a) Entschädigung (Pauschbetrag für Zeitaufwand)
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Gemäß § 140f Abs. 5 S. 1 SGB V erhält die sachkundige Person einen Pauschbetrag für Zeitaufwand in Höhe eines Fünfzigstels der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) für jeden Kalendertag einer Sitzung. Hiermit soll in Anlehnung an § 41 Abs. 3 SGB IV ein Ausgleich geschaffen werden für die im Zusammenhang mit einer Sitzung zusätzlich einzusetzende (Frei-)Zeit, insbesondere für die Vorbereitung der Sitzung.[43] Es handelt sich um einen Entschädigungsanspruch.[44]
b) Aufwendungsersatz
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Die sachkundigen Personen erhalten Reisekosten nach dem Bundesreisekostengesetz oder nach den Vorschriften des Landes über Reisekostenvergütung. Sie haben drüber hinaus einen Anspruch auf Ersatz des unmittelbar durch eine Sitzung sowie des durch die An- und Abreise zur Sitzung entgangenen Verdienstes analog § 41 Abs. 2 SGB IV.[45] Sie können somit den tatsächlich entgangenen regelmäßigen Bruttoverdienst verlangen, zuzüglich der den Arbeitnehmeranteil übersteigenden Beiträge, die sie als ehrenamtlich tätige Arbeitnehmer nach den Vorschriften des SGB VI über die Beitragstragung selbst zu tragen haben (§ 41 Abs. 2 S. 1 SGB IV).
6. Unterstützung auf Landesebene (§ 140f Abs. 7 SGB V)
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Gemäß § 140f Abs. 7 S. 1 SGB V werden die anerkannten Organisationen sowie die sachkundigen Personen bei der Durchführung ihrer gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsrechte auf Landesebene von den Landesausschüssen nach § 90 SGB V durch geeignete Maßnahmen organisatorisch und inhaltlich unterstützt. Die sachkundigen Personen haben gegenüber dem Landesausschuss insbesondere Anspruch auf Übernahme von Reisekosten, Aufwandsentschädigung und Verdienstausfall nach § 140f Abs. 5 SGB V für jährlich bis zu sechs Koordinierungs- und Abstimmungstreffen sowie für Fortbildung und Schulungen, die gemäß Abs. 7 S. 3 vom Landesausschuss zu unterstützen sind. Koordinierungs- und Abstimmungstreffen sind für eine einvernehmliche Benennung der sachkundigen Personen unabdingbar. Ein Treffen pro Jahr soll bundesweit durchgeführt werden.[46] Fortbildungsveranstaltungen können die Trägerorganisationen der Landesausschüsse, also die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen, entweder selbst anbieten oder die Teilnahme durch Übernahme von Kosten einschließlich Reisekosten ermöglichen. § 140f Abs. 7 S. 5 SGB V gewährt den sachkundigen Personen einen Anspruch auf derartige Unterstützung.[47]
1. Einführung und Überblick über die gesetzlichen Regelungen
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§ 96 Abs. 2a SGB V regelt erstmals im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ein Teilnahme-, Informations- und Mitwirkungsrecht der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden im Zulassungsausschuss für Ärzte. Ein Recht der obersten Landesbehörden zur Mitentscheidung besteht nicht.[48] Ob die obersten Landesbehörden berechtigt sind, ihr Mitwirkungsrecht auf nachgeordnete Landesbehörden zu verlagern, also von diesen wahrnehmen zu lassen, ist offen.[49] Die durch das TSVG mit Wirkung vom 11.5.2019 in das SGB V aufgenommene Regelung[50] ist dem Mitberatungsrecht von Patientenvertreterinnen und -vertretern gemäß § 140f Abs. 3 SGB V[51] nachempfunden. Es bezieht sich aus verfahrensökonomischen Erwägungen auf die in der gesetzlichen Regelung ausdrücklich aufgeführten Verfahren mit besonderer Versorgungsrelevanz.[52] Da es sich bei § 96 Abs. 2a SGB V um eine verfahrensrechtliche Regelung handelt, kommt diese für alle bei Inkrafttreten des TSVG laufenden Verfahren zur Anwendung, auch soweit zurückliegende Sachverhalte betroffen sind.[53] Die Regelung betrifft nur die vertragsärztliche, nicht die vertragszahnärztliche Versorgung.[54]
