137
Auch wenn die deutsche Fassung des Art. 48 Abs. 1 SE-VO insoweit nicht eindeutig ist („In der Satzung der SE werden die Arten von Geschäften aufgeführt, […]“), spricht insbesondere die englische Fassung der SE-VO dafür, dass beschlussbedürftige Rechtsgeschäfte Pflichtbestandteil der Satzung einer monistischen SE sind („shall list“). Im Hinblick darauf, dass das Fehlen zwingender Satzungsbestandteile ein Eintragungshindernis darstellt, empfiehlt es sich bereits aus Vorsichtsgesichtspunkten, einen Basiskatalog beschlussbedürftiger Rechtsgeschäfte in der Satzung zu regeln. Die detailliertere Festlegung beschlussbedürftiger Rechtsgeschäfte kann (und sollte zweckmäßigerweise) durch das Verwaltungsorgan selbst erfolgen, um das Selbstorganisationsrechts nicht in unzulässiger Weise zu begrenzen.[15] Über die beschlussbedürftigen Rechtsgeschäfte muss das gesamte Organ beschließen. Die Zuständigkeit für solche Beschlüsse kann daher auch nicht auf einzelne Mitglieder des Verwaltungsorgans oder auf die geschäftsführenden Direktoren übertragen werden.[16] Mit diesen Fragen ist stets das Verwaltungsorgan zu befassen.
138
Rechtlich sind die Grenzen dessen, was in der Satzung unter den Vorbehalt des Gesamtorgans gestellt werden kann, noch weiter als für das Aufsichtsorgan einer dualistischen SE. Die Zulässigkeitsgrenze ist erst dort überschritten, wo das Selbstorganisationsrecht des Verwaltungsorgans in unzulässiger Weise eingeschränkt wird.[17]
2.4 Sitzungsperiode des Verwaltungsorgans
139
Gem. Art. 44 Abs. 1SE-VO muss das Verwaltungsorgan wenigstens alle drei Monate zusammen kommen und über den Gang der Geschäfte und die voraussichtliche Entwicklung beraten. Die Satzung kann einen kürzeren Abstand zwischen den Sitzungen vorsehen. Umstritten ist, ob Art. 44 SE-VO einen zwingenden Regelungsauftrag an den Satzungsgeber enthält.[18] Ein Vergleich zu der englischen und französischen Fassung zeigt wiederum, dass diese Sprachfassungen von einer Regelungsverpflichtung ausgehen,[19] so dass das Fehlen von Regelungen über den Sitzungsturnus ein Eintragungshindernis darstellt. Zudem empfiehlt sich, nicht nur den Sitzungsturnus festzulegen, sondern auch die Pflicht, außerordentliche Sitzungen einzuberufen, sofern es das Wohl der Gesellschaft erfordert.[20]
4 › VIII. Satzungsregelungen beim monistischen System › 3. Fakultative Satzungsbestimmungen für die monistische SE
3. Fakultative Satzungsbestimmungen für die monistische SE
140
Neben den zwingenden Regelungsaufträgen an den Satzungsgeber gewähren SE-VO und SEAG dem Satzungsgeber verschiedene Gestaltungsspielräume, die eine gewisse Flexibilisierung der Organisationsverfassung ermöglichen.
