– „Notwithstanding“ ist nicht mit „unbeschadet“ (englisch: „without prejudice to“, „subject to“) zu übersetzen, sondern bedeutet „ungeachtet“ (also wie „obgleich“ oder „trotz“127) und leitet damit Vertragsklausen ein, die Geltungsvorrang vor anderen Klauseln haben sollen. Nicht selten führt die Fehlübersetzung mit „unbeschadet“ daher dazu, dass das Gegenteil dessen vereinbart wird, was gewollt ist.128
– Definitionen müssen Bestandteil des Vertrags werden. Ihre Aufnahme allein in einem Definitionsverzeichnis vor der Präambel genügt nicht.
– Der unspezifische Verweis „Unless the context otherwise requires“ verursacht Unsicherheiten. Wenn ein Wort oder wenn eine Klausel anders interpretiert werden soll, muss das (einschließlich der anderen Interpretation) in der Klausel selbst spezifisch angeordnet werden.
– Die Einordnung der Begriffe „Representations and Warranties“ in die Kategorien deutschen Rechts bereitet ohne ausdrückliche Regelung, dass es sich dabei – wenn dies dem Parteiwillen entspricht – um selbstständige, verschuldensunabhängige Garantieversprechen handelt, Schwierigkeiten und eröffnet in der Regel nicht gewollte Interpretationsspielräume (zugunsten des Verkäufers).129 Zwar liegt bei „Warranties“ die Annahme einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht nahe,130 aber es verbleiben Auslegungsspielräume.
– „If and to the extent“ ist redundant. „If“ bedeutet „wenn“, „to the extent“ bedeutet „soweit“. Ist „soweit“ gemeint, genügt „to the extent“.
– Die Bedeutung von „Best efforts“131 und deren Abstufungen „Reasonably best efforts“ oder „Commercially reasonably best efforts“ ist ebenfalls nicht eindeutig.132 Dabei dürfte es sich um eine Art „Vertragliches Legal Transplant“,133 also um ein aus der angloamerikanischen Vertragspraxis abgeleitetes Rechtskonzept handeln, mit dem die weltweite M&A-Community vertraut ist und das im Sinne eines „globalen Rechtsverständnisses“ zu interpretieren ist.134 Deshalb scheitern, trotz wiederholter Empfehlungen in diese Richtung,135 auch Versuche, in Verträgen deutsche Umschreibungen dafür zu verwenden und diese in einem deutschen Klammerzusatz zu ergänzen oder sich an § 86 Abs. 1 HGB zu orientieren.136 Beides geschieht bezeichnenderweise gemeinhin in der Praxis auch nur sehr selten. Wenn es geschieht, dann häufig, um den Grad der Verpflichtung abzuschwächen.137 Gemeint sind mit „Best efforts“ – obschon vereinzelt gebliebene Entscheidungen darauf deuten könnten – auch nach anglo-amerikanischem Rechtsverständnis keine Anstrengungen bis an die Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.138 Vielmehr ist damit sowohl nach anglo-amerikanischem wie auch nach „globalem Rechtsverständnis“ aus den nachfolgenden Gründen Folgendes gemeint: „The doing of all that a reasonable and prudent business person reasonably do in the specific circumstances.“139 Dabei muss keine Partei bis an die Grenze ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gehen.140 Einer weiteren Abstufung zwischen „best“ und „reasonable“ oder „reasonable best“ bedarf es danach nicht.141 Versucht man trotz der angesprochenen Schwierigkeiten eine deutsche Umschreibung, dürfte sie mit „Bemühensverpflichtung nach besten Kräften“ im Sinne der nachfolgenden Qualifikationen am besten getroffen sein.142 „Efforts“ macht deutlich, dass nicht (verschuldensunabhängig) ein Erfolg, sondern Bemühungen geschuldet sind. „Best“ legt nahe, dass ein singuläres Tätigwerden nicht ausreicht, sondern alle Bemühungen („doing of all“) geschuldet werden, die ein sorgfältig und vernünftig handelnder Kaufmann („reasonable and prudent business person“) in der konkreten Situation vernünftigerweise hätte unternehmen können. Die Einschränkungen durch „den vernünftig und sorgfältig handelnden Kaufmann“ und durch „vernünftigerweise“ liegen nahe, weil gerade kein Erfolg, sondern nur Bemühungen geschuldet werden. Das spricht gegen eine Verpflichtung bis an die Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Von Parteien verwendete Abstufungen dürften – allerdings nicht trennscharf – zugunsten des Schuldners dessen