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Üblicherweise schließen die Partner zunächst eine schuldrechtliche Grundlagenvereinbarung, die die Einzelheiten der Durchführung des Equity Joint Venture regelt (sog. Joint Venture Vertrag). Darin verpflichten sie sich regelmäßig zur Gründung der rechtlich selbstständigen Joint Venture Gesellschaft, die sie gemeinsam beherrschen.[2] Ferner enthält der Joint Venture Vertrag Regelungen zur Leitung, Steuerung und Beendigung der Joint Venture Gesellschaft. In der deutschen Wirtschaftspraxis werden Joint Venture Gesellschaften zumeist in der Rechtsform der GmbH oder der GmbH & Co. KG errichtet.[3] Vgl. zur Rechtsformwahl unten 7. Kap. Rn. 158 ff.
2 › II › 1. Binnenstruktur des Equity Joint Venture
1. Binnenstruktur des Equity Joint Venture
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Das Equity Joint Venture zeichnet sich durch eine zweistufige Struktur aus. Die erste Stufe bildet der schuldrechtliche Joint Venture Vertrag, in dem sich die Partner zur Durchführung der gemeinsamen Unternehmung verpflichten. Dieser Vertrag wird aufgrund der gemeinsamen Zwecksetzung regelmäßig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i.S.d. § 705 BGB darstellen (Innengesellschaft, vgl. hierzu näher 7. Kap. Rn. 122). Allerdings werden die Parteien stets spezifische Regelungen etwa zur Kündigung vereinbaren, so dass mit dieser gesellschaftsrechtlichen Einordnung des Joint Venture Vertrags keine wesentlichen rechtlichen Konsequenzen verbunden sind.[4] Daneben sind die Joint Venture Partner auch Gesellschafter der zur Umsetzung dieses Zwecks gegründeten Joint Venture Gesellschaft, die die zweite Stufe des Gemeinschaftsprojekts bildet.[5] In besonderen Konstellationen kann Partei des Joint Venture Vertrages auch ein Dritter sein, etwa die Konzernmutter derjenigen Gesellschaft, die später Partner der Joint Venture Gesellschaft werden soll.
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Die Verbindung mehrerer Ebenen und das Vorhandensein verschiedener Interessen innerhalb des Gesamtsystems macht das Joint Venture zu einem komplexen Gebilde.[6] Auf der ersten Ebene gibt es zwei oder mehrere Partner, die die Zusammenarbeit suchen und sich schließlich zur Durchführung eines Joint Venture entschließen. Auf der nächsten Ebene steht die Joint Venture Gesellschaft selbst.
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Diese unterhält Beziehungen zu den Joint Venture Partnern als Gemeinschaft, aber auch zu jedem einzelnen Partner. Dazu gehören regelmäßig zunächst Leistungen, die im Rahmen des Aufbaus der Joint Venture Gesellschaft erbracht werden, wie etwa Bauleistungen oder Maschinenlieferungen. Ferner zählen hierzu auch Beiträge, die im Rahmen des laufenden Betriebs von den Joint Venture Partnern geleistet werden, wie etwa Geschäftsführungsdienste, Personalgestellung, das Zurverfügungstellen von Know-how, Rohstofflieferungen oder Vertriebsleistungen.[7] Hier stellt sich u.a. das Erfordernis eines den gesetzlichen Bestimmungen genügenden Modells von Verrechnungspreisen und Konzernumlagen. Zu bedenken ist die Frage der Steuerbelastung bei der Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft, z.B. durch Sachgründung, sowie zum anderen die Besteuerung der laufenden Leistungsabrechnungen der Joint Venture Partner im Rahmen der Gestaltung von Verrechnungspreisen.[8]Außerdem sind die Verpflichtung zur Rechnungslegung (Bilanzierung) der Joint Venture Gesellschaft sowie der Joint Venture Partner zu beachten. Hier ist zum einen die Bilanzierung eines Equity Joint Venture als Personen- oder Kapitalgesellschaft nach den nationalen Rechnungslegungsvorschriften des jeweiligen Standortes zu nennen, und zum anderen die bilanzielle Abbildung der Beteiligung am Joint Venture im entsprechenden Einzel- und Konzernabschluss des Joint Venture Partnerunternehmens zu unterscheiden.[9]
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Zusätzlich unterhält jedes der beteiligten Unternehmen, d.h. sowohl die Partner als auch die Joint Venture Gesellschaft selbst, als selbstständige wirtschaftliche Einheit Beziehungen zu Dritten, also weiteren Marktteilnehmern und zu ihrer Umwelt.[10] Hier ist insbesondere an die laufenden vertraglichen Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Banken und anderen Marktteilnehmern zu denken. Schließlich ist die Joint Venture Gesellschaft auch Teil öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen, etwa im Rahmen öffentlich-rechtlicher Genehmigungen oder gewährter Staatshilfen.
