Vermählt . Морган Райс. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Морган Райс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Серия: Der Weg Der Vampire
Жанр произведения: Героическая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9781632910530
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Wachen zu beiden Seiten. Auf ihrer Spitze waren mehrere Spieße angebracht, auf denen abgetrennte Köpfe steckten, Blut aus den Hälsen tropfend, auf der Brücke aufgespießt. Es war ein gräulicher Anblick, und Caitlin wandte sich ab.

      „Ich erinnere mich an das hier“, seufzte Caleb. „Aus vergangenen Jahrhunderten. So haben sie immer ihre Brücken geschmückt: mit den Köpfen der Gefangenen. Sie tun es als Warnung an andere Verbrecher.“

      „Es ist furchtbar“, sagte Caitlin, während sie ihren Kopf gesenkt hielt, und sie bestiegen rasch die Brücke.

      Am Fuß der Brücke verkauften Buden und Händler Fisch, und als Caitlin hinüberblickte, sah sie Boote anlegen und Arbeiter, immer wieder abrutschend, Fische über die schlammigen Ufer tragen. Der Zugang zur Brücke stank nach Fisch, so stark, dass sie sich die Nase zuhalten musste. Fische jeder Art, manche noch zappelnd, lagen auf kleinen, behelfsmäßigen Tischchen aufgebreitet.

      „Schnapper, drei Pence pro Pfund!“, rief jemand aus.

      Caitlin eilte vorbei und versuchte, dem Gestank zu entkommen.

      Als sie weitergingen, überraschte sie die Brücke erneut, als sie entdeckte, dass sie voller Läden war. Kleine Buden und Händler säumten die Brücke zu beiden Seiten, während Fußverkehr, Vieh, Pferde und Kutschen sich durch die Mitte drängten. Es war eine chaotische, überfüllte Szene, und Menschen riefen in alle Richtungen, um ihre Waren zu verkaufen.

      „Gerberei hier!“, rief jemand aus.

      „Wir häuten ihr Tier!“, rief ein anderer.

      „Kerzenwachs hier! Feinstes Kerzenwachs!“

      „Dachdecker!“

      „Holt euch hier euer Feuerholz!“

      „Frische Federkiele! Federn und Pergament!“

      Als sie weiter vorankamen wurden die Läden feiner, manche verkauften sogar Schmuck. Caitlin musste an die goldene Brücke in Florenz denken, an ihre Zeit mit Blake, das Armband, das er für sie gekauft hatte.

      Momentan von Emotionen übermannt trieb sie zur Seite ab, hielt sich am Geländer fest und blickte hinaus. Sie dachte an all die Leben, die sie bereits gelebt hatte, all die Orte, an denen sie gewesen war, und sie fühlte sich überwältigt. War all dies wirklich wahr? Wie konnte eine Person so viele Leben gelebt haben? Oder würde sie von all dem hier aufwachen, in ihrer Wohnung in New York City, und einfach denken, dass dies nur der längste, verrückteste Traum ihres Lebens gewesen war?

      „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Caleb, der sich zu ihr gesellte. „Was ist los?“

      Rasch wischte Caitlin eine Träne weg. Sie kniff sich in den Arm und erkannte, dass sie nicht träumte. Es war alles real. Und das war das Schockierendste überhaupt.

      „Nichts“, sagte sie rasch und setzte ein gezwungenes Lächeln auf. Sie hoffte, dass er ihre Gedanken nicht lesen konnte.

      Caleb stand neben ihr, und gemeinsam blickten sie mitten auf die Themse hinaus. Sie war ein breiter Fluss, völlig verstopft vom Schiffsverkehr. Segelschiffe jeder Größe navigierten ihren Weg hindurch, teilten die Gewässer mit Ruderbooten, Fischerbooten und jeder Art von Gefährt. Es war eine belebte Wasserstraße, und Caitlin staunte über die Größe all der unterschiedlichen Gefährte und Segel, manche davon dutzende Meter hoch in die Lüfte ragend. Sie wunderte sich, wie still das Wasser war, selbst mit so vielen Schiffen darauf. Es gab keinen Lärm von Motoren, keine Motorboote. Da war nur das Geräusch von Segeltuch, das im Wind flatterte. Es entspannte sie. Die Luft hier, mit der beständigen Brise, war auch frisch, endlich frei von Gerüchen.

      Sie wandte sich Caleb zu und sie zogen gemeinsam weiter über die Brücke, Ruth an ihren Fersen. Ruth begann wieder zu winseln, und Caitlin konnte ihren Hunger spüren und wollte stehenbleiben. Doch wohin sie auch blickte, konnte sie immer noch keine Nahrung sehen. Sie selbst wurde immer hungriger.

