1. Gesetzliche Umwandlungsarten
2
Im Wege der normativen Begriffsbildung werden in Abs 1 die Umwandlungsarten Verschmelzung, Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung), Vermögensübertragung und Formwechsel gesetzlich geschaffen. Die Ausprägungen, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der verschiedenen Umw werden für die Verschmelzung im Zweiten Buch des UmwG (§§ 2–122), für sämtliche Formen der Spaltung im Dritten Buch des UmwG (§§ 123–173), für die Vermögensübertragung im Vierten Buch des UmwG (§§ 174–189) und für den Formwechsel im Fünften Buch des UmwG (§§ 190–304) festgelegt. Auch wenn Umw aufgrund von anderen Bundes- oder Landesgesetzen gem Abs 2 erfolgen, ist hierfür auf die Umwandlungsarten des Abs 1 zurückzugreifen. Die Umwandlungsarten sind in Abs 1 abschließend bestimmt. Dieser Numerus clausus ergibt sich nicht erst aus der Regelung nach Abs 2, sondern bereits aus der enumerativen Aufzählung der Umwandlungsarten und ihren jeweiligen Ausprägungen und Regelungen in den folgenden Büchern des UmwG.
3
Systematisch lässt sich eine grobe Einteilung zwischen den Umwandlungsarten nach Abs 1 Nr 1–3 einerseits und Nr 4 andererseits vornehmen. Während bei der Verschmelzung, der Spaltung und der Vermögensübertragung Vermögensgegenstände bzw vermögenswirksame Rechtspositionen von einem Rechtsträger auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden, ändert sich beim Formwechsel lediglich die Rechtsform des einzig beteiligten Rechtsträgers, ohne dass es hierdurch unmittelbar zu einer Vermögensverschiebung kommt. Der Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung ist weiter gemein, dass die Übertragung von Vermögensgegenständen im Wege der (vollständigen bzw partiellen) Gesamtrechtsnachfolge erfolgt. Das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge entfaltet im vorliegenden Zusammenhang die folgenden wesentlichen Wirkungen: Zum einen können durch entspr Festlegung in den Umwandlungsverträgen und -plänen Sachgesamtheiten nebst dazugehörender Positionen (Bilanzpositionen, Verträgen, usw) übertragen werden. Im Gegensatz zur Einzelrechtsübertragung können zum anderen Vermögensübertragungen nach dem UmwG ohne Zustimmung etwa betroffener Dritter (Sicherungsgeber, Vertragspartner, usw) erfolgen.
4
Einem eigenständigen Regelungsregime unterliegen wegen des supranationalen Charakters der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) grenzüberschreitende Umw nach Maßgabe der SE-VO, auch wenn dort teilweise auf Einzelvorschriften des UmwG verwiesen wird (hierzu § 73 Rn 4). Das Recht der grenzüberschreitenden Verschmelzung von KapGes ist in §§ 122a ff UmwG normiert.
a) Gesellschaften mit inländischem Gesellschaftsstatut
5
Die in Abs 1 enthaltene tatbestandliche Beschränkung der Umw auf „Rechtsträger mit Sitz im Inland“ ist in Auslegung und Anwendung seit Bestehen der Norm umstr. Abs 1 beschränkt den Anwendungsbereich des UmwG dahingehend, dass alleine Rechtsträger mit Sitz im Inland nach den Regelungen des UmwG umwandlungsfähig sein sollen. Rechtsträger mit dem Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder dem EWR (oder dem übrigen Ausland) können gleichwohl Ziel bzw Teil von Umwandlungsmaßnahmen sein; dies schließt das UmwG jedoch nicht aus, wenn man davon ausgeht, dass es Rechtswirkungen zwar nur für inländische Rechtsträger hat, grenzüberschreitende Umwandlungen jedoch nicht verbietet.
6
Hinsichtlich grenzüberschreitender Umw ist im UmwG lediglich die grenzüberschreitende Verschmelzung von KapGes (§§ 122a ff UmwG) ausdrücklich normiert. Die §§ 122a ff betreffen damit alleine die grenzüberschreitende Verschmelzung deutscher Kapitalgesellschaften; andere Formen der Umwandlung (zB Formwechsel oder Spaltung) sind ebenso wenig von diesen Regelungen erfasst wie grenzüberschreitende Verschmelzungen von Rechtsträgern anderer Rechtsform.
7
Die Zulässigkeit grenzüberschreitender Umw über den Anwendungsbereich der § 122a ff hinaus hat der EuGH bejaht und in mehreren Entscheidungen konkretisiert. Ein bislang teilw angenommenes „Verbot grenzüberschreitender Umw“ (vgl Heckschen in Widmann/Mayer, § 1 Rn 93 mwN) ist nach diesen Entscheidungen nicht mehr vertretbar (Drygala in Lutter, § 1 Rn 31). Ausgehend von den Entscheidungen des EuGH v 13.12.2005 – Sevic Systems AG (Rs C-411/03), v 16.12.2008 – Cartesio (C-210/06) und v 12.7.2012 – VALE (C-378/10), (s hierzu im Einzelnen Vor § 122a Rn 5) sind grenzüberschreitende Umw mit Rechtsträgern mit Sitz in Staaten, die Mitglied der EU bzw des EWR sind, daher auch in dem von