1. Überblick
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Entscheidet sich der Satzungsgeber für das dualistische System, sind neben der Wahl der Organisationsverfassung zusätzlich weitere Regelungen in der Satzung zwingend erforderlich. Dies betrifft zum einen die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans (Art. 39 Abs. 4 SE-VO), die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans (Art. 40 Abs. 3 S. 1 SE-VO), die Amtszeit der Mitglieder des Aufsichts- und Leitungsorgans (Art. 46 Abs. 1 SE-VO) und die zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte (Art. 48 Abs. 1 SE-VO). Darüber hinaus hat der Satzungsgeber die Möglichkeit, folgende Bereiche freiwillig in der Satzung aufzunehmen: Regelungen zur Beschlussfähigkeit von Aufsichts- und Leitungsorgan, zur Bestellung des ersten Aufsichtsorgans (Art. 40 Abs. 2 S. 2 SE-VO), zu Einschränkungen zur wiederholten Bestellung von Organmitgliedern (Art. 46 Abs. 2 SE-VO), zu Mindestanforderungen für Organmitglieder (Art. 47 Abs. 3 SE-VO), zur Vergütung des Aufsichtsorgans, zur Geschäftsordnung und zur Ermächtigung an das Aufsichtsorgan, bloße Fassungsänderungen der Satzung vornehmen zu dürfen.
4 › VII › 2. Zwingende Satzungsbestimmungen für die dualistische SE
2. Zwingende Satzungsbestimmungen für die dualistische SE
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Die in diesem Abschnitt behandelten Satzungsregelungen sind zwingend in die Satzung der dualistischen SE aufzunehmen. Fehlen Bestimmungen hierzu, besteht ein Eintragungshindernis. Wird die SE gleichwohl eingetragen, kommen – je nach dem, welche Bestimmung fehlt – die Nichtigkeitsklage (Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 275 AktG) oder die Verfahren nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, §§ 397, 299 FamFG in Betracht.
2.1 Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans
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Art. 39 Abs. 4 SE-VO ordnet an, dass die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung durch die Satzung bestimmt werden. Zusätzlich hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 39 Abs. 4 S. 2 SE-VO durch § 16 Abs. 1 SEAG teilweise Gebrauch gemacht. Hiernach hat das Leitungsorgan aus mindestens zwei Personen zu bestehen, wenn die Gesellschaft über ein Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR verfügt. Allerdings räumt § 16 SEAG dem Satzungsgeber auch die Möglichkeit ein, von dieser Regelung abzuweichen und lediglich eine Person als Mitglied des Leitungsorgans vorzusehen.
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Für den Satzungsgeber ergeben sich demnach folgende Regelungsaufträge. Es muss zwingend entweder die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans angegeben oder aber die Regelungen für die Bestimmung der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans festgelegt werden. Dementsprechend würde eine Satzungsregelung, nach der sich das Leitungsorgan aus drei Personen zusammensetzt, dem Regelungsauftrag des Art. 39 Abs. 4 S. 1 SE-VO genügen. Fraglich ist allerdings, ob – wie wohl von der überwiegenden Ansicht befürwortet[1] – eine Satzungsbestimmung dem Regelungsauftrag genügt, nach der das Leitungsorgan aus einer oder mehreren Personen zu bestehen hat. Denn Art. 39 Abs. 4 S. 1 SE-VO verlangt vom Satzungsgeber die Bestimmung der Regeln für die Festlegung der Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans. Da die bloße Beschreibung, aus wie vielen Mitgliedern das Leitungsorgan zu bestehen hat, gerade keine Regeln für die Bestimmung der Anzahl festlegt, dürfte eine solch allgemeine Regelung nicht genügen und ein Eintragungshindernis darstellen. Praktisch lässt sich diese Unsicherheit aber dadurch ausräumen, indem man dem Aufsichtsorgan das Recht einräumt, die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans nach dem jeweiligen Bedarf der Gesellschaft festzulegen. Alternativ ließe sich auch an eine Verknüpfung der Grundkapitalziffer mit der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans denken, wenngleich der zuvor genannte Vorschlag deutlich flexiblere Regelungen ermöglicht.
