Handbuch Umwandlungsrecht. Andreas Kühn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Kühn
Издательство: Bookwire
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811448056
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in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers der nachfolgenden Umwandlung nicht wieder.[120] - Für die Schlussbilanz ist zu beachten, dass nach zwischenzeitlich h.M. die übernehmende Gesellschaft am Stichtag der Schlussbilanz weder bereits existent gewesen sein muss noch in der Rechtsform bestanden haben muss, welcher dem Umwandlungsvorgang zugrunde gelegt wird.[121] Beim übertragenden Rechtsträger ist zu unterscheiden, ob dieser zum Stichtag der Schlussbilanz als Rechtssubjekt bestand, das buchführungs- und bilanzierungspflichtig war oder freiwillige Abschlüsse erstellt hat, oder ob der übertragende Rechtsträger zum Stichtag der Schlussbilanz noch gar nicht existent war. Im ersteren Fall ist die Aufstellung der Schlussbilanz unproblematisch, auch wenn die Rechtsform sich bis zur Durchführung des Umwandlungsvorgangs (z.B. durch einen vorgeschalteten Umwandlungsvorgang) noch geändert hat. Die Aufstellung einer Schlussbilanz durch einen im Zeitpunkt des Bilanzstichtags noch nicht existenten Rechtsträger wird häufig abgelehnt, da der übertragende Rechtsträger zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht buchführungsfähig war.[122] Nach m.E. richtiger Meinung wird jedoch zunehmend die Rückbeziehung auf einen Stichtag für zulässig angesehen, in welchem der übertragende Rechtsträger handelsrechtlich noch nicht existiert hat,[123] da auch die steuerliche Rückwirkungsfiktion keinen gesellschaftsrechtlich bereits existenten Rechtsträger am Rückwirkungsstichtag voraussetzt.[124] - Hinsichtlich der steuerlichen Rückwirkung ist eine Reihenfolge bei Kettenumwandlungen erforderlich, da dies für die Einkommensermittlung der beteiligten Rechtsträger maßgeblich ist.[125] Es wird diskutiert, ob bei Kettenumwandlungen auf denselben Rückwirkungsstichtag den beteiligten Rechtsträgern ein Bestimmungsrecht für die juristische Reihenfolge der einzelnen Vorgänge zusteht[126] oder ob allein die Reihenfolge der Handelsregistereintragungen maßgeblich ist.[127] Im Hinblick auf den noch nicht entschiedenen Meinungsstreit sollte der Notar und der beratende Anwalt darauf bedacht sein, dass durch bedingte Umwandlungsverträge, -beschlüsse und entspr. Anmeldungen die Abfolge des zivilrechtlichen Wirksamwerdens der beabsichtigten steuerlichen Reihenfolge entspricht.

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      Vielfach diskutiert wird die Anwendbarkeit der Regeln des allgemeinen Schuldrechts und des Allgemeinen Teils des BGB auf die umwandlungsrechtlichen Vorgänge. So ist gerade bei den Spaltungsvorgängen die Frage der Genauigkeit der Bezeichnung der zu übertragenden Vermögensgegenstände eine sehr praxisrelevante Fragestellung, da teilweise sehr große Sachgesamtheiten übertragen werden. Die von der Literatur schon lange überwiegend vertretene Meinung, dass die Spaltungsverträge nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden müssen[128] und keine überhöhten Anforderungen an die Einzelbezeichnung gestellt werden dürfen, wurde auch vom BGH[129] bestätigt. Damit wurde die Zulässigkeit sogenannter „All-Klauseln“ bestätigt, in welchen bei der Übertragung auf die Zugehörigkeit aller zu einem bestimmten Bereich gehörender Gegenstände abgestellt wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das Bestimmtheitserfordernis aus anderen Bereichen berücksichtigt werden muss, z.B. bei dinglichen Erklärungen zu unbeweglichem Vermögen, so insbesondere § 28 S. 1 GBO.[130]

