Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oliver Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811456150
Скачать книгу
NZG 2002, 736, 737; Blechmann NZA 2005, 1143, 1148: nur solche Anlagen, die Belange der Arbeitnehmer betreffen können). Das schließt bei einer Verschmelzung zur Neugründung den Gesellschaftsvertrag/den Partnerschaftsvertrag/die Satzung/das Statut des neuen Rechtsträgers ein (§ 37).

      196

      

      Wird dem Betriebsrat ein Vertragsentwurf zugeleitet, der nachfolgend geändert und erst dann beurkundet wird, stellt sich die Frage, ob die geänderte Fassung erneut zuzuleiten ist und die Monatsfrist erneut beginnt. Nach Auffassung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages lösen unwesentliche Abänderungen des Verschmelzungsvertrages oder seines Entwurfs, die nach der erstmaligen Zuleitung an den Betriebsrat erfolgen, keine Pflicht zur erneuten Zuleitung aus (BT-Drucks 12/7850, 142). Demzufolge muss nicht erneut zugeleitet werden, wenn nur rein redaktionelle oder rechtstechnische Änderungen vorgenommen werden (Melchior GmbHR 1996, 833, 836; Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 250). Darüber hinaus dürften auch Änderungen, die Interessen der Arbeitnehmer und ihrer Vertretungen nicht berühren können, keine Pflicht zur erneuten Zuleitung auslösen (so OLG Naumburg DB 1997, 466, 467; LG Essen NZG 2002, 736, 737; Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 78; Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn 120; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 147; Stoye-Benk S 24; zu eng wohl Müller DB 1997, 713, der nur bei Änderungen der Angaben nach § 5 Abs 1 Nr 9 eine erneute Zuleitung für geboten hält).

      197

      Als Adressat der Zuleitung bezeichnet das Gesetz den „zuständigen Betriebsrat“ jedes beteiligten Rechtsträgers. Diese Formulierung ist ungenau, denn je nach Unternehmens- und Betriebsstruktur im Einzelfall sind verschiedene Betriebsverfassungsorgane zuständig. Die Zuständigkeiten ergeben sich aus den Bestimmungen des BetrVG. Es obliegt den beteiligten Rechtsträgern, auf die richtigen Betriebsverfassungsorgane zuzugehen.

      198

      Besteht bei einem beteiligten Rechtsträger ein Gesamtbetriebsrat, ist dieser nach § 50 Abs 1 BetrVG zuständig, denn eine Umw ist stets unternehmensbezogen. Es ist nicht erforderlich, den Verschmelzungsvertrag parallel auch den (Einzel-)Betriebsräten dieses Rechtsträgers zuzuleiten (Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn 121; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 142; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 76). Existiert kein Gesamtbetriebsrat, weil zum Unternehmen nur ein Betrieb gehört, ist der Vertrag dem dort gebildeten Betriebsrat zuzuleiten (Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn. 121). Ist in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben und Betriebsräten entgegen § 47 Abs BetrVG kein Gesamtbetriebsrat gebildet worden, entsteht nach str Ansicht eine Mitbestimmungslücke, die zum Wegfall der Zuleitungspflicht führt (Dzida GmbHR 2009, 459, 460; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 142; aA Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 251). Der Praxis ist jedoch zu empfehlen, auch in diesem Fall den Vertrag den Betriebsräten zuzuleiten, um Risiken aus § 17 Abs 1 auszuschließen. Ist für mehrere Betriebe eines Rechtsträgers ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet worden (§ 3 Abs 1 Nr 1 Buchst a BetrVG), ist dieser zuständig (Simon in Semler/Stengel § 5 Rn 142).

      199

      Ein Konzernbetriebsrat ist keinem Rechtsträger zugeordnet; auch ein Konzern selbst ist kein Rechtsträger. Deshalb besteht keine Pflicht zur Zuleitung an einen Konzernbetriebsrat. Das gilt auch dann, wenn Rechtsträger ein und desselben Konzerns miteinander verschmolzen werden (Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 76; Drygala in Lutter, § 5 Rn 144; aA Engelmeyer DB 1996, 2542, 2545; für den Fall, dass das herrschende Unternehmen als übertragender Rechtsträger an der Verschmelzung beteiligt ist Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 142; Müller DB 1997, 713, 715). Im Einzelfall, insbesondere wenn die Folgen der Verschmelzung die Existenz, die Zusammensetzung oder Beteiligungsrechte eines Konzernbetriebsrats berühren, kann es jedoch ratsam sein, auch einen Konzernbetriebsrat zu berücksichtigen, um jedes Risiko aus § 17 Abs 1 auszuschließen (Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn 12; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 143; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 76). Dabei empfiehlt sich ein Hinweis, dass die Zuleitung an den Konzernbetriebsrat ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt (Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 252).

