Umgekehrt ist bisweilen zu beobachten, dass im Falle des Scheiterns (ohne PKH-Bewilligung) teilweise überhöhte Streitwerte festgesetzt werden – auch hier mag sich (wenn auch „nur“ im Interesse des Mandanten) eine Beschwerde lohnen (die allerdings gem. § 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 464b S. 3 StPO, § 567 Abs. 2 ZPO häufig unzulässig sein wird).
OLG Hamburg StV 2005, 563.
KG v. 18.4.2005 – 5 Ws 179/05.
LG Marburg v. 9.5.2007 – 7a StVK 55/07.
OLG Rostock NStZ-RR 2013, 92.
OLG Köln v. 20.12.2011 – 2 Ws 771/11 und v. 26.10.2010 – 2 Ws 682/10; KG NStZ-RR 2002, 62 (2.000 DM).
OLG Schleswig NStZ-RR 2007, 326.
OLG Frankfurt v. 21.1.2010 – 3 Ws 1072/09.
OLG Rostock v. 19.12.2005 – I Vollz (Ws) 9/04.
OLG Hamm v. 13.7.2010 – 1 Vollz (Ws) 381/10.
OLG Celle StV 2008, 92.
OLG Celle NStZ 2008, 221.
OLG Rostock NStZ-RR 2008, 62.
Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › IV. Akteneinsicht
IV. Akteneinsicht
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Wer in einer Vollstreckungssache verteidigt, muss über den Ablauf der bisherigen und bevorstehenden Vollstreckung informiert sein. Die Verteidigung im Hauptverfahren endet meist mit dem Strafantritt des Verurteilten. Häufig beginnt das Mandat neu, u.U. erst einige Zeit nach der Verurteilung, während der Verurteilte sich bereits Jahre im Vollzug befindet. Die Fortsetzung oder die Übernahme eines Mandats in der Vollstreckung und im Vollzug ist anspruchsvoll und erfordert ein gewisses Maß an Spezialisierung. Eine Einarbeitung in die Strukturen der Vollstreckungsbehörde (Zuständigkeit der StA gem. § 451 StPO), der StVK (Zuständigkeit gem. § 462a StPO), der JVA (die Zuständigkeit gem. Vollstreckungsplan der einzelnen Bundesländer), der Bewährungshilfe (§ 56d StGB) und Führungsaufsichtsstelle (§ 463a StPO) ist Grundvoraussetzung für eine sachgerechte Vertretung. Wie im Hauptverfahren ist gründliche Aktenkenntnis erforderlich. Im Vollstreckungsverfahren muss die Verteidigung zunächst wissen, wo sich welche Akten befinden, wie und wo man sie einsehen kann.
Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › IV › 1. Vollstreckungs- und Bewährungsheft
1. Vollstreckungs- und Bewährungsheft
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Die nach Rechtskraft vorkommenden Vollstreckungsmaßnahmen und -entscheidungen werden meist in besonderen Vollstreckungsheften (§§ 15, 16 StVollstrO) gesammelt. Akteneinsichtsanträge müssen sich deshalb ausdrücklich auf das Vollstreckungsheft beziehen. Darüber, ob Gnadenvorgänge in besonderen Akten zu sammeln sind oder auch im Vollstreckungsheft geführt werden, haben die Bundesländer sehr verschiedene Bestimmungen. Die Vollstreckungshefte werden bei der Vollstreckungsbehörde geführt. Die in der Strafverfolgung zuständige StA nimmt als Vollstreckungsbehörde auch gegenüber der StVK bei einem anderen LG (u.U. in einem anderen Bundesland) die Aufgaben der StA wahr (§ 451 Abs. 3 StPO). Der Vollstreckungsrechtspfleger führt das Vollstreckungsheft. Beginnend mit dem Urteil folgt als entscheidendes Formular das Vollstreckungsblatt mit der Strafzeitberechnung. Es enthält die wichtigsten Daten des Verurteilten und die formellen Angaben über die zu vollstreckenden Straferkenntnisse. Daraus ergibt sich die Vollstreckungsreihenfolge, d.h. ob es sich um eine Freiheitsstrafe, um einen Strafrest nach Widerruf oder um eine Ersatzfreiheitsstrafe handelt, wann die Vollstreckung begonnen hat oder beginnen soll, wenn nicht zwischenzeitlich ausgesetzt wird, sowie der Unterbrechungszeitpunkt, die Vollstreckungsreihenfolge und das Strafende.
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Der Antrag auf Akteneinsicht in das Vollstreckungsheft ist an die Vollstreckungsbehörde unter Angabe des StA-Aktenzeichens (VRs) zu richten. Die Akteneinsicht erfolgt meistens auf der Geschäftsstelle der StA. Die Vollstreckungshefte werden in der Regel (trotz RiStBV Nr. 187 Abs. 2) nicht versandt.[1] Dies kann regional unterschiedlich gehandhabt werden. Besondere Umstände können auch die Versendung in eine auswärtige Kanzlei erforderlich machen.
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In Bewährungsverfahren werden in allen Bundesländern von der Vollstreckungsbehörde und den Gerichten besondere Bewährungshefte geführt. Sie beginnen mit der Aussetzungsentscheidung, enthalten die Vorgänge über die Bewährungsaufsicht und enden mit dem Straferlass oder dem Widerruf. Anträge auf Akteneinsicht während des Laufs einer Bewährung müssen also entweder diese Vorgänge besonders bezeichnen oder das Bewährungsheft aufführen (mit BRs-Aktenzeichen).
Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › IV › 2. Akten der Führungsaufsichtsstelle
2. Akten der Führungsaufsichtsstelle
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Die Führungsaufsichtsstelle führt neben der StVK eigene Akten. Es empfiehlt sich im Verfahren zur Änderung oder Aufhebung von einzelnen Weisungen sowie wegen der Beendigung der Führungsaufsicht, sich umfassende Aktenkenntnis zu verschaffen. Mit der Reform der Führungsaufsicht 2007 sind die Überwachungsaufgabe und die Offenbarungspflicht stark ausgeweitet worden (§§ 68a StGB, 463a StPO). Entsprechend ist auch das Datenmaterial über die verurteilte Person gewachsen. Aufgabe der Verteidigung ist es, die unkontrollierte Weitergabe von Daten zu überprüfen. Der Gesetzgeber hat mit § 68a Abs. 8 StGB veranlasst, eine strikte Zweckbindung bei der Nutzung der offenbarten Geheimnisse zu schaffen.[2] Die Geheimnisoffenbarung,