7.2 Form und Frist des Widerrufs
Seinen Widerruf, der keiner Begründung bedarf, erklärt der Verbraucher nach § 355 I 2 dem Unternehmer. Die Bezeichnung als „Widerruf“ ist ratsam, erforderlich ist sie nicht, der Verbraucher muss nach § 355 I 3 aber deutlich zu verstehen geben, dass er sich vom Vertrag lösen wolle. Warum er widerrufe, muss er nach § 355 I 4 nicht begründen, denn das Gericht fragt nicht nach dem Motiv des Verbrauchers sondern respektiert dessen freien Willen[73]. Wirksam wird der Widerruf nach § 130 I 1 erst, wenn er dem Unternehmer zugeht, die Widerrufsfrist wird nach § 355 I 5 aber schon durch die rechtzeitige Absendung gewahrt.
Der Widerruf ist ein Gestaltungsrecht, mit dem der Verbraucher sich leicht vom Darlehensvertrag lösen kann, auch noch nach Kündigung und vertraglicher Aufhebung des Vertrags[74].
Der Widerruf ist befristet[75]. Nach § 355 II dauert die Widerrufsfrist 14 Tage ab Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Etwas anderes bestimmt § 356b: Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für ihn bestimmte Darlehensurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat (I). Wenn die dem Darlehensnehmer überlassene Urkunde die Pflichtangaben des § 492 II nicht enthält, beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn diese Angaben nach § 492 VI nachgeholt sind, und verlängert sich auf einen Monat (II 1,3). Im Falle des § 494 VII beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn der Darlehensnehmer nach einer Vertragsänderung eine Abschrift des geänderten Vertrags erhalten hat (III).
Und da nach Art. 247 § 6 II EGBGB die Belehrung über die Widerrufsfrist zum notwendigen Inhalt des Darlehensvertrags gehört, kann die Widerrufsfrist nicht beginnen, wenn der Darlehensnehmer unvollständig, unrichtig oder gar nicht darüber belehrt wird[76]. Jedoch genügt eine Belehrung, die dem Muster in der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 II EGBGB entspricht[77].
Ist der Beginn der Widerspruchsfrist streitig, trägt nach § 361 III der Unternehmer die Beweislast[78].
Schon in der Vergangenheit begann die Widerrufsfrist nicht, wenn der Darlehensnehmer nicht richtig oder nicht vollständig darüber belehrt worden ist, sodass er noch nach Jahren widerrufen konnte. Diesem „ewigen“ Widerrufsrecht setzt Art. 229 § 38 III EGBGB für Immobiliardarlehen, die zwischen dem 1.9.2002 und dem 10.6.2010 vereinbart wurden, abrupt ein Ende: Die Widerrufsrechte aus diesen Verträgen erloschen, wenn sie nicht schon wirksam ausgeübt worden sind, spätestens am 21.6.2016[79].
7.3 Die Rechtsfolgen des Widerrufs
Nach § 355 I 1 löst der rechtzeitige Widerruf des Verbrauchers die Bindung beider Vertragspartner an ihre Vertragserklärungen, als wären sie nie abgegeben worden[80], und nach § 355 III 1 sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugeben, kurz und gut: Der Widerruf verwandelt das vertragliche Darlehensverhältnis in ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis[81].
Aus Art. 247 § 6 II EGBGB erfährt man, dass der Verbraucher das ausbezahlte Darlehen zurückzahlen und dessen Gebrauch vergüten soll, und § 357a III verpflichtet ihn, für die Zeit zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu zahlen (S. 1). Ist das Darlehen durch ein Grundpfandrecht gesichert, kann der Verbaucher nachweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger sei als der vereinbarte Sollzins, und schuldet dann nur den geringeren Betrag (S. 2, 3). Aufwendungen des Darlehensgebers muss der Verbraucher nur ersetzen, wenn der Darlehensgeber sie gegenüber einer öffentlichrechtlichen Stelle erbracht hat und nicht zurückfordern kann (S. 5).
Gewährt der Unternehmer in einem Vertrag mehreren Verbrauchern ein Darlehen, kann jeder Verbraucher sein Darlehen trotz § 351 S. 1 selbständig widerrufen, sodass nach § 139 im Zweifel das gesamte Vertragsverhältnis rückabzuwickeln ist[82].
8. Die verbundenen Verträge
8.1 Der Widerruf des Verbrauchers
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Der rechtzeitige Widerruf eines verbundenen Vertrags über eine Warenlieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers befreit den Verbraucher nach § 358 I auch von seiner Bindung an den Darlehensvertrag.
Umgekehrt befreit der rechtzeitige Widerruf des Darlehensvertrags den Verbraucher nach § 358 II auch von dem verbundenen Vertrag über eine Warenlieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers.
Die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags regelt lang und breit § 358 IV[83].
8.2 Die Verbindung eines anderen Verpflichtungsvertrags mit einem Verbraucherdarlehen
Ein Kauf-, Werk- oder sonstiger Verpflichtungsvertrag ist nach § 358 III dann mit einem Verbraucherdarlehensvertrag verbunden, wenn das Darlehen zumindest teilweise den anderen Vertrag finanzieren soll und die beiden Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden (S. 1). Diese Einheit ist „insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung finanziert oder der Darlehensgeber sich bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrags des Unternehmers bedient“ (S. 2). Gemeint sind der finanzierte Abzahlungskauf und die sonstigen finanzierten Verträge[84], wenn der Verkäufer oder sonstige Unternehmer und der Darlehensgeber dem Verbraucher wie ein Mann gegenübertreten. Dies springt ins Auge, wenn der Verkäufer oder sonstige Unternehmer den Darlehensvertrag vorbereitet, vermittelt oder selbst abschließt („institutionalisiertes Zusammenwirken“)[85]. Dann wird die Verbindung sogar vermutet[86].
Keine wirtschaftliche Einheit bilden der Treuhandvertrag und der Darlehensvertrag, den zur Finanzierung einer Geldanlage der Treuhänder für den Treugeber geschlossen hat[87]. Außerhalb des finanzierten Geschäfts stehen auch die Initiatoren und Gründungsgesellschafter, die für eine finanzierte Immobilien-Kapitalanlage werben[88].
8.3 Der finanzierte Erwerb eines Grundstücks
Das durch ein Grundpfandrecht gesicherte Darlehen, das den Erwerb eines Grundstücks oder Erbbaurechts finanzieren soll, ist als Realkredit nach § 358 III 3 nur dann mit dem Kaufvertrag rechtlich verbunden, wenn der Darlehensgeber selbst das Grundstück verschaffen soll oder sich das Veräußerungsinteresse derart zu eigen macht, dass er bei der Planung, Werbung oder mittels gemeinsamer Vertriebsorganisation einseitig den Veräußerer begünstigt[89].
8.4 Der Einwendungsdurchgriff des Verbrauchers
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Rechtsfolge der Vertragsverbindung ist nicht nur das erweiterte Widerrufsrecht nach § 358, sondern auch der Einwendungsdurchgriff nach § 359. Der Verbraucher darf die Rückzahlung des Darlehens schon dann verweigern, wenn er den finanzierten Kaufpreis oder die sonstige finanzierte Vergütung verweigern darf (S. 1)[90]. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Einwendung des Verbrauchers aus einer späteren Änderung des finanzierten Vertrags