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Soweit der Satzungsgeber auch bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR lediglich ein Einpersonenleitungsorgan implementieren möchte, ist dies in der Satzung ausdrücklich vorzusehen (§ 16 S. 1 SEAG). Nicht abschließend geklärt ist insoweit, ob bei einer Gesellschaft mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR eine satzungsmäßige Regelungsermächtigung an das Aufsichtsorgan zulässig ist. Durch eine solche Bestimmung würde also das Aufsichtsorgan nicht nur ermächtigt, die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans festzulegen, sondern zusätzlich geregelt, dass das Aufsichtsorgan auch bei einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR ein Einpersonenleitungsorgan vorsehen kann. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Klausel spricht allerdings der Wortlaut des § 16 S. 1 SEAG. Hiernach ist eine Regelung erforderlich, die das Einpersonenleitungsorgan anordnet und nicht lediglich als Option vorsieht („es sei denn, die Satzung bestimmt, dass es aus einer Person bestehen soll“). Im Hinblick darauf, dass derartige Regelungen der Eintragung der SE bzw. der entsprechenden Satzungsänderung entgegenstehen könnten, empfiehlt es sich in jedem Fall, dies vorab mit dem Registergericht zu klären. Denn ist die Gesellschaft einmal eingetragen, bleibt der Verstoß gegen § 16 S. 1 SEAG sanktionslos.[2]
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Bei der Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans hat der Satzungsgeber zusätzlich § 38 Abs. 1 SEBG zu beachten. Nach dieser Bestimmung ist bei der mitbestimmten SE ein Arbeitsdirektor zu bestellen, so dass in diesen Fällen das Leitungsorgan aus wenigstens zwei Mitgliedern bestehen muss.[3]
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Zudem sollte der Satzungsgeber bei der Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans für die börsennotierte SE Ziff. 4.2.1 S. 1 DCGK berücksichtigen. Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt insoweit einen mehrköpfigen Vorstand.
2.2 Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans
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Wortgleich zu Art. 39 Abs. 4 SE-VO verlangt Art. 40 Abs. 3 SE-VO vom Satzungsgeber auch die Festlegung der Mitglieder des Aufsichtsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung. Auch insoweit handelt es sich um einen zwingenden Satzungsbestandteil, dessen Fehlen ein Eintragungshindernis darstellt.[4] Allerdings ist der Satzungsgeber nicht frei in seiner Gestaltung, da der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 40 Abs. 3 S. 2 SE-VO Gebrauch gemacht und in § 17 Abs. 1 SEAG Höchst- und Mindestanzahl festgelegt hat. Dementsprechend ist der Regelungsspielraum des Satzungsgebers beschränkt. Das Aufsichtsorgan muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen (§ 17 Abs. 1 S. 1 und 2 SEAG). Die Höchstzahl, die der Satzungsgeber festlegen kann, richtet sich nach § 17 Abs. 1 S. 3 SEAG. Nach dieser Vorschrift wird – inhaltsgleich zu § 95 AktG – die Höchstzahl in Abhängigkeit vom Grundkapital festgesetzt. Dementsprechend kann der Satzungsgeber bei einem Grundkapital von bis zu 1 500 000 EUR neun, bei einem Grundkapital von mehr als 1 500 000 EUR und weniger als 10 000 000 EUR bis zu fünfzehn und bei einem Grundkapital von mehr als 10 000 000 EUR bis zu einundzwanzig Mitglieder des Aufsichtsorgans festlegen.
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Von diesem Regelungsspielraum kann der Satzungsgeber entweder durch die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans in der Satzung Gebrauch machen. Alternativ ist es dem Satzungsgeber auch gestattet, Regeln für die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans festzuschreiben. Insoweit könnte man zum einen daran denken, die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans von der Höhe des Grundkapitals oder von der Mitarbeiterzahl abhängig zu machen. Dies würde aber in vielen Fällen nicht die hinreichende Flexibilität