Durch den Verlagsvertrag wird der Verfasser verpflichtet, dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen. Der Verleger ist verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 1 VerlG). Zur Erfüllung seiner Verpflichtung hat der Urheber dem Verleger das Verlagsrecht, ein absolutes Recht, zu verschaffen. Dies ist das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung (§ 8 VerlG). Der Verlagsvertrag begründet die Verpflichtungen und enthält die Einigung (§ 413, 398 BGB) über die Einräumung des Verlagsrechts. Das Abstraktionsprinzip ist hier weitgehend durchbrochen. Das Verlagsrecht entsteht mit der Ablieferung des Werkes an den Verleger und erlischt mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses (§ 9 VerlG).
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Der Verlagsvertrag begründet für den Verfasser eine Anzahl von Verpflichtungen; die wichtigsten seien angedeutet:
- | Überlassung des Werkes zur Vervielfältigung und Verbreitung (§ 1 VerlG); |
- | die rechtzeitige Ablieferung des Manuskripts in druckreifem Zustand (§§ 10, 11 VerlG); |
- | die Enthaltungspflicht in Bezug auf Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes im Rahmen des § 2 VerlG. |
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Die wichtigsten Verpflichtungen für den Verleger aus dem Verlagsvertrag:
- | Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes (§ 14 VerlG); |
- | Einräumung eines Vorzugspreises (§ 26 VerlG); |
- | Bezahlung der vereinbarten Vergütung (§ 22 VerlG); |
- | jährliche Rechnungslegung (§ 24 VerlG); |
- | Überlassung von Freiexemplaren (§ 25 VerlG). |
Die Bestimmung des Ladenpreises, zu welchem das Werk verbreitet wird, steht für jede Auflage dem Verleger zu (§ 21 VerlG).
bb) Der Wahrnehmungsvertrag
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Der Wahrnehmungs- bzw. Berechtigungsvertrag ist der Vertrag, den Wahrnehmungsgesellschaften, also Verwertungsgesellschaften mit Urhebern abschließen.
Wie wir bereits wissen, sind die Wahrnehmungsgesellschaften in der Regel juristische Personen, die urheberrechtliche Befugnisse der Urheber-Mitglieder treuhänderisch wahrnehmen. Die Wahrnehmungsgesellschaften unterliegen der Erlaubnis und Aufsicht des Patentamtes (§§ 1, 18, 19 WahrnG). Es trifft diese Gesellschaften Kontrahierungszwang in doppelter Hinsicht: Sie müssen die Rechte der Urheber auf deren Verlangen wahrnehmen (§ 6 WahrnG) und sind verpflichtet, jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen (§ 11 WahrnG).
Für die Verwertungsgesellschaften zeigt sich folgendes typische Bild. Sie lassen sich von Urheber-Mitgliedern durch den Wahrnehmungsvertrag Nutzungsrechte einräumen. Durch den Vortrags-, Aufführungs- oder Sendevertrag überlassen sie einem Dritten, dem Werknutzer, die Nutzung des Werkes (vgl. Abb. 11).
Abb. 11: Verträge der Wahrnehmungsgesellschaften
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Konkretisieren wir dies am Beispiel der GEMA: Komponisten übertragen der GEMA als Treuhänderin durch Berechtigungsverträge alle ihnen zustehenden Urheberrechte zur Wahrnehmung, insbesondere etwa die Aufführungsrechte, die Rechte der Hörfunksendung, die Rechte der Lautsprecherwiedergabe, die Rechte der Fernsehsendung, die Rechte der Fernseh-Wiedergabe, die Filmaufführungsrechte (vgl. § 1 des als Mustervertrag von der GEMA verwendeten Berechtigungsvertrages). Hat ein Veranstalter von öffentlichen Wiedergaben vor, Musikwerke aufzuführen, so muss er vor der Veranstaltung die Einwilligung der GEMA einholen (§ 13b I WahrnG). Die GEMA ist verpflichtet, dem Veranstalter die Aufführung zu gestatten, allerdings nur zu angemessenen Bedingungen (§ 11 I WahrnG), d.h. gegen Bezahlung einer Vergütung nach dem Tarif (§ 13 WahrnG). Nach der Veranstaltung hat der Veranstalter der GEMA eine Aufstellung über die bei der Veranstaltung benutzten Werke zu übersenden (§ 13b II WahrnG).
Alle erzielten Einnahmen hat die GEMA nach ihrem Verteilungsplan aufzuteilen (§ 7 WahrnG).
c) Zweckübertragungstheorie
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Im Rahmen des Urhebervertragsrechts kommt es häufig vor, dass bei der Einräumung der Nutzungsrechte die einzelnen Modalitäten, Art, Inhalt und Umfang im Einzelnen nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet sind. Für diese Fälle gibt § 31 V UrhG eine äußerst bedeutsame Auslegungsregel, die der von der Rechtsprechung entwickelten sog. Zweckübertragungstheorie entspricht. Danach ist der von beiden Partnern zugrunde gelegte Vertragszweck maßgebend dafür, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt, ob es sich um ein einfaches oder um ein ausschließliches handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt. Aus § 31 V UrhG ergibt sich somit folgender Grundsatz: Ist ein Nutzungsrecht zu Gunsten eines Dritten weder ausdrücklich im Einzelnen bezeichnet noch aus dem von den Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck ableitbar, so verbleibt es bei dem Urheber. Kurzum: Das Prinzip bei der Einräumung von Nutzungsrechten lautet: im Zweifel für den Urheber.
Beispiel:
Gehen wir zu dem Fall des selbstständigen Grafik-Designers (D) zurück (Rn. 136), der im Auftrag eines Unternehmens (U) einen Plakatentwurf für X € gefertigt hat. Weiteres war nicht vereinbart.
Nach § 31 V UrhG richtet sich der Umfang des Nutzungsrechts nach dem von seinen Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, hier: Verwendung des Entwurfs für die Plakatwerbung. U darf den Entwurf des D für Plakate vervielfältigen und verbreiten; hierfür hat er den D schließlich ja auch honoriert. U darf den Entwurf jedoch nicht für andere Zwecke benutzen, also etwa nicht für Werbeprospekte, Display-Material, Warenpackungen oder gar – evtl. Teile aus dem Plakat – als Firmenzeichen.
Was für die Übertragung von Nutzungsrechten generell gilt, gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat (§ 43 UrhG). Diesbezügliche Fälle sind in der Praxis recht häufig und deswegen oft problematisch, weil sich in den Dienstverträgen (bzw. im Rahmen der Ernennung) keine Festlegungen über urheberrechtliche Nutzungsrechte zugunsten des Dienstherrn befinden. Hierzu ein Beispiel aus dem Gebiet der Werke der Baukunst:
Beispiel:
Architekt A, Baurat des Bundeslandes N, entwarf für das N-Landesamt für Straßenbau, bei dem er arbeitete, eine Lärmschutzwand, die dann entlang einer Autobahn im Land N gebaut wurde. Einige Zeit später wurde im Land H an einer dort verlaufenden Autobahn eine Lärmschutzwand, die mit der des A identisch war, errichtet. A verlangte vom Land H Schadenersatz wegen Urheberrechtsverletzung (§ 97 II UrhG). Der BGH sah bei der Lärmschutzwand die Voraussetzungen der persönlichen