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Grafisch lässt sich dies im Überblick wie folgt darstellen:
Abb. 1: Struktur des Equity Joint Venture
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Im Joint Venture Vertrag werden die Strukturen festgelegt, die die Umsetzung der gemeinsam gewünschten Strategie der Partner in der Joint Venture Gesellschaft ermöglichen. Die Beziehungen der Partner zueinander und ihre jeweiligen Beziehungen zur Joint Venture Gesellschaft müssen umfassend geregelt werden. Dabei sind etwaige Interessenkonflikte der Beteiligten auszutarieren und mit den Interessen des Gemeinschaftsunternehmens in Einklang zu bringen.
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Die Partner schaffen durch die Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft eine organisatorisch wie rechtlich selbstständige Einheit. Diese tritt selbstständig am Markt auf und befindet sich in einem eigenen wirtschaftlichen Umfeld mit eigenen vertraglichen Interdependenzen zu Dritten. Obwohl die rechtliche Selbstständigkeit der Joint Venture Gesellschaft in den Fällen des Equity Joint Venture von den Partnern gerade gewünscht wird, liegt es regelmäßig im Interesse der Parteien, gemeinsam Kontrolle über die Joint Venture Gesellschaft auszuüben. Dies geschieht üblicherweise durch eine entsprechende Ausgestaltung des Konsortialverhältnisses, welches im Joint Venture Vertrag die Modalitäten der gemeinsamen Kontrollausübung regelt. Hierzu gehören die Gestaltung der Führungsstruktur der Joint Venture Gesellschaft, die Kontrolle der Geschäftsführung durch Aufsichtsrat oder Beirat, Finanzierungsfragen, Berichtspflichten, Regelungen zum Wechsel der Beteiligungsverhältnisse, Auflösung von Patt-Situationen und Ähnliches (siehe zu Einzelheiten betreffend die Gestaltung des Joint Venture Vertrages unten 7. Kap. Rn. 106 ff.).
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Das Beziehungsgeflecht der Beteiligten eines Equity Joint Venture ist kein statisches Gebilde. Jedes der beteiligten Unternehmen ist ständigen wirtschaftlichen Veränderungen ausgesetzt. Es mag daher sein, dass sich Anforderungen und Erwartungen der Joint Venture Beteiligten im Lauf der Zeit wandeln. Es zeichnet die Qualität eines gelungenen Joint Venture Vertrages aus, diese Dynamik des Beziehungsgeflechts möglichst zu antizipieren und vertraglich abzubilden, etwa durch weitsichtige Regelungen für die Entscheidungsfindung und für die Auflösung von Streitigkeiten sowie für die mittel- und langfristige Finanzierung. Bei der praktischen Umsetzung der operativen Führung der Joint Venture Gesellschaft gilt es stets aufs Neue, im Sinne dieser Regelungen eine größtmögliche Balance zwischen den Interessen der Beteiligten herzustellen, um den Erfolg der Zusammenarbeit auf Dauer zu gewährleisten.
2 › II › 2. Alternativen zum Equity Joint Venture
2. Alternativen