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Auf Seiten des Bundes ist nur der unmittelbare Bundesbereich tarifgebunden. Der TVöD gilt daher für den Bereich der Obersten Bundesbehörden (14 Bundesministerien und andere Bundesbehörden) und der nachgeordneten Verwaltungen (Bundesoberbehörden sowie der Bundesmittel- und Bundesunterbehörden). Nach Art. 87 Abs. 2 GG werden als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Nach Art. 87 Abs. 3 GG können außerdem für Angelegenheiten, für die der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat, selbstständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden.
Hiervon hat der Bund bspw.[27] mit dem Gesetz über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImAG) Gebrauch gemacht. Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen wurde zum 1.1.2005 eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Die Bundesanstalt nimmt die ihr vom Bund übertragenen liegenschaftsbezogenen sowie sonstigen Aufgaben eigenverantwortlich wahr. Nach § 12 Abs. 1 BImAG sind auf die Arbeitnehmer und Auszubildenden der Bundesanstalt die für Arbeitnehmer und Auszubildende des Bundes jeweils geltenden Tarifverträge und sonstigen Bestimmungen anzuwenden. Hier kommt der TVöD-Bund kraft Gesetzes zur unmittelbaren Anwendung.
Nicht erfasst vom unmittelbaren Anwendungsbereich des TVöD werden bspw. die nur der Aufsicht des Bundes unterstehenden Einrichtungen, insbesondere Organe der Selbstverwaltung, voll rechtsfähige bzw. rechtlich selbstständige bundesmittelbare Körperschaften (z.B. die Bundesagentur für Arbeit oder die Deutsche Rentenversicherung Bund), Anstalten (z.B. die KfW oder die Rundfunkanstalten) oder Stiftungen (z.B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz) des öffentlichen Rechts. Über den tarifgebundenen unmittelbaren Bundesbereich hinaus kann der TVöD nur dann Anwendung finden, wenn (nicht tarifgebundene) Arbeitgeber ihn zur Grundlage arbeitsvertraglicher Vereinbarungen durch Inbezugnahme bzw. Verweis machen.
e)Zeitlicher Art
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Der zeitliche Geltungsbereich bestimmt, in welchem zeitlichen Umfang die Normen des Tarifvertrages Anwendung finden sollen.
Der Beginn der Tarifgeltung tritt mit Unterzeichnung, nicht erst mit Veröffentlichung, ein, §§ 1 Abs. 2 TVG; 126 BGB.
Das Ende der normativen Wirkung eines Tarifvertrages bestimmt sich entsprechend der vertraglichen Vereinbarung.
Wurde ein befristeter Tarifvertrag geschlossen, endet dieser durch Zeitablauf (auflösende Befristung). Eine vorzeitige ordentliche Kündigung ist nur bei entsprechender Vereinbarung möglich. Wurde der Tarifvertrag stattdessen auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, ist grds. eine ordentliche Kündigung möglich. Enthält der Tarifvertrag keine Kündigungsfrist, ist er analog § 77 Abs. 5 BetrVG mit einer Frist von drei Monaten kündbar.
Um den Vertragsinhaltsschutz sicherzustellen und den Zeitraum bis zu einem neuen Tarifvertrag zu überbrücken, gelten die Rechtsnormen nach Ablauf eines Tarifvertrages weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden, sog. Nachwirkung. Ein rechtsloser Zustand und inhaltsleeres Arbeitsverhältnis wird so vermieden.
Der TVöD/TV-L gilt für Arbeitsverhältnisse, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bestanden oder danach neu abgeschlossen wurden.
Die Laufzeit des TVöD/TV-L ist unbefristet abgeschlossen worden. Die vereinbarte Kündigungsfrist beträgt gem. § 39 Abs. 2 drei Monate zum Schluss eines Kalenderjahres, wobei die Mindestlaufzeit bis zum 31.12.2009 festgesetzt wurde.
Einzelne tarifvertragliche Regelungen waren bereits zu früheren Zeitpunkten, überwiegend zum 31.12.2007 kündbar; im Einzelnen sind die entsprechenden Regelungen in § 39 Abs. 4 TVöD aufgeführt.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass neue Tarifverträge wie einzelne neue tarifvertragliche Normen sowohl die nach als auch vor ihnen abgeschlossenen Arbeitsverträge als Folge der Tarifautomatik erfassen.
Kontrollfragen
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1 Wer ist nach der allgemeinen Definition Arbeitnehmer?
2 Wodurch unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis vom Dienstvertrag?
3 Welche vier verschiedenen Regelungsbereiche haben sich innerhalb des Arbeitsrechts entwickelt?
4 Wodurch unterscheidet sich das Individualarbeitsrecht vom Kollektivarbeitsrecht?
5 Was ist der Nachteil der derzeitigen Ausgestaltung des deutschen Arbeitsrechts?
6 Geben Sie überblicksartig die Arten der arbeitsrechtlichen Rechtsquellen wieder!
7 Können die Normen des Grundgesetzes im Arbeitsverhältnis zur Anwendung gelangen?
8 Was versteht man unter einseitig zwingendem Gesetzesrecht?
9 Was versteht man unter „Direktions- oder Weisungsrecht“ des Arbeitgebers? Benennen Sie die rechtliche Grundlage!
10 Was bedeutet „Rangprinzip“? Was bedeutet „Günstigkeitsprinzip“?
11 Wie wird das Verhältnis der Rechtsquellen bei Konkurrenzen auf derselben Rangstufe geregelt?
12 Anhand welcher Methode wird festgestellt, ob eine Bestimmung für den Arbeitnehmer günstig oder ungünstig ist. Erläutern Sie diese Methode!
13 Was versteht man unter Tarifgebundenheit?
14 Können die Regelungen eines Tarifvertrags auch ohne Vorliegen der beiderseitigen Tarifbindung zur Anwendung gelangen?
15 Erläutern Sie die „Rechtsnatur“ eines Tarifvertrags?
16 Was regelt der schuldrechtliche Teil eines Tarifvertrags?
17 Was regelt der normative Teil eines Tarifvertrags?
18 Wodurch unterscheiden sich der normative und der schuldrechtliche Teil eines Tarifvertrags?
19 Wie wirkt sich der normative Teil eines Tarifvertrags auf die ihm unterfallenden Arbeitsverhältnisse aus?
20 Wer ist Tarifvertragspartei des TVöD für den Bundesbereich?
21 Welche Arbeitsvertragsparteien werden vom Geltungsbereich des TVöD unmittelbar erfasst?
Kapitel BArbeitsverhältnis
1.Allgemeines: Beschäftigte im öffentlichen Dienst
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Die Organisation, Verwaltung sowie die Bewältigung aller damit zusammenhängenden öffentlichen Aufgaben obliegt den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Dabei werden diese Aufgaben sowohl von Beamten als auch von Arbeitnehmern bewältigt. Die Dualität des öffentlichen Dienstes ist dabei schon grundgesetzlich verankert. Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Beamten zu übertragen. Daraus ist jedoch gleichzeitig zu entnehmen, dass im öffentlichen Dienst neben den Beamten auch Arbeitnehmer tätig sind.
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Beide Statusgruppen arbeiten in der Regel eng und vielfach unter gleichen Bedingungen zusammen. Häufig erledigen sie einzeln für sich oder in Teamwork gleiche Aufgabengebiete, sodass aus rein natürlichem Blickfeld die jeweils anders gearteten Rechtsgrundlagen unterliegenden verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse als solche, ohne hiermit Art. 33 Abs. 4