieder an Bord zu kommen wünscht.«

      »Werfet dem Kerl ein Seil zu,« sagte der Lieutenant, ohne nach der Barke hin zu sehen, und führet ihn mit den Andern in die Löwengrube.«

      Der Befehl wurde pünktlich vollzogen, und ein paar Minuten nachher bemerkte ich über der Schanzkleidung an der Backbordseite den Kopf Bob’s, der den von seinen Cameraden erhaltenen Spitznamen rechtfertigend, aus Leibeskräften schnob.«

      »Bravo, alter Pottfisch,« sagte ich zu ihm; »besser spät als gar nicht. Acht Tage bei Wasser und Brot im Kielraum,, und die Sache ist abgethan.«

      »Ganz recht, ich verdiene es,« erwiederte Bob in einem fort schnaubend, »und wenn ich so davonkomme, kann ich mich nicht beklagen. – Aber mit Verlaub, Mister Midshipman, zuerst möchte ich mit dem Lieutenant reden.«

      »Führet ihn zum Lieutenant,« sagte ich zu den beiden Matrosen, die den Ausreißer schon ergriffen hatten.

      Burke stand mit dem Sprachrohre auf dem Hinterdecke und ertheilte seine Befehle, als er Bob kommen sah. Er sah ihn mit