3.1 Beschlussfähigkeit des Verwaltungsorgans
141
Art. 50 Abs. 1 SE-VO regelt die Beschlussfähigkeit und einzelne Aspekte der Beschlussfassung der Organe der SE für den Fall, dass weder die SE-VO noch die Satzung andere Regelungen vorsehen. Für den Satzungsgeber ergeben sich damit folgende Gestaltungsmöglichkeiten:
3.1.1 Gesetzliche Ausgangslage
142
Soweit in der Satzung der SE keine andere Regelung vorgenommen wird, ist das Verwaltungsorgan dann beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend oder vertreten ist (Art. 50 Abs. 1 a SE-VO). Im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers der SE ist bei der Beschlussfähigkeit wie folgt zu differenzieren:
3.1.2 Anwesenheitsquoren
143
Ist das Verwaltungsorgan der SE nicht paritätisch mitbestimmt, ist es möglich, für die Beschlussfähigkeit auch ein niedrigeres oder höheres Anwesenheitsquorum festzulegen.[21] Die insoweit von Teichmann vertretene Gegenauffassung,[22] ein niedrigeres Beschlussquorum könne in der Satzung nicht vorgesehen werden, überzeugt nicht. Nach dieser Ansicht würde ein Beschlussquorum, das unterhalb der Hälfte der Mitglieder festgesetzt würde, dem Charakter des Verwaltungsorgans als Kollegialorgan widersprechen. Diese Ansicht ist indessen nicht mit dem klaren Wortlaut des Art. 50 Abs. 1 a SE-VO in Einklang zu bringen. Hiernach wird dem Satzungsgeber ausdrücklich das Recht zur abweichenden Festlegung in der Satzung eingeräumt und dies nicht etwa auf die Festlegung eines höheren Beschlussquorums beschränkt.
144
Fraglich ist indessen, ob der Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers bzgl. des Anwesenheitsquorums bei einem paritätisch besetzten Verwaltungsorgan beschränkt ist. Insoweit wird die Ansicht vertreten, dass ein Anwesenheitsquorum von mehr als 50 % mit dem Rechtsgedanken des Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO nicht in Einklang zu bringen sei. Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO untersagt für paritätisch mitbestimmte Verwaltungsorgane ausdrücklich, das Stichentscheidsrecht des Vorsitzenden zu beschränken. Hieraus wird zum Teil verallgemeinernd der Grundsatz abgeleitet, dass die Arbeitnehmerseite eine Beschlussfassung nicht allein verhindern können soll.[23] Würde man nun ein höheres Anwesenheitsquorum in der Satzung festlegen, könnte die Arbeitnehmerseite durch kollektives Fernbleiben Beschlussfassungen allein verhindern.
145
Wenn der Satzungsgeber gleichwohl höhere Anwesenheitsquoren festsetzen möchte, ist ihm dies indessen nach richtiger Ansicht gestattet.[24] Denn Art. 50 Abs. 1 SE-VO räumt dem Satzungsgeber insoweit ausdrücklich einen Gestaltungsspielraum ein. Für eine einschränkende Auslegung des Art. 50 Abs. 1 SE-VO ist kein Raum. Denn wenn der Verordnungsgeber in Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO die Konstellation der paritätisch mitbestimmten SE ausdrücklich adressiert und in Art. 50 Abs. 1 SE-VO weitgehende Gestaltungsspielräume einräumt, ohne nach dem Mitbestimmungsregime zu differenzieren, kommt damit klar zum Ausdruck, dass der Verordnungsgeber bei der Anwesenheitsquote gerade nicht zwischen mitbestimmten und nicht mitbestimmten Verwaltungsorganen unterscheiden wollte. Dementsprechend kann der Satzungsgeber – unabhängig von der Frage, ob eine mitbestimmte SE vorliegt oder nicht – höhere oder niedrigere Anwesenheitsquoren für das Verwaltungsorgan festlegen.
3.1.3 Regelungen zur Anwesenheit von Organmitgliedern
146
Zu den möglichen Regelungsgegenständen in der Satzung der SE zählt ebenfalls die Frage, wann Organmitglieder als anwesend bzw. vertreten gelten oder wie eine Teilnahme der Organmitglieder stattfinden kann. Im Hinblick darauf, dass ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung eine erhebliche Rechtsunsicherheit herrschen würde,[25] sind Satzungsregelungen anzuraten. Insoweit empfiehlt es sich vorzusehen, dass Organmitglieder auch dann als anwesend gelten, wenn diese per Telefon- oder Videokonferenz an der Sitzung teilnehmen.[26] Zudem könnte erwogen werden, auch die schriftliche Beschlussfassung im Wege des Umlaufverfahrens für zulässig zu erklären, soweit nicht wenigstens ein Drittel der jeweiligen Organmitglieder einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren widerspricht.
3.1.4 Regelungen zur Beschlussfassung