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Für das Veto-Recht im Aufsichtsorgan ist diese Frage nicht so eindeutig zu beantworten und ist auch im Schrifttum umstritten.[32] Auch insoweit könnte man anführen, dass ein Veto-Recht der Struktur des Aufsichtsorgans als Kollegialorgan entgegenstehen würde.[33] Teilweise wird auch auf § 38 Abs. 1 SEBG verwiesen, nach dem die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat die gleichen Rechte und Pflichten haben sollen wie die Vertreter der Anteilseignerseite.[34] Beides überzeugt letztlich nicht: § 38 Abs. 1 SEBG ist hinsichtlich der Frage der Beschlussfassung gegenüber der Satzung der SE nachrangig (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO), denn Art. 50 Abs. 1 SE-VO räumt dem Satzungsgeber insoweit ausdrücklich das Recht ein, diese Frage (vorrangig vor nationalem Recht) zu regeln. Auch die Struktur des Aufsichtsorgans als Kollegialorgan spricht nicht gegen ein Veto-Recht des Vorsitzenden, denn das Veto-Recht ist ein bloß beschlussverhinderndes Instrument, so dass – unabhängig davon, wie man das Prinzip der kollegialorganschaftlichen Ausgestaltung im Detail versteht – ein Veto-Recht diesem Prinzip nicht entgegensteht.
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Folglich kann in der Satzung der SE – anders als in der Satzung der deutschen AG – sowohl für das Leitungs- als auch für das Überwachungsorgan ein Veto-Recht für den Vorsitzenden eingeräumt werden. Dies gilt auch, soweit die SE paritätisch mitbestimmt sein sollte. Gleichwohl empfiehlt es sich, soweit Veto-Rechte vorgesehen werden sollen, dies vorab mit dem Registergericht abzustimmen. Alleinentscheidungsrechte des Vorsitzenden sind indessen weder im Aufsichts– noch im Leitungsorgan zulässig.
3.2 Wiederbestellung von Mitgliedern des Aufsichts- und Leitungsorgans
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Nach Art. 46 Abs. 2 SE-VO können die Organe der SE – vorbehaltlich satzungsmäßiger Einschränkungen – einmal oder mehrmals wieder bestellt werden. Der Wortlaut macht deutlich, dass eine automatische Verlängerung der Amtszeit nicht zulässig, sondern ein erneuter Bestellungsbeschluss erforderlich ist.[35] Art. 46 Abs. 2 SE-VO räumt dem Satzungsgeber die Möglichkeit ein, Einschränkungen für die Möglichkeit der Wiederbestellung zu regeln. Damit ist es dem Satzungsgeber möglich, die Anzahl der Wiederbestellungen zu begrenzen.[36] Ausweislich des Wortlauts des Art. 46 Abs. 2 SE-VO ist es nicht möglich, eine Höchstdauer der Mitgliedschaft festzulegen, denn Art. 46 Abs. 2 SE-VO stellt ausdrücklich auf die Anzahl der Bestellungen ab („einmal oder mehrmals […] wiederbestellt werden“).