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      Bei der Anwendung der §§ 133, 157 BGB ist bei Umwandlungsverträgen die besondere Rechtsnatur zu berücksichtigen. Da der Umwandlungsvertrag nicht nur unmittelbar für die abschließenden Rechtsträger Rechtswirkungen entfaltet, sondern auch für die Anteilsinhaber/Gesellschafter, kann bei einer Auslegung nicht allein auf den „Empfängerhorizont“ der Vertretungsorgane der beteiligten Rechtsträger abgestellt werden, sondern die Sicht eines verständigen Dritten ist entscheidend, die Auslegung hat also nach objektiven Kriterien zu erfolgen.[131] Die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze für die Auslegung von Satzungen können herangezogen werden. Bei Spaltungsvorgängen gilt hinsichtlich der Bestimmung der übertragenen Vermögenswerte konkret Folgendes:[132] Wurde ein Vermögensgegenstand bei dem Spaltungsvorgang nicht erwähnt, ist nach den vorstehenden objektiven Auslegungskriterien zu ermitteln, ob der vergessene Vermögensgegenstand mit rechtssicher zugewiesenen Vermögensgegenständen in einem spezifischen Zusammenhang steht und mit diesem eine wirtschaftliche Einheit bildet (z.B. Ersatzteile für eine eindeutig zugewiesene Maschine). Ist der Vermögensgegenstand in diesem Sinne nicht zugewiesen, so verbleibt er bei dem übertragenden Rechtsträger. Es mag sich eine Verpflichtung des übertragenden Rechtsträgers ergeben, diesen Vermögensgegenstand im Wege der Einzelrechtsnachfolge noch zu übertragen. Der Spaltungsvertrag ist insoweit wiederum als schuldrechtlicher Vertrag aus dem jeweiligen Empfängerhorizont u.U. ergänzend auszulegen. Auch kann eine Verpflichtung aus § 242 BGB bestehen. Für Rechte an unbeweglichem Vermögen ist zudem § 28 S. 1 GBO zu beachten, was der BGH – mit Ausnahme von Teilflächen – zur Wirksamkeitsvoraussetzung für den Eigentumsübergang infolge Spaltung erklärt hat.[133] Es empfiehlt sich daher, sowohl eine generelle Unterordnungsklausel in den Spaltungsvertrag aufzunehmen (z.B. an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Teilbetrieb geknüpft) als auch die Aufnahme einer Surrogationsklausel für eintretende Veränderungen bei Vermögensgegenständen zwischen Abschluss des Spaltungsvertrages und Wirksamwerden der Spaltung; vgl. die Vorschläge in Muster 4. Kap. Rn. 64. Möglicherweise empfiehlt sich auch die Aufnahme einer Leistungsbestimmungsklausel i.S.v. § 315 BGB, für den Fall, dass ein Vermögensgegenstand nicht zuordenbar ist.

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      Ein für die notarielle Beurkundungspraxis sehr wichtiges Thema ist, wann bei minderjährigen Beteiligten bei Umwandlungsvorgängen im Hinblick auf §§ 1629 Abs. 2, 1795 BGB die Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB) und/oder die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Die Literatur zu diesem Thema ist nicht sehr ergiebig[134] und Rechtsprechung gibt es nur zu Teilaspekten. Bezüglich der Frage der Anwendbarkeit der Beschränkungen des § 181 BGB auf Umwandlungsvorgänge gibt es bisher keine Rechtsprechung. In der Literatur wird dieses Thema nur teilweise diskutiert; danach hat sich folgende h.M. herausgebildet:

      Zustimmungsbeschlüsse zu Umwandlungen sind als Grundlagenbeschlüsse mit vertragsändernder Wirkung den formellen Satzungsänderungen gleichzustellen, auch wenn mit ihnen keine Satzungsänderung verbunden ist. Dies hat zur Folge, dass § 181 BGB auf diese Beschlüsse anzuwenden ist.[135] Dies wird auch zum Umwandlungsbeschluss gem. § 193 UmwG von der h.M.[136] vertreten.

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      Hinsichtlich der Genehmigungsbedürftigkeit durch das Familiengericht wird in der Literatur teilweise bei den Umwandlungsvorgängen selbst, soweit diese nicht zur Neugründung erfolgen, vertreten, dass weder § 1822 Nr. 3 noch § 1822 Nr. 10 BGB Anwendung finden, und somit für die Beschlussfassung keine Genehmigung erforderlich ist.[137] Eine Ausnahme gilt aber wohl im Hinblick auf § 1822 Nr. 10 BGB für den Zustimmungsbeschluss der übertragenden Gesellschaft, wenn den Minderjährigen bei der übernehmenden Gesellschaft eine persönliche Haftung für fremde Verbindlichkeiten treffen kann.[138] So ist im Hinblick auf die im Zuge der Verschmelzung drohende Ausfallhaftung gem. § 24 GmbHG eine Genehmigung erforderlich, wenn die übernehmende Gesellschaft eine GmbH ist, bei welcher noch nicht sämtliche Einlagen geleistet sind,[139] letztlich also im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 UmwG.[140] Weiter ist zu beachten, dass der Zustimmungsbeschluss zur Verschmelzung zur Neugründung jedenfalls dann der Genehmigung gem. § 1822 Nr. 3 BGB bedarf, wenn der Zweck der durch die Verschmelzung errichteten GmbH auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes gerichtet ist.[141] Bei den anderen Umwandlungsarten werden diese Argumentationen entsprechend übertragen.[142] Bei der Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens aus dem Vermögen eines Minderjährigen ergibt sich folgender Meinungsstand:[143] Erfolgt die Ausgliederung zur Neugründung auf eine GmbH, ist gem. § 1822 Nr. 3, § 1643 Abs. 1 BGB eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.[144] Gleiches gilt für die Ausgliederung zur Aufnahme durch eine Personenhandelsgesellschaft, und zwar auch bei Beteiligung als Kommanditist.[145] Genehmigungsbedürftig wäre auch die Gründung einer GmbH durch