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Grundsätzlich bedarf der Letter of Intent, soweit er lediglich die unverbindliche Kundgabe der Absicht zum Vertragsschluss enthält, keiner Form. Dies gilt auch für in ihn aufgenommene Vorfeldvereinbarungen. Ist der Letter of Intent jedoch ausnahmsweise als Vorvertrag ausgestaltet, so sind die gesetzlichen Formvorschriften (z.B. § 15 GmbHG) zu beachten.[16]
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Der Inhalt eines Letter of Intent ist vielfältig: Häufig enthält er die Absichtserklärung, zu einem bestimmten rechtsgeschäftlichen Ergebnis, also zur Unternehmensübertragung zu kommen. Üblicherweise werden der Kaufgegenstand konkretisiert und der Fortgang der Verhandlungen festgelegt. Auch der Umfang der Due Diligence, die zu involvierenden Gesprächspartner sowie der Zeitplan für die Durchführung der nötigen Schritte werden in der Regel benannt. Des Weiteren können Kaufpreisvorstellungen und Fragen der Kostentragung im Letter of Intent enthalten sein.
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Oft enthält der Letter of Intent verbindliche Vorfeldvereinbarungen, um die im vorvertraglichen Verhandlungsstadium bestehenden Interessen der Parteien zu schützen und notwendige Vorleistungen zu regeln. Wesentlicher Bestandteil jedes Letter of Intent ist die Vertraulichkeitsabrede zwecks Geheimhaltung der beabsichtigten Transaktion sowie der ausgetauschten Betriebsinterna. Eine Geheimhaltungspflicht wird nicht selten bereits vor Aufnahme der Verhandlungen in einer separaten Vereinbarung („Confidentiality Agreement“) festgelegt.[17] Auch die Vereinbarung eines Verbots, Arbeitnehmer der anderen Partei abzuwerben, kann sich im Einzelfall empfehlen.
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Exklusivitätsabreden werden in den Letter of Intent aufgenommen, nach denen bis zum Abschluss des Hauptvertrages oder bis zum Scheitern der Verhandlungen keine Parallelverhandlungen mit Dritten geführt werden dürfen. Ein schuldhafter Verstoß hiergegen stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung dar. Konkret kann hierzu vereinbart werden, dass die Partei, die gegen die Exklusivitätsabrede verstößt, die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Transaktion entstandenen Kosten der anderen Partei übernimmt, falls der Hauptvertrag mit dem Dritten abgeschlossen wird. Während die Geheimhaltungspflicht auch im Falle des Scheiterns der Verhandlungen fortbesteht, gilt die Exklusivitätsabrede regelmäßig nur für deren Dauer.
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Bei Vorbereitung und Durchführung des Unternehmenskaufs entstehen oft erhebliche Kosten: Technische und betriebswirtschaftliche Prüfungen müssen durchgeführt, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und andere Fachleute beauftragt, behördliche Verfahren eingeleitet, Mitarbeiter abgestellt und Reisekosten aufgebracht werden. In der Regel trägt dabei jede Partei die ihr entstehenden Kosten, was jedoch häufig nicht sachgerecht ist. In Kostenaufteilungsabreden kann der Käufer die Kosten des Veräußerers als Gegenleistung für die Ausschließlichkeit übernehmen bzw. der Veräußerer die Kosten des Erwerbers, falls dieser die Exklusivität bricht.[18] Mit Hilfe einer Vereinbarung über die Kostentragung kann bei Scheitern der Verhandlungen die zumeist streitige Frage einer Haftung für die aufgewendeten Kosten aus c.i.c. gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3, 280 BGB im Vorfeld geklärt werden.[19] Darin sollten Schadensersatzansprüche aus c.i.c. ausdrücklich ausgeschlossen werden. Ein vertraglicher Haftungsausschluss ist jedoch nur mit der Einschränkung des § 276 Abs. 2 BGB möglich, wonach dem Schuldner die Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erlassen werden kann.