wirtschaftliche Interessen abgestuft stärker betonen. Auch die hier vertretene Auslegung ist allerdings nicht zwingend. Letztlich wird es immer eine Frage des Einzelfalls bleiben, wie derartige Klauseln auszulegen sind. Die Empfehlung, solche Klauseln zu vermeiden oder zumindest ihren Tatbestand und ihre Rechtsfolgen zu konkretisieren,143 ist bedenkenswert, hat in der Praxis aber bislang wenig Widerhall gefunden. Vorsorglich mag es empfehlenswert sein, auch in dem deutschen Recht unterliegenden Verträgen zur sicheren Vermeidung einer Verpflichtung, Anstrengung bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit zu erbringen, wie sie im anglo-amerikanischen Rechtskreis aus einer „Best efforts“ Verpflichtung im Einzelfall abgeleitet wurde, lediglich „Reasonably best efforts“ oder „Commercially reasonably best efforts“ zu vereinbaren.144
– „Procure“ bedeutet übersetzt, „für etwas zu sorgen“ oder „Sorge zu tragen“. Damit ist unklar, ob dadurch nach deutschem Recht eine verschuldensunabhängige Einstandstätigkeit begründet werden soll145 oder lediglich verschuldensabhängige Einwirkungspflichten (etwa auf das Verhalten eines Dritten, z.B. eines verbundenen Unternehmens). Wer für etwas Sorge zu tragen hat, soll nach allgemeinem Sprachgebrauch einen Erfolg herbeiführen. Das legt nahe, „procure“ im Sinne einer Einstandspflicht auszulegen.146 Verschulden wird nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Sollen diese Auslegungsspielräume vollständig vermieden werden, könnte dies vorsorglich durch einen entsprechenden deutschsprachigen Klammerzusatz („im Sinne einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht“) klargestellt werden. Ähnliches gilt auch für den Begriff „ensure“147 oder „cause“.148
– „Promptly“ dürfte regelmäßig nicht im Sinne von „unverzüglich“ („without undue delay“),149 sondern im Sinne von „sofort“ zu interpretieren sein, ist damit also weniger großzügig bemessen. Ist eine großzügigere Frist als bei der Vereinbarung von „unverzüglich“ gewollt, kommt „as soon as reasonably practicable“ in Betracht.150
– Der Begriff „Remedies“ hat im englischen Recht einen deutlichen prozessualen Einschlag und dürfte deshalb richtig mit „Rechtsbehelf“ übersetzt werden.151 Oft152 wird er im Kontext von Unternehmenskaufverträgen im Sinne von „Rechtsfolgen“ verwendet, was letztlich unschädlich ist, wenn das dem objektivierten Empfängerhorizont der Parteien entspricht.
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Schließlich empfiehlt es sich (was bereits wiederholt angeklungen ist), wichtige Rechtsbegriffe in dem deutschen Recht unterliegenden englischsprachigen Unternehmenskaufverträgen ins Deutsche zu übersetzen und diese Übersetzung in Klammern dem englischen Begriff folgen zu lassen. Solch ein Klammerzusatz ist ein gewichtiges Indiz dafür, bei der Auslegung eines englischen Rechtsbegriffs nicht das Rechtsverständnis des Herkunftslandes zugrunde zu legen, sondern das deutsche Rechtsverständnis.153 Ohne solche Klarstellungen tendierte die ältere Rechtsprechung dazu, das Rechtsverständnis des Herkunftslands als maßgeblich anzusehen.154 Die neuere Rechtsprechung scheint dazu zu neigen, das deutsche Rechtsverständnis als maßgeblich anzusehen.155 Letzteres dürfte in aller Regel dem übereinstimmenden Parteiwillen entsprechen. Denn die englische Sprache wird bei grenzüberschreitenden Transaktionen als internationale Lingua franca gewählt, soll aber nicht die Nähe zur englischen oder amerikanischen Rechtsordnung ausdrücken.156
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Wer ganz sichergehen will, mag die Maßgeblichkeit deutschen Rechtsverständnisses für die Vertragsauslegung in der Rechtswahlklausel anordnen,157 etwa wie folgt:
„If reference to any legal institute or term is made in this Agreement, the use of an English institute or term as a result of the use of the English language in this Agreement shall not be interpreted (ausgelegt werden als) to the effect that such reference is made to the interpretation of such institute or term pursuant to any (in particular English) foreign