      200

      

      Empfangszuständig ist der Vorsitzende des Betriebsverfassungsorgans, im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter (§ 26 Abs 2 S 2, § 51 Abs 1, § 59 Abs 1 BetrVG). Ist auch der Stellvertreter verhindert und hat das Gremium für diesen Fall kein empfangszuständiges Mitglied bestimmt, kann ein sonstiges Mitglied lediglich als Bote tätig werden, sodass der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf erst dann zugeleitet ist, wenn er dem Vorsitzenden (im Verhinderungsfall dessen Stellvertreter) oder dem ganzen Gremium vorgelegt wird (Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn. 141).

      201

      Besteht bei einem beteiligten Rechtsträger kein Betriebsverfassungsorgan, entfällt insoweit die Zuleitungspflicht. Eine ersatzweise Zuleitung an die betroffenen Arbeitnehmer sieht § 5 Abs. 3, anders als die unionsrechtlich fundierte spezielle Bestimmung in § 122e S 2, nicht vor (Oetker in ErfK § 5 UmwG Rn. 10; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn. 79). Gegenüber dem Registergericht muss das Nichtbestehen eines Betriebsverfassungsorgans glaubhaft gemacht werden. Dies erfolgt idR durch Erklärung der beteiligten Rechtsträger und Gesellschafter in den Urkunden sowie einfacher Versicherung der Anmeldenden in der betreffenden Registeranmeldung (Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn. 148; Stoye-Benk S 25). Es geht jedoch zu weit, wenn das Registergericht hierzu eine eidesstattliche Versicherung des Vertretungsorgans fordert (so AG Duisburg GmbHR 1996, 372).

      202

      Die Zuleitung ist mit einer Frist von einem Monat vor dem Tag vorzunehmen, an dem die jeweiligen Gesellschafterversammlungen über den Umwandlungsvertrag beschließen. Maßgeblich ist jeweils der Termin der Gesellschafterversammlung desjenigen Rechtsträgers, bei dessen Betriebsverfassungsorgan zugeleitet werden soll. Da es sich um eine gesetzliche Frist handelt, ist sie nach §§ 186 ff BGB zu berechnen. Dabei ist ab dem Datum der Versammlung als dem fristauslösenden Ereignis rückwärts zu rechnen; der Tag der Versammlung ist gem § 187 Abs. 1 BGB nicht mitzuzählen (Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 77). Bsp: Findet die Versammlung am 16.10. statt, wird die Frist gewahrt, wenn die Zuleitung spätestens am 15.9. erfolgt. Ist dieser Tag ein Sonnabend, Sonn- oder gesetzlicher Feiertag, muss die Zuleitung am davor liegenden Werktag stattfinden (Müller-Eising/Bert DB 1996, 1398). Wenn bei einer Konzernverschmelzung ein Verschmelzungsbeschluss des Anteilsinhabers der übertragenden Kapitalgesellschaft gem § 62 Abs 4 S 1 und 2 nicht erforderlich ist, kann die Fristberechnung daran nicht anknüpfen. § 62 Abs 4 S 4 bestimmt für diesen Sonderfall, dass die Zuleitungsverpflichtung spätestens bei Beginn der in § 62 Abs 4 S 3 normierten Frist von einem Monat nach Abschluss des Verschmelzungsvertrags zu erfüllen ist.

      203

      

      Ein Verzicht auf die Zuleitung als solche ist nicht möglich. Das zuständige Betriebsverfassungsorgan kann sich nicht seiner gesetzlichen Aufgabe entäußern, den Verschmelzungsvertrag oder dessen Entwurf und die Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu zu prüfen (OLG Naumburg BB 2003, 2756; Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 256; Oetker in ErfK § 5 UmwG Rn 11; Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 77b; aA Mayer in Widmann/Mayer § 5 Rn 266; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 145). Das zuständige Betriebsverfassungsorgan kann jedoch – nach erfolgter Zuleitung – durch Beschl des Gremiums (eine isolierte Erklärung