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Im Blick auf den grundrechtsähnlichen Charakter des Rechts auf den gesetzlichen Richter müssen die fundamentalen Zuständigkeitsregeln durch förmliches Gesetz erlassen werden.[246] Bei grundrechtsrelevanten Regelungen muss der Gesetzgeber nach der Wesentlichkeitstheorie die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und darf sie nicht anderen Gewalten, etwa den Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten, überlassen.[247] Daher begegnen die sog. beweglichen Gerichtsstände im Strafprozess (z.B. § 24 Abs. 1 Nr. 3, § 74 Abs. 1 S. 2 GVG) – entgegen der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts[248] – verfassungsrechtlichen Bedenken, da sie der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit eröffnen, unter mehreren zuständigen Gerichten zu wählen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Gesetz der Anklagebehörde ein echtes Wahlrecht (Ermessen) bei Vorliegen mehrerer zuständiger Gerichte einräumt, in denen die Gerichtsstände des Tatorts, des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes und des Ergreifungsortes gleichwertig nebeneinanderstehen und das Gesetz keine Kriterien für die Ermessensentscheidungen enthält.[249] Freilich begründet nicht schon jeder error in procedendo, sondern lediglich eine willkürlich unrichtige Anwendung der Zuständigkeits- und Verfahrensregeln einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG.[250]
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Auch Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen aus Gründen der Befangenheit zählen zu den Ausprägungen von Art. 97 und Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG;[251] sie sind einfachgesetzlich in §§ 22 ff. StPO niedergelegt. Sämtlichen Vorschriften liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Richter (Berufs- oder Laienrichter), gegen dessen Unvoreingenommenheit in einem bestimmten Verfahren Bedenken bestehen, im Interesse der Prozessbeteiligten wie auch zur Erhaltung des Vertrauens in die Unparteilichkeit der Rechtspflege in diesem Verfahren keine Entscheidungen treffen darf.[252]
II. Verbot der Todesstrafe (Art. 102 GG)
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Das Verbot der Todesstrafe nach Art. 102 GG steht in engem Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie mit der Regelung des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, nach der die Menschenwürde sowie das Recht auf Leben grundsätzlich gewahrt sein müssen.[253] Da eine humane und würdevolle Form der Ausführung der Todesstrafe nicht ersichtlich ist, darf Art. 102 GG schon wegen Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht aufgehoben werden.[254] Bei der Todesstrafe handelt es sich um ein „schlechterdings unzumutbares und unerträgliches Unterfangen“,[255] das einer Abstumpfung und Verrohung der Gesellschaft Vorschub leistet. Deshalb steht keinem zivilisierten und der Humanität verpflichteten Staat das Recht zu, über das Leben des Einzelnen durch Strafsanktion zu verfügen. Darüber hinaus steht das Rechtsstaatsprinzip einer Strafe entgegen, deren Vollstreckung bei nachträglich festgestellter Unrechtmäßigkeit nicht mehr reversibel ist.[256] In der Praxis entfaltet die Wertung des Art. 102 GG vor allem im Auslieferungsrecht und im Rechtshilfeverkehr Bedeutung.[257]
III. Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)
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Das grundrechtsgleiche Recht des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert jedem Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren das rechtliche Gehör und steht in funktionalem Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG.[258] Während diese den Zugang zum Gericht sichert, zielt Art. 103 Abs. 1 GG auf einen angemessenen Ablauf des gerichtlichen Verfahrens.[259] Außerdem ist die Regelung des Art. 103 Abs. 1 GG wesentlicher Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips[260] und eine Ausprägung des Menschenwürdeschutzes und stellt in den Worten des Bundesverfassungsgerichts das „prozessuale Urrecht“ des Menschen dar.[261] Der einzelne Verfahrensbeteiligte soll nicht bloßes Objekt des Prozesses sein, sondern als aktiv handelnde Person am Verfahren teilnehmen und sein Recht durchsetzen oder verteidigen können.[262] In diesem Sinne enthält Art. 103 Abs. 1 GG über seinen abwehrrechtlichen Gehalt hinaus ein Teilhabe- und Leistungsrecht,[263] das grundrechtliche Schutzpflichten der judikativen Staatsgewalt ebenso einschließt wie an den Gesetzgeber gerichtete organisationsrechtliche Gehalte.[264] Flankiert wird Art. 103 Abs. 1 GG von Art. 6 Abs. 1, 3 EMRK, der die herausragende Bedeutung der Anhörungsrechte für die Gestaltung und Durchführung eines fairen Prozesses hervorhebt.[265]
