Grundlegend Geiger, Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts, S. 54 ff.; Deimling, Recht und Moral. Gedanken zur Rechtserziehung, 1972, S. 17 f. Siehe auch Luhmann, Rechtssoziologie, 2. Aufl. 1983, S. 31 ff., 40 ff., der allgemein von Erwartungen als anthropologischen Konstanten ausgeht und zwischen kognitiven und normativen Erwartungen differenziert. Der Unterschied wird allerdings erst im Enttäuschungsfall erkennbar. Normen, welcher Art auch immer, haben ihr Fundament in (normativen) Erwartungen. Dagegen hält Lucke, Artikel „Norm und Sanktion“ in: Endruweit/Trommsdorff/Burzan (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie. 3., völlig überarb. Aufl. 2014, S. 340 die Frage nach der „konkreten Normentstehung“ für nach wie vor „theoretisch und empirisch weithin unbeantwortet“.
Die Terminologie ist nicht einheitlich.
Der Begriff „Verhaltensnorm“ wird hier also nicht im Sinne der (für die oben behandelten Zusammenhänge wenig ertragreichen) Normentheorie Bindings behandelt, vgl. Binding, Die Normen und ihre Übertretung, Bd. 1, S. 45. Näher am hier verwendeten Sprachgebrauch liegt Max Ernst Mayer mit seinem Konzept von „Kulturnormen“ (Rechtsnormen und Kulturnormen, 1903, insbes. S. 130 ff. in Auseinandersetzung mit Binding).
Lucke, Artikel „Norm und Sanktion“, in: Endruweit/Trommsdorff/Burzan (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie, S. 338.
Deimling hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Normen auch heute noch auf diese Weise entstehen: Überall „da, wo Menschen unterschiedlicher kultureller Tradition und Nationalität einander begegnen, die weder eine gemeinsame Sprache sprechen noch über gemeinsame Erfahrungen im Umgang miteinander verfügen, kommt es in der Regel nicht zu einem Chaos. Die gegenseitige Beobachtung und Kontrolle der Mimik und Gestik, der Vibration der Stimme oder anderer verhaltensrelevanter Äußerungen sowie die sich aus der Deutung der beobachteten Phänomene spontan ergebenden Reaktionen der Beteiligten erzeugen Situationen, denen zwar noch keine verbindlichen Verhaltensregeln zugrunde liegen, in denen sich aber, wenn sie nur lang genug dauern und sich öfter wiederholen, gewisse Gleichförmigkeiten des Verhaltens entwickeln.“ (Deimling, Recht und Moral, S. 17 f.) Man beachte, dass Gleichförmigkeiten noch keine Normen sind; der Sprachgebrauch ist allerdings uneinheitlich.
W. Vogel, Die Religionsstifter, 2008.
Burns, Leadership, 1978; allgemein zum Führungsbegriff Kerschreiter/Frey, Art. „Führung“, in: Endruweit/Trommsdorff/Burzan (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie, S. 132–136.
Der Begriff „Moralunternehmer“ oder „moralischer Unternehmer“ (moral entrepreneur) scheint erstmals von dem US-amerikanischen Soziologen Howard Saul Becker verwendet worden zu sein (Outsiders. Studies in the Sociology of Deviance, 1963).
Popitz, Soziale Normen, S. 62.
„So werden z.B. in jeder Kultur in einigen typischen, häufig wiederkehrenden Situationen verschiedenartige Verhaltensgebote an Männer und Frauen gestellt. Der Unterschied der Geschlechter kommt also auch in der Formulierung von Sozialnormen irgendwie zum Ausdruck. Vergleicht man jedoch die etwa den Frauen zugeschriebenen Sozialnormen in den uns bekannten Kulturen miteinander, so erweist es sich als äußerst schwierig, universal gültige Gemeinsamkeiten ‚wesenseigene‘ Verhaltenskonstanten zu finden. Der biologische Unterschied der Geschlechter ist im Hinblick auf das jeweils gebotene Verhalten offensichtlich nicht mehr als ein Startpunkt, ein Ansatzpunkt, von dem aus sich in jeder Kultur eine besondere Reihe von ‚Wesensunterschieden‘ entwickelt. Jede dieser kulturspezifischen Varianten erscheint uns, von außen gesehen, als mehr oder weniger willkürlich – oder besser: als künstlich.“ (Popitz, Soziale Normen, S. 62).
Popitz, Soziale Normen, S. 62; ebenso schon Murdock, Social Structure, 1949, S. 284 ff.
Einführend Voland, Von der Ordnung ohne Recht zum Recht durch Ordnung. Die Entstehung von Rechtsnormen aus evolutionsbiologischer Sicht, in: Lampe (Hrsg.), Zur Entwicklung von Rechtsbewusstsein, 1997, S. 111–13; ausführlich ders., Soziobiologie: Die Evolution von Kooperation und Konkurrenz, 4. Aufl. 2013; Bischof, Moral. Ihre Natur, ihre Dynamik und ihr Schatten, 2012. Aus soziologischer Sicht Esser, Soziologie. Allgemeine Grundlagen, 3. Aufl. 1999, S. 143–215. Kritisch zur Leistungsfähigkeit biologischer Ansätze für die Erklärung von Genese oder Inhalt sozialer Normen Rottleuthner, Foundations of Law, 2005, S. 70 ff.; vgl. auch dens., Biologie und Recht, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 1985, 104–126.
M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. 1, S. 21; R. König, Das Recht im Zusammenhang der sozialen Normensysteme, 42. Sack, Probleme der Kriminalsoziologie, in: R. König (Hrsg.), Handbuch der empirischen Sozialforschung, 2. Aufl. 1978 (Taschenbuchausgabe), Bd. 12, S. 369 betont die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Typen sozialer Normen.
Geiger, Vorstudien, S. 60.
Ebenda.
Ebenda. Der Sanktionsbegriff erfasst grundsätzlich positive wie negative Reaktionen, wird aber heute meist nur für negativ bewertende Reaktionen verwendet, vgl. Baer, Rechtssoziologie. Eine Einführung in die interdisziplinäre Rechtsforschung, 3. Aufl. 2016, § 9 Rn. 5 ff.; Lucke, „Norm und Sanktion“, in: Endruweit/Trommsdorff/Burzan (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie, S. 338.
Deimling, Recht und Moral, S. 31.
v. Liszt, Lehrbuch, S. 27 f.