3.3 Statutarische Bestellungsvoraussetzungen
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Art. 47 Abs. 3 SE-VO sieht vor, dass für Organmitglieder, die die Aktionäre vertreten, in Anlehnung an die für nationale AG geltenden Rechtsvorschriften besondere Voraussetzungen durch die Satzung festgelegt werden können. Auch wenn der Wortlaut von Art. 47 Abs. 3 SE-VO zunächst anderes vermuten lässt, bezieht sich diese Regelungsermächtigung nicht nur auf das Aufsichtsorgan, sondern gleichzeitig auf das Leitungsorgan. Hieran könnte man zweifeln, da Art. 47 Abs. 3 SE-VO diese Regelungsbefugnis nur für solche Mitglieder einräumt, die Aktionäre vertreten, und im Leitungsorgan nicht zwischen Aktionärs- und Arbeitnehmervertretern unterschieden wird. Gleichwohl entspricht es der ganz h.M., dass Art. 47 Abs. 3 SE-VO lediglich ausschließen soll, dass persönliche Voraussetzungen für die Arbeitnehmervertreter (im Aufsichtsorgan) satzungsmäßig bestimmt werden.[37]
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Gleichfalls missverständlich ist die deutsche Fassung der SE-VO insoweit, als die Satzung der SE „in Anlehnung“ an die für nationale AG geltenden Rechtsvorschriften besondere Voraussetzungen für die Mitgliedschaft festlegen kann. In den anderen Sprachfassungen wird durchweg insgesamt auf das nationale Aktienrecht verwiesen.[38] Da die Auslegung der SE-VO insbesondere auch nach den anderen Sprachfassungen der SE-VO erfolgt,[39] gelten die Grundsätze, die für deutsche AG entwickelt wurden, entsprechend. Dementsprechend ist, wie für § 100 Abs. 4 AktG, zu differenzieren:
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Soweit Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans betroffen sind, die aufgrund der Satzung entsendet werden, können die Voraussetzungen bei Einräumung des Entsenderechts in den Grenzen des § 138 BGB beliebig festgelegt werden, da es dem Satzungsgeber ohnehin frei steht, überhaupt Entsendungsrechte in der Satzung aufzunehmen.[40] Nachträgliche Änderungen sind nur mit Zustimmung des Entsendeberechtigten zulässig.
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Hinsichtlich der von der Hauptversammlung zu wählenden Mitglieder dürfen statutarische Bestellungsvoraussetzungen nicht dazu führen, dass das Wahlrecht der Hauptversammlung faktisch eingeschränkt wird.[41] In diesem Rahmen sind daher insbesondere Mindest- oder Höchstalter (sofern hiermit nicht gegen das AGG verstoßen wird[42]), Staatsangehörigkeit, berufliche Qualifikation, Sachkunde und Aktionärseigenschaft möglich.[43]
3.4 Geschäftsordnung
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Es ist sowohl für das Leitungsorgan als auch für das Aufsichtsorgan möglich, eine Geschäftsordnung festzulegen.[44] Eine besondere Ermächtigung in der Satzung der SE ist hierfür nicht erforderlich.[45] Gleichwohl ist eine solche (bloß deklaratorisch wirkende) Ermächtigung in zahlreichen Satzungen dualistischer SE anzutreffen.[46] Allerdings können Regelungen über die Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung nicht in einer etwaigen Geschäftsordnung geregelt werden, da Art. 50 Abs. 1 SE-VO es ausschließlich dem Satzungsgeber gestattet, diesbezüglich Regelungen vorzusehen.[47]
3.5 Mitglieder des ersten Aufsichtsorgans
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Die Mitglieder des ersten Aufsichtsorgans können gem. Art. 40 Abs. 2 S. 2 SE-VO durch die Satzung bestellt werden.[48] Eine solche satzungsmäßige Bestellung ist indessen keineswegs zwingend, sondern ist eine bloße Regelungsoption. In der Praxis wird von dieser Regelungsoption nur vereinzelt Gebrauch gemacht.[49]
3.6 Vergütung des Aufsichtsorgans
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Die SE-VO enthält keine Reglungen zur Vergütung des Aufsichtsorgans, sodass nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO auf § 113 AktG und die hierzu entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ist. Die Vergütung kann danach entweder in der Satzung oder durch Hauptversammlungsbeschluss festgelegt werden. Einzig für das erste Aufsichtsorgan muss die Vergütung durch die Hauptversammlung nach dem Ende der ersten Amtszeit festgelegt werden. Die Vergütung kann neben Festvergütungsbestandteilen, Sitzungsgeldern und funktionsabhängigen Vergütungen auch gewinn- oder erfolgsbezogene Vergütungen vorsehen, sodass hier ein erheblicher Gestaltungsspielraum besteht.[50] Zu den Einzelheiten kann auf die einschlägigen Kommentierungen zum deutschen Aktienrecht verwiesen werden.[51]
3.7 Ermächtigung an den Aufsichtsrat zur Änderung der Satzungsfassung
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Bei der deutschen AG kann die Hauptversammlung die Befugnis zu Änderungen, die lediglich die Fassung betreffen, gem. § 179 Abs. 1 S. 2 AktG auf den Aufsichtsrat übertragen.[52] Obwohl die SE-VO Satzungsänderungen in Art. 59 SE-VO regelt