Dies gilt für alle Fälle der Eingriffskondiktion nach § 812 I 1, auch für den Verbrauch oder die Verarbeitung der fremden Sache durch den unberechtigten Besitzer[24].
Die unberechtigte Untervermietung hingegen ist kein Eingriff in die Substanz der fremden Sache, sondern verpflichtet nur, auch ist der Untermietzins kein Surrogat der Mietsache. Der vermietende Eigentümer hat deshalb keinen Anspruch auf Herausgabe des Untermietzinses gegen den Mieter, sondern nach § 280 I 1 nur einen Anspruch auf Schadensersatz[25].
4.5 Der Fremdbesitzerexzess
157
Der unverklagte gutgläubige Fremdbesitzer verdient den besonderen Schutz des § 993 I Hs. 2 dann nicht, sondern haftet wie jeder andere Schädiger aus § 823, wenn er sein vermeintliches Besitzrecht überschreitet und die fremde Sache in einer Art und Weise behandelt, wie er sie auch als berechtigter Besitzer nicht behandeln dürfte[26]. So darf der Mieter die Mietsache durch den Mietgebrauch vielleicht abnutzen, aber keinesfalls beschädigen oder zerstören, und was der berechtigte Besitzer nicht tun darf, ist dem unberechtigten Besitzer erst recht verboten.
Beispiel
Der Minderjährige mietet – nach § 107 unwirksam – ein Auto und beschädigt es schuldhaft durch einen Verkehrsunfall. Dafür muss er trotz § 993 I Hs. 2 auch als gutgläubiger unberechtigter Besitzer nach § 823 einstehen, denn sein vermeintliches Besitzrecht als Mieter deckt nur den Gebrauch, nicht die Beschädigung des Mietautos (BGH NJW 73, 1790).
Für den berechtigten Fremdbesitzer, der sein Besitzrecht überschreitet, bedarf es dieser Krücke nicht, denn er haftet ganz selbstverständlich aus Vertragsverletzung und/oder aus unerlaubter Handlung, auch aus Eingriffskondiktion nach § 812 I 1[27], während die §§ 987 ff. mangels einer Vindikationslage nicht anwendbar sind. Die Rechtsprechung hingegen wirft den berechtigten und den unberechtigten Besitzer nicht selten in einen Topf[28], was im Ergebnis zwar zutrifft, aber systematisch verfehlt ist.
1. Die Anspruchsgrundlagen
158
Einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen oder auf Nutzungsersatz hat der Eigentümer nach § 987 gegen den verklagten unrechtmäßigen Besitzer, nach § 990 I gegen den bösgläubigen Besitzer und nach § 988 gegen den Besitzer, der den Besitz unentgeltlich erworben hat.
2. Die Rechtsfolge
159
Rechtsfolge ist ein Anspruch auf Herausgabe gezogener Sachnutzungen. Sind die gezogenen Nutzungen nicht mehr vorhanden, ist ihr Wert in Geld zu ersetzen; insoweit ist der Wortlaut des § 987 I zu eng[29].
Nutzungen sind nach § 100 die Früchte der Sache sowie die Gebrauchsvorteile. Früchte sind nach § 99 die Erzeugnisse der Sache und die sonstige bestimmungsgemäße Ausbeute (I), auch soweit sie vermöge eines Rechtsverhältnisses erzielt werden (III).
Beispiele
- | Unmittelbare Sachfrüchte nach § 99 I sind die Getreide-, Kartoffel- und Weinernte sowie die Sand- und Kiesausbeute. |
- | Mittelbare Sachfrüchte nach § 99 III sind die Miet- und Pachtzinsen. |
- | Gebrauchsvorteile nach § 100 sind das Wohnen in einem Haus (BGH NJW 87, 50: Nutzungsausfall als Schaden), das Benutzen eines Büroraums, eines Lagerplatzes (BGH 39, 186) oder eines Docks (BGH 63, 365) und das Fahren mit einem Auto (OLG Karlsruhe NJW 2003, 1950: auch zur Berechnung). |
- | Keine Sachfrucht ist der Gewinn, der aus einem gewerblichen Unternehmen oder einer freiberuflichen Praxis gezogen wird, denn er hängt entscheidend von der persönlichen Leistung des Unternehmers ab (BGH 7, 208; 63, 365; 109, 191). Herauszugeben ist die Nutzung nur in Höhe eines üblichen Miet- oder Pachtzinses (BGH 7, 208). |
Wenn der Eigentümer den Umfang oder Wert der herauszugebenden Nutzungen nicht kennt, kann er nach § 242 vom Besitzer Auskunft verlangen[30] und nach § 254 ZPO Stufenklage erheben.
3. Der auf Herausgabe der Sache verklagte Besitzer
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Nach § 987 I hat der unberechtigte Besitzer dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach Eintritt der Rechtshängigkeit aus der Sache gezogen hat. Und nach § 987 II hat er auch noch diejenigen Nutzungen zu ersetzen, die er zwar nicht gezogen hat, nach den Regeln einer ordentlichen Bewirtschaftung aber hätte ziehen sollen und können[31]. Ob auch der Eigentümer diese Nutzungen gezogen hätte, ist unerheblich[32].
Rechtshängig wird die Streitsache nach § 261 I ZPO durch Zustellung der Herausgabeklage des Eigentümers an den unberechtigten Besitzer[33].
Der auf Herausgabe verklagte unberechtigte Besitzer wird nach § 987 genauso behandelt wie der bösgläubige Besitzer nach § 990, weil die Herausgabeklage ihn aus seinem guten Glauben aufgeschreckt und auf seine Herausgabepflicht nachdrücklich hingewiesen hat[34].
4. Der bösgläubige Besitzer
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Die Ansprüche aus § 987 I, II auf Herausgabe oder Ersatz von Nutzungen hat der Eigentümer nach § 990 I auch gegen den bösgläubigen Besitzer. Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle: War der Besitzer schon beim Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, haftet er von Anfang an (S. 1); erfährt er hingegen erst später, dass er zum Besitz nicht berechtigt sei, haftet er erst ab dieser Kenntnis (S. 2). Die Beweislast für den bösen Glauben des Besitzers trägt der Eigentümer[35].
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Der gute oder böse Glaube des unberechtigten Besitzers bezieht sich hier nicht auf fremdes Eigentum, sondern auf das eigene – fehlende – Besitzrecht[36]. Den bösen Glauben definiert § 932 II als Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis. Also ist der unberechtigte Besitzer schon dann bösgläubig, wenn er beim Erwerb des Besitzes grobfahrlässig nicht weiß, dass er zum Besitz nicht berechtigt sei. Grobfahrlässig handelt, wer die im Verkehr gebotene Sorgfalt ungewöhnlich schwer verletzt und sich über Bedenken hinwegsetzt, die jedem einleuchten müssen[37].
Ist der Besitz aber gutgläubig erworben, schadet dem Besitzer nach § 990 I 2 nur noch die spätere positive Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht. Diese Kenntnis aber hat er schon