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Das Mitberatungsrecht beschränkt sich auf den Zulassungsausschuss für Ärzte, ein Mitberatungsrecht im Zulassungsausschuss für Zahnärzte ist nicht vorgesehen.[55] Eine Mitwirkung im Berufungsausschuss für Ärzte bzw. Zahnärzte (§ 97 SGB V) ist ebenfalls nicht vorgesehen. Eine entsprechende Anwendung für den Berufungsausschuss kommt nicht in Betracht. Nach der Gesetzesbegründung ist das Mitberatungsrecht der obersten Landesbehörden demjenigen der Patientenvertreter nachempfunden. Für letztere enthält § 140f Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB V eine ausdrückliche Regelung der Beteiligung in den Zulassungsausschüssen und den Berufungsausschüssen. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Erwähnung des Berufungsausschusses in § 96 Abs. 2a SGB V kann daher nur folgen, dass ein Mitberatungsrecht im Berufungsausschuss nicht bestehen soll. Auch § 97 Abs. 2 S. 4 SGB V verweist nicht auf § 96 Abs. 2a SGB V.[56]
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Die Regelung korrespondiert mit dem ebenfalls durch das TSVG eingeführten allgemeinen Antragsrecht der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden in den Landesausschüssen gemäß § 90 Abs. 4 S. 4 SGB V. Ziel dieses allgemeinen Antragsrechts ist, dass die Länder versorgungsrelevante Erkenntnisse in den Landesausschüssen bestmöglich zur Geltung bringen können, indem sie berechtigt sind, Beratungsgegenstände auf eigene Initiative auf die Tagesordnung zu setzen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Landesbehörden nicht nur über Kenntnisse über die lokale ärztliche Versorgungslage und die Altersstruktur der vorhandenen Ärzte verfügen, sondern dass ihnen darüber hinaus auch weitere relevante Faktoren für einen bedarfsgerechten Zugang zur ärztlichen Versorgung bekannt sind.[57]
2. Sinn und Zweck der Beteiligung der obersten Sozialversicherungsbehörden der Länder
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Ausführungen des Gesetzgebers zur ratio legis gerade des Mitberatungsrechts der obersten Landesbehörden im Zulassungsausschuss enthalten die Motive des TSVG nicht. Ein Grund der Regelung dürfte wohl auch in einer Flankierung des ebenfalls mit dem TSVG eingefügten allgemeinen Antragsrechts der obersten Landesbehörden in den Landesausschüssen liegen (§ 90 Abs. 4 S. 4 SGB V).[58] Das Teilnahme-, Informations- und Mitberatungsrecht in den Zulassungsausschüssen ist geeignet, dieses Antragsrecht zu unterstützen, indem die obersten Landesbehörden über die Beteiligung in den Zulassungsausschüssen breitere und tiefere Kenntnisse der regionalen Versorgungssituationen erlangen können. Ob die Länder in der Lage sind, die erweiterten Mitwirkungsrechte effektiv auszuüben und ob mit diesen der Verfahrensökonomie des Selbstverwaltungsgremiums Zulassungsausschuss gedient ist, wird bezweifelt. Zudem könnte es durch die Mitwirkung der obersten Landesbehörden zu einer zunehmenden Politisierung von Versorgungsentscheidungen kommen.[59] Abzuwarten bleibt ferner, wie sich die Vermischung von eigener Mitwirkung im Zulassungsausschuss und Rechtsaufsicht (§ 97 Abs. 5 S. 1 SGB V) über die Geschäftsführung der Zulassungsausschüsse auswirken wird.[60]
3. Rechte und Pflichten der obersten Landesbehörden
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Das Mitberatungsrecht der obersten Landesbehörden besteht nur bei den in § 96 Abs. 2a S. 1 SGB V ausdrücklich genannten Verfahren, nämlich bei
- | Verfahren über die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung (§ 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V),[61] |
- | Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens (§ 103 Abs. 3a SGB V),[62] |
- |