2.2 Abgrenzung zum Beteiligungskauf
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Fasst ein Partner die Beteiligung an einer Joint Venture Gesellschaft ins Auge, so sollte zuvor eine sorgfältige Prüfung stattfinden, ob die erstrebten wirtschaftlichen Ziele nicht einfacher durch einen Beteiligungskauf erreicht werden können.[22] Bei beiden Varianten handelt es sich um verschiedene Formen der Umsetzung wirtschaftsstrategischer Ziele durch den teilweisen oder vollständigen Erwerb eines Vehikels.
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Die Frage, ob eine Joint Venture Gesellschaft oder eine direkt erworbene Beteiligung das geeignete Vehikel ist, wird insbesondere in Fällen eine Rolle spielen, wo ein größeres, wirtschaftlich potentes Unternehmen mit einem kleineren Unternehmen eine Zusammenarbeit sucht oder einer der Partner einen deutlich stärkeren Beitrag zu bringen bereit ist als der andere. In Konstellationen, in denen beide Partner in etwa gleich stark sind oder einen etwa gleich gewichtigen Beitrag für eine bestimmte Kooperation einbringen wollen, spricht vieles für ein Joint Venture.
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Der Vorteil des Erwerbs sämtlicher Anteile an einer Gesellschaft oder einer Beteiligung, die die qualifizierte Mehrheit vermittelt, liegt in der Beherrschung des Unternehmens und der Kontrolle über dessen weitere Entwicklung.
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Ein Beteiligungserwerb ist insbesondere dann in Erwägung zu ziehen, wenn derjenige Bereich des Unternehmens, mit dem die Zusammenarbeit gesucht wird, über eine besondere Firmenkultur verfügt, die nicht beschädigt oder gar zerstört werden soll. Würde die Einbringung eines Geschäftsbereichs in eine Joint Venture Gesellschaft die Firmenkultur gefährden oder wichtige Arbeitnehmer demotivieren, wird es sinnvoller sein, die Zielgesellschaft als solche bestehen zu lassen und lediglich eine Beteiligung daran zu erwerben.
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Dagegen kann bei internationalen Joint Venture die Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner anstelle der Gründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft erforderlich sein, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse des Gastlandes zu durchdringen und geeignete Kontakte zu lokalen Behörden und zur vor Ort ansässigen Industrie herzustellen. In einigen Staaten ist eine solche Kooperation ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.[23]
2.3 Abgrenzung zur Wagniskapitalfinanzierung
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In der Praxis wird es beim Anwendungsbereich von Equity Joint Venture gelegentlich Überschneidungen zum Vergleichsfall der klassischen Wagniskapital (Venture Capital) Finanzierung geben.
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Wird eine projektbezogene Kooperation zweier Unternehmen in der Weise konzipiert, dass der eine (weniger finanzstarke) Partner einen Betrieb oder Betriebsteile einbringt, während der andere (finanzstärkere) Partner im Wesentlichen Finanzmittel beisteuert, ähnelt die Situation auf den ersten Blick dem Einstieg eines Finanzinvestors in ein junges Unternehmen mit hohem Kapitalbedarf. Ausgangssituation kann in beiden Fällen sein, dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung eines finanzstarken Investors die einzige Möglichkeit darstellt, eine viel versprechende unternehmerische Aktivität zu verwirklichen, wenn die Inanspruchnahme von Bankkrediten (etwa mangels hinreichender Sicherheiten) nicht möglich ist.
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Dennoch sind die Interessenlagen typischerweise unterschiedlich. Der strategische Investor, der sich an einem Equity Joint Venture beteiligt, erstrebt zumeist eine langfristige, produkt- und marktbezogene Beteiligung in einem Geschäftsbereich, den er sichern, besetzen oder ausbauen will. Der Fokus des Finanzinvestors ist anders. Er beabsichtigt üblicherweise nach einer im Voraus bestimmten Zeitspanne (zumeist etwa drei bis fünf Jahre) die Veräußerung seiner Beteiligung, um aufgrund der erstrebten hohen Wertsteigerung der Zielgesellschaft entsprechende Erträge zu realisieren.
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Gleichwohl bestehen zwischen einem Joint Venture Vertrag und einem Beteiligungsvertrag, durch den ein Private Equity oder Venture Capital Investor sein Investment in ein Unternehmen absichert, in vielerlei Hinsicht Parallelen. Der Venture Capital Investor, dessen Beteiligungsquote zumindest in der ersten Finanzierungsrunde selten mehr als 25 % des Stamm-/Grundkapitals betragen wird,[24] hat ebenso wie der Minderheitsgesellschafter einer Joint Venture Gesellschaft darauf zu achten, seine Informations- und Mitspracherechte in der Gesellschaft über die gesetzlichen Vorgaben hinaus auszudehnen, um tatsächlich effektive Kontrolle über die Gesellschaft ausüben zu können.
2 › II › 3. Ausgestaltung der Zusammenarbeit
3. Ausgestaltung der Zusammenarbeit
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Haben sich die Partner für die Zusammenarbeit in Form eines Equity Joint Venture entschieden, müssen sie dessen konkrete gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung wählen. Naturgemäß werden bei der Gestaltung insbesondere betriebswirtschaftliche, arbeitsrechtliche, haftungsrechtliche und vor allem steuerliche und bilanzielle Aspekte eine Rolle spielen, auf die an anderer Stelle im Einzelnen eingegangen wird.[25]
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Neben der Errichtung einer neuen Joint Venture Gesellschaft kommt die Beteiligung eines Partners an einem bereits bestehenden Unternehmen des anderen Partners oder der gemeinsame Neuerwerb eines bereits bestehenden Unternehmens in Betracht.[26] Bei der etwaig erforderlichen weiteren Ausstattung der Joint Venture Gesellschaft mit den notwendigen Wirtschaftsgütern, den erforderlichen Finanzmitteln und den passenden Mitarbeitern steht den Partnern sodann das gesamte Instrumentarium des Gesellschaftsrechts zur Verfügung.
3.1 Gründung einer neuen Gesellschaft
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Dabei dürfte die gemeinsame Neugründung am häufigsten vorkommen, da sie von den Vorzügen einer freien Standortwahl und der Möglichkeit, die erforderlichen Aufwendungen über einen längeren Zeitraum zu verteilen, profitieren kann.[27] Ferner entfallen bei Gründung, anders als im Erwerbsszenario, etwaige Risiken aus dem Vehikel selbst, was den Due Diligence Aufwand und damit den