b) Rücktrittsrechte
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Die Zulässigkeit der Vereinbarung von Rücktrittsrechten ist unstreitig, jedoch ist ein Rücktrittsrecht wegen der starken Wirkung der Umwandlungsvorgänge gem. §§ 20 Abs. 3, 131 Abs. 2, 202 Abs. 3 UmwG zeitlich nur eingeschränkt gestaltbar. Ein gesetzliches Beispiel für ein mögliches Kündigungsrecht gibt § 7 UmwG. Ein vertragliches Rücktrittsrecht darf sich nicht auf den Zeitraum nach Wirksamwerden des Umwandlungsvorganges beziehen,[103] da das Gesetz von der Unzulässigkeit einer Rückgängigmachung eines bereits wirksam gewordenen Umwandlungsvorgangs ausgeht. In Betracht kommen auch gesetzliche Rücktrittsrechte aus den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen des BGB. Da jedoch hier das synallagmatische Verhältnis sich bei beiden Vertragsparteien (lediglich) auf die Herbeiführung des Umwandlungsvorganges und nicht etwa auf die Übertragung des Vermögens oder die Gewährung von Anteilen bezieht, erwachsen gesetzliche Rücktrittsrechte (bspw. wegen Unmöglichkeit oder Verzug) nur, wenn ein Rechtsträger diese von ihm geschuldeten Verpflichtungen nicht erfüllt, sofern die übrigen, nach allgemeinen Regel zu bestimmenden Voraussetzungen für die jeweilige Umwandlung gegeben sind.[104] Weiter ist bis zur Eintragung der Verschmelzung eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage denkbar, wenn das Festhalten an dem Vertrag für den kündigenden Vertragspartner unzumutbar ist, z.B. das Umtauschverhältnis auf unrichtiger Basis ermittelt wurde.[105] Eine sehr interessante Diskussion besteht, ob die Ausübung des vertraglich vereinbarten oder des gesetzlich gegebenen Rücktrittsrechts ein Akt des Vertretungsorgans des betroffenen Rechtsträgers ist, welchen er allein ausübt, oder ob dieser Gestaltungsakt, welcher die Wirksamkeit des Umwandlungsvorgangs betrifft, der Zustimmung der Anteilsinhaber bedarf, wie der Umwandlungsvorgang an sich. Eine sehr ausführliche Darstellung des Meinungsstreits gibt wiederum Heckschen,[106] welcher zu dem m.E. richtigen Schluss kommt, dass die Anteilsinhaber der Ausübung des Gestaltungsrechts dann zustimmen müssen, wenn dieses nach dem Zustimmungsbeschluss der Anteilsinhaber zum Umwandlungsvorgang selbst ausgeübt wird, da es sonst zu einer unzulässigen Zuständigkeitsverlagerung käme.[107] Die h.M. ist derzeit aber wohl noch für eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechung zur Kündigung von Unternehmensverträgen und lehnt daher eine Zustimmungspflicht der Anteilsinhaber ab.[108]
c) Besonderheiten bei sog. Kettenumwandlungen
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Die Verkettung unterschiedlicher Umwandlungsvorgänge hintereinander ist insbesondere bei Konzernumstrukturierungen ein wichtiges Instrument der Gestaltung. Die Nacheinanderschaltung erfolgt i.d.R. durch aufschiebende Bedingung der nachfolgenden Umwandlungsvorgänge durch das Wirksamwerden des vorangegangenen Vorgangs. Durch die Frist des § 17 Abs. 2 UmwG kann meistens nur so die fristgerechte Einreichung aller gewollter Umwandlungsvorgänge erreicht werden. Zur Fristwahrung ist es nach h.M. erforderlich, aber auch ausreichend, dass alle Essentialia der einzelnen Umwandlungsvorgänge fristgerecht eingereicht wurden. Da dann im Anschluss der Eintritt der Bedingungen ausschließlich durch den Registervollzug erfolgt und somit der Bedingungseintritt nicht von den Beteiligten beeinflusst werden kann, wird es als unschädlich angesehen, wenn der Bedingungseintritt durch Registereintragung erst nach Fristablauf erfolgt.[109] Es gibt zur Verkettung von Umwandlungsfällen keine gesetzlichen Regelungen, bei der Gestaltung sind jedoch einige wichtige Problembereiche zu beachten, welche häufige Fehlerquellen in der Praxis darstellen:
- | Eine wichtige Frage ist, wer an den jeweiligen Beschlussfassungen mitzuwirken hat. Grundsätzlich gilt, dass es für die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der gefassten Beschlüsse hinsichtlich der zu beteiligenden Anteilsinhaber allein auf die im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gesellschaft angehörigen Anteilsinhaber ankommt. Eine Beteiligung der (erst nach Eintritt der Bedingung) künftigen Anteilsinhaber ist grundsätzlich nicht erforderlich. Da es jedoch unter verschiedenen Aspekten Treuepflichten geben kann,[110] welche nach Zustimmung zum ersten Umwandlungsvorgang den Anteilsinhabern des übernehmenden Rechtsträgers aus diesem Umwandlungsvorgang gegenüber den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers obliegen,[111] empfiehlt es sich, die künftigen Gesellschafter der Beschlussfassung bereits zustimmen zu lassen[112] oder den weiteren geplanten Umwandlungsvorgang bereits im ersten Umwandlungsvertrag zu dokumentieren. |
- | Auch im Hinblick auf die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung ist auf die Anforderungen im Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen. Dies kann insbesondere bei einem Formwechsel innerhalb der Kette relevant sein, da sich hierdurch die Rechtsform des Rechtsträgers ändert. So sind z.B. bei einer in der Kette enthaltenen formwechselnden Umwandlung von einer AG in eine GmbH auch für die Beschlussfassung zu einer dem Formwechsel nachfolgenden Umwandlung die AG-spezifischen Vorschriften zur Vorbereitung und Durchführung der Beschlussfassung zu beachten, falls die Beschlussfassung vor Wirksamwerden des Formwechsels erfolgt; z.B. wären bei einer nachgelagerten Verschmelzung die §§ 60 ff. UmwG anzuwenden, insbesondere wäre somit auch ein Verschmelzungsbericht und eine Verschmelzungsprüfung obligatorisch.[113] |
- | Hingegen wird für die materiell-rechtlichen Regelungen, welche für die Voraussetzungen des Wirksamwerdens der nachgelagerten Umwandlung maßgeblich sind, vertreten, dass für die nachgelagerte Umwandlung im Vorgriff die Vorschriften des Zielrechtsträgers aus vorgelagerten Umwandlungen (insbesondere beim vorgelagerten Formwechsel) gelten sollen, wenn tatsächlich sichergestellt ist, dass die vorgelagerte Umwandlung vor der nachgelagerten Umwandlung wirksam wird.[114] Somit wären beim vorstehend reflektierten Fall des vorgelagerten Formwechsels von einer AG in eine GmbH mit nachgelagerter Verschmelzung keine Sonderbeschlüsse nach § 65 Abs. 2 UmwG erforderlich und keine Einreichung eines Entwurfs zum Registergericht gem. § 61 UmwG erforderlich.[115] Jedoch müssen bei der vorgelagerten Umwandlung die materiell-rechtlichen Voraussetzungen bis zur Handelsregistereintragung gegeben sein.[116] |
- | Die Gesellschafterversammlung an sich darf nicht bedingt abgehalten werden, sondern nur die „unbedingt abgehaltene“ Gesellschafterversammlung kann inhaltlich durch das Wirksamwerden anderer Umwandlungsvorgänge bedingte Beschlüsse fassen[117] oder unbedingt einer bedingten Umwandlung zustimmen. |
- | Eine Registeranmeldung darf selbst nicht bedingt abgegeben werden, aber es kann die unbedingte Anmeldung eines bedingten Umwandlungsvorgangs erfolgen. Nach h.M. sollte eine Bedingung des angemeldeten Umwandlungsvorgangs in der Registeranmeldung wiedergegeben werden.[118] |
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Wichtige Fragstellungen ergeben sich bei Kettenumwandlungen auch im Hinblick auf die handelsbilanzielle und steuerliche Rückwirkungsfiktion der einzelnen Umwandlungsvorgänge und die aufzustellenden Schlussbilanzen.
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Handelsbilanziell bedeutet der Umwandlungsstichtag den Wechsel der Rechnungslegung i.S. einer Ergebnisabgrenzung. Da nach h.M. der Umwandlungsstichtag (zumindest bei Buchwertverknüpfung) untrennbar mit dem Stichtag der Schlussbilanz gem. § 17 Abs. 2 UmwG verbunden ist, da die Schlussbilanz auf den Stichtag unmittelbar vor dem Umwandlungsstichtag aufzustellen ist, ergibt sich bei Kettenumwandlungen häufig die Notwendigkeit, alle Umwandlungsvorgänge auf denselben Stichtag zu beziehen, da der Stichtag der Schlussbilanz identisch ist. Eine Festlegung der Reihenfolge beim jeweiligen Umwandlungsstichtag (z.B. 0:00 h, 0:01 h, 0:02 h) ist hierbei nicht erforderlich, da der Wechsel der Rechnungslegung sich nur schuldrechtlich auf den Umwandlungsstichtag zurückbezieht.[119] Bei der Erstellung der Schlussbilanzen ist zu beachten,
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