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Neben der Kostenregelung oder damit verbunden räumen sich die Vertragspartner mit einer Break-up Fee das Recht ein, im Falle des Scheiterns der Transaktion bzw. des Abbruchs der Verhandlungen die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages (der im Verhältnis zur Transaktion und den zu kompensierenden Kosten stehen muss) zu verlangen.[20] Interessengerecht ist eine solche Verpflichtung z.B. dann, wenn eine Partei Zeit etwa für interne Entscheidungsprozesse benötigt und die andere sich gegen einen daraus drohenden Abbruch der Verhandlungen finanziell absichern will.
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Neben dem Letter of Intent gibt es noch die Heads of Agreement und die Instructions to Proceed. Diese Begriffe werden im anglo-amerikanischen Rechtskreis oft synonym verwandt. Unter Heads of Agreement versteht man üblicherweise rudimentäre Diskussionsentwürfe eines Vertrages. Instructions to Proceed dokumentieren die Verständigung über die Art und Weise des weiteren Vorgehens. Schließlich ist der Letter of Intent von dem sog. Side Letter zu unterscheiden: Dieser hängt in der Regel mit einem bestehenden Hauptvertrag zusammen, während der Letter of Intent vor einem noch zu schließenden Hauptvertrag vereinbart wird.[21]
4. Punktation (Memorandum of Understanding)
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Insbesondere bei längeren Vertragsverhandlungen, die abgrenzbare Teilbereiche umfassen, kann es sinnvoll sein, eine Punktation (Aufzeichnung) zu erstellen. Darin werden Zwischenergebnisse festgehalten, ohne dass damit eine Einigung über den Vertragsschluss insgesamt verbunden ist. Diese nach anglo-amerikanischer Terminologie auch als „Memorandum of Understanding“ bezeichnete Niederschrift bindet die Parteien im Zweifel nicht (§ 154 Abs. 1 S. 2 BGB).[22] Rechtlich bedeutend ist die Punktation, indem sie das Vertrauen in den Abschlusswillen der anderen Partei stärkt und – wie der Letter of Intent – Schadensersatzpflichten im Falle grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen begründen kann. Verbindliche Punktationen sind dann angezeigt, wenn die zum Vertragsschluss entschlossenen Parteien abschließend verhandelte Teilbereiche wegen des Umfangs der Verhandlungen oder aus anderen Gründen bereits bindend festlegen wollen. Der Bindungswille muss dann deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Ist eine Bindungswirkung nicht vereinbart, kann der Inhalt der Punktation einseitig und ohne Gründe aufgehoben oder abgeändert werden.
5. Vorvertrag
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Durch den Vorvertrag[23] wird die Verpflichtung zum Abschluss des späteren Hauptvertrages begründet. Seine Funktion liegt darin, eine vertragliche Bindung zu erreichen, auch wenn hinsichtlich des Hauptvertrages noch klärungsbedürftige Punkte offen sind. Die Annahme eines Vorvertrages ist nur gerechtfertigt, wenn besondere Umstände darauf schließen lassen, dass die Parteien sich ausnahmsweise schon binden wollten, bevor alle Vertragspunkte abschließend geregelt waren.[24]
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Zu seiner Wirksamkeit muss der Vorvertrag ein solches Maß an Bestimmtheit oder doch Bestimmbarkeit und Vollständigkeit aufweisen, dass im Streitfall der Inhalt des Vertrages richterlich festgestellt werden kann.[25] Andernfalls besteht das Risiko eines offenen Dissenses mit der Folge, dass der Vorvertrag im Zweifel als nicht geschlossen gilt (§ 154 Abs. 1 BGB). Bei einem versteckten Einigungsmangel entfaltet der Vorvertrag rechtliche Wirkung nur, sofern anzunehmen ist, dass er auch ohne eine Bestimmung über den offenen Punkt geschlossen sein würde (§ 155 BGB). Eine hinreichende Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit ist regelmäßig gegeben, wenn Kaufgegenstand und Kaufpreis sowie die von den Parteien als wesentlich angesehenen Nebenpunkte geregelt sind oder sich im Wege der Auslegung eindeutig bestimmen lassen.[26] Offen gebliebene Punkte können gem. §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen durch den jeweils anderen Vertragsteil oder gem. § 317 BGB durch einen Dritten bestimmt werden. Entspricht diese Bestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie durch gerichtliches Urteil ersetzt. Das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB). Die Rechtsprechung neigt in diesem Zusammenhang