      Als sie die Mitte der Brücke erreicht hatten, war Caitlin erneut von dem Anblick vor ihr schockiert. Sie dachte nicht, dass es noch irgendetwas gab, das sie nach dem Anblick all der Köpfe auf den Spießen noch schockieren konnte—doch das hier tat es.

      Mitten auf der Brücke standen drei Gefangene auf einem Gerüst, Schlingen um den Hals, mit verbundenen Augen, kaum bekleidet und noch am Leben. Ein Henker stand hinter ihnen, mit schwarzer Kapuze mit Schlitzen für seine Augen.

      „Die nächste Hinrichtung findet um ein Uhr statt!“, schrie er aus. Eine dichte und wachsende Menge versammelte sich um das Gerüst, scheinbar wartend.

      „Was haben sie angestellt?“, fragte Caitlin ein Mitglied der Menge.

      „Sie wurden beim Stehlen erwischt, Miss“, sagte er und machte sich nicht einmal die Mühe, sie anzusehen.

      „Einer wurde dabei erwischt, wie er die Königin verleumdete!“, fügte eine alte Dame hinzu.

      Caleb führte sie weg von dem grausamen Anblick.

      „Hinrichtungen anzuschauen scheint hier ein täglicher Zeitvertreib zu sein“, kommentierte Caleb.

      „Es ist grausam“, sagte Caitlin. Sie wunderte sich darüber, wie anders diese Gesellschaft war verglichen mit der modernen Zeit, wie viel mehr sie Grausamkeit und Gewalt tolerierte. Und dies war London, einer der zivilisiertesten Orte von 1599. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie die Welt außerhalb einer zivilisierten Stadt wie dieser aussah. Es verblüffte sie, wie stark sich die Gesellschaft, und ihre Regeln, verändert hatten.

      Endlich waren sie am anderen Ende der Brücke angelangt, und als sie an ihrem Fuß standen, auf der anderen Seite, wandte Caitlin sich an Caleb. Sie blickte auf ihren Ring und las erneut vor:

      Über die Brücke, hinter dem Bären

      Der Wind zur Sonne, umgehen wir London.

      „Nun, wenn wir dem hier richtig gefolgt sind, sind wir jetzt ‚über der Brücke‘. Als Nächstes käme dann ‚hinter dem Bären‘“. Caitlin sah ihn an. „Was könnte das heißen?“

      „Ich wünschte, das wüsste ich“, sagte er.

      „Es fühlt sich an, als wäre mein Vater nahe“, sagte Caitlin.

      Sie schloss die Augen und wünschte sich, dass ein Hinweis auftauchen würde.

      Genau in dem Moment eilte ein Junge mit einem riesigen Packen Flugzettel an ihnen vorbei und rief: „BÄRENHETZE! Fünf Pence! Hier entlang! BÄRENHETZE! Fünf Pence! Hier entlang!“

      Er streckte die Hand aus und schob Caitlin ein Flugblatt in die Hand. Sie blickte hinunter und sah in großen Buchstaben das Wort „Bärenhetze“ mit einem groben Bild von einem Stadion.

      Sie sah Caleb an, und er blickte im gleichen Moment zu ihr. Sie beide sahen dem Jungen nach, wie er die Straße hinunter verschwand.

      „Bärenhetze?“, fragte Caitlin. „Was ist das?“

      „Jetzt erinnere ich mich“, sagte Caleb. „Es war der große Sport zu dieser Zeit. Sie stecken einen Bären in eine runde Arena und binden ihn an einen Pfahl, und hetzten ihn mit wilden Hunden. Sie wetten darauf, wer gewinnt: der Bär oder die Hunde.“

      „Das ist krank“, sagte Caitlin.

      „Das Rätsel“, sagte er. „ ‚Über die Brücke und hinter dem Bären. Meinst du, das könnte es sein?“

      Wie eine Einheit drehten sie sich beide herum und folgten dem Jungen, der inzwischen weit weg war und immer noch rief.

      Sie bogen von der Brücke aus rechts ab und gingen den Fluss entlang, nun auf der anderen Seite der Themse, eine Straße namens „Clink Street“ entlang. Diese Seite des Flusses, fiel Caitlin auf, unterschied sich sehr stark von der anderen. Sie war weniger bebaut, weniger bevölkert. Die Häuser hier standen auch niedriger, grober, diese Seite des Flusses wirkte verwahrloster.