Schaumburg/Probst/Rüling Joint Ventures, S. 8, differenzieren etwa nach internen, wettbewerbsbezogenen und strategischen Zielsetzungen; Langefeld-Wirth Praxis der internationalen Joint Ventures, S. 36 ff. unterscheidet strategische Ansätze als Kooperations-, Ausweich-, Finanzierungsmodell und als Instrument der Partnereinbindung; zu den verschiedenen Funktionen auch Lauer S. 110 ff.
1 › III. Typische Spannungslagen
III. Typische Spannungslagen
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Bei Beginn einer projektbezogenen Kooperation werden nicht immer beide Partner zwangsläufig dieselben Motive haben. Oft werden sie sogar gegenläufige Interessen verfolgen. So kann das Hauptaugenmerk des einen Partners darauf liegen, für einen eingebrachten Geschäftsbereich besondere Synergien zu realisieren, während sich der andere vornehmlich den Zugang zu besonderem Know-how erhofft. Entsprechend werden sie in einem Joint Venture ihre Pläne verfolgen, die gelegentlich auch kollidieren können. Derlei Konstellationen müssen bei der Gestaltung des Joint Venture einem geeigneten Interessenausgleich zugeführt werden.[1]
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Entscheidende Bedeutung kommt daher der Unternehmensführung zu. Die Führung eines Joint Venture ist typischerweise komplexer als die Führung eines herkömmlichen Unternehmens mit nur einem (Mehrheits-)Gesellschafter oder einer Publikumsgesellschaft. Der stetige Prozess der Abstimmung mit dem Partner über Einzelheiten des Geschäfts, die gemeinsame Entscheidungsfindung und die Auflösung von Meinungsverschiedenheiten vor dem Hintergrund gegenläufiger Interessen sind dem Joint Venture immanent.[2] Diese Notwendigkeit des permanenten Interessenausgleichs besteht sowohl auf der Geschäftsführungs- als auch auf der Gesellschafterebene des Gemeinschaftsunternehmens. Gelingt dieser Interessenausgleich nicht, kann dies eine wesentliche Ursache für das mögliche Scheitern oder die vorzeitige Auflösung eines Joint Venture sein.[3]
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Es ist unverzichtbar, dass die Partner sich vor Beginn ihrer Zusammenarbeit über Strategie und Konzeption des Joint Venture klare Vorstellungen machen und hierzu ein gemeinsames Verständnis entwickeln.[4] Sämtliche für die wirtschaftliche Umsetzung des geplanten Vorhabens relevanten Punkte sollten in der Planungsphase einvernehmlich besprochen werden. Wichtige Punkte, über die vor Beginn keine Einigung getroffen wurde, können bei ihrem späteren Auftreten zu gravierenden Unstimmigkeiten führen, die im schlimmsten Fall die Handlungsfähigkeit des Joint Venture beeinträchtigen oder gar – mit entsprechenden wirtschaftlichen Nachteilen für die beteiligten Partner – zum Stillstand bringen können.
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Die Weichenstellung für einen Erfolg oder Misserfolg des Joint Venture beginnt schon lange vor der Errichtung, nämlich in der Beziehung der Partner zueinander. Jedes Joint Venture bedarf eines Mindestmaßes an gegenseitigem Vertrauen der Partnerunternehmen, damit es funktionieren kann. Das gilt insbesondere für paritätische Joint Venture, an denen die Partner in gleicher Höhe beteiligt sind oder in das die Partner jeweils gleichwertige Wirtschaftsgüter eingebracht haben. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass unternehmerische Entscheidungen, die im Rahmen des operativen Betriebs des Joint Venture zu treffen sind, mal den einen Partner und mal den anderen – vermeintlich oder tatsächlich – bevor- oder benachteiligen werden. Dies ist nicht vermeidbar. Die beteiligten Partner sollten dies im Vertrauen darauf hinnehmen können, dass bei einer Gesamtbetrachtung für sie die wirtschaftlichen Vorteile des Gemeinschaftsunternehmens überwiegen. Fühlen sie sich hierzu nicht in der Lage, werden sie von der Beteiligung an einem Joint Venture absehen und sich auf die Entfaltung unternehmerischer Aktivität aus eigener Kraft konzentrieren.
Anmerkungen
Vgl. im Einzelnen dazu unten 7. Kap., etwa durch eine entsprechende Festlegung der Beteiligungsquoten Rn. 377 ff. oder durch Mechanismen zur Auflösung von Pattsituationen, Rn. 524 ff.
Schulte/Pohl Joint Venture Gesellschaften, Rn. 9.
Jansen S. 106.
Schaubild der Planungsphase bei Langefeld-Wirth Praxis der internationalen Joint Ventures, S. 58; zur Strategieentwicklung auch Büchel/Prange/Probst/Rüling S. 63 ff.
1 › IV. Compliance im Joint Venture
IV. Compliance im Joint Venture
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Die zunehmende Regelungsdichte der letzten Jahre sowie das – nicht zuletzt aufgrund drakonischer Strafen und realisierter Haftungsansprüche – gewachsene Bewusstsein für regelkonformes Verhalten hat das Thema Compliance stetig weiter in das Blickfeld der Unternehmen gerückt. Hinzu kommen die Folgen der Globalisierung, die ihren Anteil daran haben, dass die von den international operierenden Unternehmen zu beachtenden Regelungen und Standards auch in sich entwickelnden jeweiligen Märkten stetig komplexer werden. Entsprechend ist die Notwendigkeit gestiegen, geeignete unternehmensinterne Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und unternehmensinterner Richtlinien, also die „Compliance“ des Unternehmens, sicherzustellen. Dies gilt uneingeschränkt auch für Joint Venture.
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Planen zwei oder mehrere Unternehmen die Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens, so stellt sich die Frage der Compliance bereits auf Gesellschafterebene. Die potentiellen Joint Venture Partner werden sich nur mit Unternehmen zusammentun wollen, die aus Compliance-Gesichtspunkten keinen Anlass zu Bedenken geben, um von vornherein Reputationsschäden und Haftungsrisiken auszuschließen. Kommt es schließlich zur Errichtung des Gemeinschaftsunternehmens, werden die Partner ein Interesse daran haben, dass auch ihre Joint Venture Gesellschaft marktüblichen Compliance-Standards genügt, wobei diese nicht zwingend 1:1 denen der Joint Venture Partner entsprechen müssen.
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In der Beratungspraxis haben sich sowohl für die Gründungsphase, als auch für die operative Phase des Gemeinschaftsunternehmens Marktstandards herausgebildet. Vor der Errichtung empfiehlt es sich für die beteiligten Unternehmen, eine detaillierte Risikoanalyse durchzuführen, die sowohl die intendierten Kooperationspartner und ihre Märkte, als auch das Marktumfeld der geplanten Joint Venture Gesellschaft selbst umfasst. Sind potentielle Compliance-Risiken identifiziert, gilt es im nächsten Schritt, diese in der Gründungsdokumentation möglichst zu minimieren. Wird die Joint Venture Gesellschaft sodann operativ in Gang gesetzt, sollte ein geeignetes Compliance-Management-System eingerichtet werden, dessen Ausgestaltung und Regelungsdichte sich nach Größe und Geschäftstätigkeit des relevanten Gemeinschaftsunternehmen richtet (siehe zu Compliance im Joint Venture im Einzelnen die Ausführungen im 10. Kapitel).
2. Kapitel Erscheinungsformen des Joint Venture
Literatur:
Hebgen