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Im Strafprozess entfaltet der Anspruch auf rechtliches Gehör besondere Bedeutung.[266] Er besteht nur vor Gericht, nicht aber im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren; dort folgen Anhörungspflichten aber aus dem Rechtsstaatsprinzip.[267] Nach Maßgabe des Art. 103 Abs. 1 GG dürfen einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zu Grunde gelegt werden, zu denen Stellung zu nehmen den Beteiligten zuvor hinreichende Gelegenheit gegeben war.[268] Gehörsberechtigt sind daher zum einen diejenigen, denen die einfachgesetzlichen Verfahrensvorschriften die formale Stellung eines Beteiligten einräumen.[269] Dazu zählen im Strafverfahren nicht nur Beschuldigte und Angeklagte, sondern auch Nebenkläger.[270] Zum anderen sind die von einer gerichtlichen Entscheidung unmittelbar rechtlich Betroffenen anhörungsberechtigt, also diejenigen, die durch den Verfahrensausgang eine „unmittelbare Beeinträchtigung in eigenen Rechten“ erleiden können,[271] wie etwa der Beschuldigte im Klageerzwingungsverfahren nach §§ 172 ff. StPO.[272] Nicht aber erstreckt sich das Gehörsrecht auf Zeugen und Sachverständige[273] und auch nicht auf den Staatsanwalt.[274] In der Sache realisiert sich der Schutz des Art. 103 Abs. 1 GG in drei Stufen, nämlich der ausreichenden Information des Betroffenen, seinem Äußerungsrecht und der Berücksichtigungspflicht des Gerichts.[275]
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Da Art. 103 Abs. 1 GG nur die Möglichkeit zur Äußerung garantiert, ist die Wahrnehmung des Gehörsrechts in erster Linie eine Obliegenheit des Beteiligten oder des unmittelbar Betroffenen.[276] Derjenige, der eine mögliche Äußerung in zurechenbarer Weise versäumt, verliert sein Recht auf rechtliches Gehör.[277] Deshalb ist das unter engen Voraussetzungen zulässige Abwesenheitsverfahren im Strafprozess (§§ 231 ff., 329, 412 StPO) verfassungskonform,[278] zumal das Rechtsstaatsprinzip auch die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege verlangt.[279] Ein Strafverfahren muss auch gegen denjenigen innerhalb angemessener Zeit zum Abschluss gebracht werden, der die Verhandlung in seiner Gegenwart vereitelt und damit dem Gang der Rechtspflege entgegentritt.[280] In Einzelfällen kann das Abwesenheitsverfahren gegen prinzipiell erreichbare Beschuldigte jedoch gegen das Gehörsrecht verstoßen.[281] Gegen Beschuldigte, die für die deutsche Gerichtsbarkeit nicht erreichbar sind, gelten ohnehin strikte Kautelen. So darf gegen sie nur ein Beweissicherungsverfahren (§§ 285 ff. StPO), nicht aber eine Hauptverhandlung durchgeführt werden, da der Ausspruch einer Strafe, die die Persönlichkeit des Täters nicht umfassend berücksichtigt hat, keine der Würde des Angeklagten angemessene Strafe sein kann.[282] Auch eine Auslieferung zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Verurteilten ergangenen Strafurteils auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses zum Europäischen Haftbefehl setzt voraus, dass Schuldgrundsatz und Menschenwürde gewahrt bleiben.[283]
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Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs kommt in der Strafprozessordnung in einer Vielzahl von Einzelvorschriften zum Ausdruck. Erwähnenswert sind etwa die Anhörung der Beteiligten nach § 33 StPO, die Hinweispflicht bei Vernehmungen (§§ 136, 163a StPO), die Vorschriften zur mündlichen Hauptverhandlung (§§ 226 ff. StPO) und das Recht auf Akteneinsicht durch den Verteidiger gemäß §§ 147, 406e StPO. Die Verweigerung von Akteneinsicht auf der Grundlage von § 147 Abs. 2 StPO begegnet dennoch keinen prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken.[284] Ausnahmen bestehen aber für Haftprüfungsfälle; das Gehörsrecht ist etwa dann verletzt, wenn dem Verteidiger der Zugang zu denjenigen Schriftstücken in der Ermittlungsakte verwehrt wird, die für die wirksame Anfechtung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung seines Mandanten wesentlich sind.[285] Dass Akteneinsicht nur dem Verteidiger, nicht aber dem Beschuldigten selbst gewährt wird,[286] steht mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte teilweise in Widerspruch.[287] Inzwischen ist deshalb